Partigiani

Gegen Faschismus
und deutsche Besatzung
Der Widerstand in Italien

Eine Ausstellung
der Institute für Widerstand
und Zeitgeschichte
Modena, Parma, Reggio Emilia


im Bahnhof Langendreer,
Bochum, Wallbaumweg 108
8. bis 29. September 2000

Zum historischen Hintergrund

Deutsche in Italien, das sind für uns Goethe, Bildungs- und Urlaubsreisende und die Toskanafraktion. So sonnig, wie es uns heute scheint, war das deutsch-italienische Verhältnis nicht immer, jedoch wurde das dunkelste Kapitel der gemeinsamen Geschichte in Deutschland verdrängt und totgeschwiegen. Wer weiß hier schon, dass die deutsche Wehrmacht und die SS während der Besetzung Italiens von 1943 bis 1945 einen brutalen Krieg gegen die Bevölkerung dieses Landes führte?

Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft war das faschistische Italien zunächst eng mit Deutschland verbündet. Mit dem Kriegseintritt Mussolinis an der Seite Hitlers im Jahr 1940 formierte sich in Italien der Widerstand. Nach der Landung der Alliierten in Sizilien zerbröckelte das Regime Mussolinis, der 1943 gestürtzt und gefangengesetzt wurde. Die Niederlage vor Augen und ein kriegsmüdes Volk im Rücken, unterzeichnete die neue italienische Regierung ein Waffenstillstandsabkommen mit den Alliierten. Anschließend flieht sie auf alliiertes Gebiet, während die deutsche Wehrmacht die restlichen Gebiete Italiens besetzt und Mussolini befreit, der von Hitler als Chef der faschistischen Marionettenregierung von Saló eingesetzt wird.

In den Jahren der deutschen Besatzung deportierten und ermordeten die Nationalsozialisten tausende italienischer Juden in Konzentrationslagern. Viele Mitglieder der italienischen Widerstandsbewegung traf das gleiche Schicksal. Die Deutschen verschleppten hunderttausende von italienischen Soldaten, die nicht auf ihrer Seite kämpfen wollten, und Zivilisten zur Zwangsarbeit nach Deutschland.

Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in den besetzten Gebieten Italiens eine breite antifaschistische Streik- und PartisanInnenbewegung, die sich sowohl gegen Mussolinis Faschisten als auch gegen die deutsche Besatzungsmacht richtete. Diese reagierten mit blutigen Repressionen, wobei die Terrormaßnahmen der deutschen Wehrmacht zunehmend grausamer wurden: Geiselerschießungen, Massaker an der Bevölkerung ganzer Weiler und Dörfer und deren Zerstörung waren an der Tagesordnung. Ihre Opfer waren Alte, Frauen und Männer, Kinder, gerade geborene und ungeborene Babys – die deutsche Mordlust machte vor keinem menschlichen Wesen halt.

Im April 1945 wurde Mussolini von Partisanen festgenommen und auf Befehl des Befreiungskomitees Oberitalien erschossen. Am 2. Mai 1945 kapitulierten die deutschen Truppen in Italien.


Zur Ausstellung

Die Ausstellung will informieren und zur Auseinandersetzung mit der faschistischen und nationalsozialistischen Vergangenheit anregen. Sie soll aber auch mit den Frauen und Männern bekanntmachen, denen es gelang, inmitten gebrüllter Befehle die Stimme des eigenen Gewissens zu hören und entsprechend zu handeln.

Die Ausstellung besteht aus insgesamt 54 Bild- und Texttafeln. Diese zeigen einen Überblick zur Entwicklung des Faschismus in Italien und der Okkupation durch Hitler-Deutschland. Vor allem aber dokumentieren sie die verschiedenen Aspekte des Widerstandes, der Resistenza, die von hunderttausenden von Italienerinnen und Italiener unterstützt wurde: u. a. die PartisanInnenkämpfe in den Bergen, der Widerstand in den norditalienischen Städten und den ländlichen Gebieten, Guerillakrieg, Frauen in der Resistenza, Einzelbiografien, Massaker der Nazifaschisten an der Zivilbevölkerung, Wehrmachtsdeserteure, die Befreiung und Aufarbeitung nach 1945.


Freitag, 8.9., 19.00 h, Kinocafe
Eröffnung der Ausstellung

Freitag,8.9., 20.00 h, Raum 6
Wovon keiner etwas wissen will:
Deutsche Kriegsverbrechen in Italien.
Vortrag und Diskussion mit
Dr. Gerhard Schreiber
Gerhard Schreiber ist ein international renommierter Historiker und Autor eines Buches zu diesem Thema. Er gehört zu den wenigen deutschen Wissenschaftlern, die sich mit den deutschen Kriegsverbrechen an der italienischen Bevölkerung, seien es Zivilisten oder Soldaten, während des 2. Weltkrieges befaßt und hierzu publiziert haben. Gerhard Schreiber informiert über die deutschen Gräueltaten an ItalienerInnen zwischen 1943 und 1945, die bis heute aus dem öffentlichen Bewußtsein in Deutschland verdrängt wurden. Und er zeigt auf, dass derartige Verbrechen möglich werden auf der Basis einer menschenverachtenden Rassenideologie. Thematisiert wird auch der Umgang mit den Taten und den Tätern in der Nachkriegszeit.


Dienstag,

12.9.,19.30 h,Raum 6
Frauen im antifaschistischen Widerstand in Italien
Vortrag und Diskussion mit
Dr. Regine Hunke
Regine Hunke hat längere Zeit in Italien gelebt und geforscht. Ihr Bericht wird zeigen, dass Frauen im bewaffneten antifaschistischen Widerstand gegen die deutschen Besatzer ebenso aktiv waren wie in der Versorgung der Partisanen. Außerdem wird sie auf folgende Fragen eingehen: Wie verstanden die weiblichen Beteiligten sich selbst und ihre Aufgabe? Wie wurden sie von ihren männlichen Mitkämpfern gesehen? War der Widerstandskampf der Frauen in seiner Form und seiner Zielvorstellung ein anderer als der der Männer?


Donnerstag, 14.9.,18.00 h, Kino Endstation
"Paisa"
Videofilm, Italien 1946, 120 Min., Regie: R. Rossellini, anschließend Diskussion mit Dr. Rainer Vowe.
In 6 Geschichten wird von der Schlußphase des 2. Weltkrieges in Italien, dem Vorrücken der US-Amerikaner und dem Kampf der PartisanInnen erzählt. Die 6 Episoden sind durch ein Thema verknüpft: die Begegnung zwischen Befreiern und Befreiten, die durch eine doppelte Bewegung dynamisiert wird, die Schauplätze wandern von Sizilien in den Norden Italiens und das Ende des Krieges rückt immer näher.


Freitag, 15.9., 16.00 - 20.00 h
Samstag, 16.9., 9.00 – 14.00 h, Raum 6
Fortbildungsseminar für Lehrerinnen und Lehrer – Deutsch-italienische Geschichtsbilder: Mythen, Vorurteile und blinde Flecken.
Dozentin/Dozent: Prof. Dr. Dietrich Haensch und Marianne Wienemann
Eine Veranstaltung des Weiterbildungszentrums der RUB und des Bildungswerks der Humanistischen Union Essen. Eine inhaltliche Beschreibung ist über die Tel. Nr. 0234 – 3226466 zu erhalten. Über die gleiche Nummer kann die unbedingt erforderliche Anmeldung erfolgen.


Sonntag, 17.9., 18.00 h,
Montag, 18.9., 19.45 h
Dienstag, 19.9. 19.45 h
Kino Endstation
Rom Offene Stadt.
Italien 1945., 99 Min. R: R. Rossellini
Drei Tage im März 1944: Die Gestapo in Rom sucht Giorgio Manfredi, ein führendes Mitglied des "Nationalen Befreiungskomitees". Mit diesem Film, der eigentlich als Dokumentarfilm geplant war, über den antifaschistischen Widerstand in Italien, verhalf Rossellini dem italienischen Neorealismus zum Durchbruch.


Mittwoch, 20.9., 19.30 h, Raum 6
Werkstattgespräch über die gesellschaftliche Bedeutung von Erinnern und Gedenken, deren Inhalte, Formen und Orte
mit Berichten über Beispiele gemeinsamer deutsch-italienischer Geschichtsaufarbeitung von Uschi Kongi, Bremen vom Freundeskreis Marzabotto, dem Ort des größten deutschen Massakers in Italien und Marianne Wienemann. Moderation Volker Gerwers.


Freitag, 22.9., 18.00 h, Kino Endstation
Partisaninnen im Piemont
Videofilm, BRD 1996, 60 Min., K. Brüggemann, J. Weber, Querblick Konstanz
In dem Film kommen ehemalige PartisanInnen sowie Menschen aus dem Widerstand der Stadt Turin zu Wort. Sie erzählen von der Zusammenarbeit der kämpfenden Formationen und der ArbeiterInnen in der Stadt, bis zur Selbstbefreiung Turins im April 1945. Der Film berichtet auch von der Situation der deutschen Besatzung und den Massakern der Deutschen im Piemont.


Freitag, 22.9., 19.30 h, Raum 6
Deutsche Widerstandskämpfer in der Resistenza
Gespräch mit dem Zeitzeugen
Peter Gingold
Peter Gingold beteiligte sich ab 1933 an Widerstandsaktionen gegen den Hitlerfaschismus, wurde verhaftet, aus Deutschland ausgewiesen und schloß sich 1940 der französischen Resistance an. Nach Verhaftung, Folterung und Flucht baute er die Bewegung "Freies Deutschland" mit auf, in deren Auftrag er in Flugblättern Appelle an die deutsche Truppe richtete. Er war auch in der Region Piemont bei italienischen PartisanInnenverbänden eingesetzt und nahm am Aufstand in Turin teil. Peter Gingold ist Sprecher des Verbandes Deutscher in der Resistance und Vorstandsmitglied im Ausschwitz-Komitee.


Montag, 25.9., 18.00 h, Kino Endstation
Der Weg zurück – tutti a casa
Videofilm, Italien 1960, 105 Min., Regie: L. Comencini, anschließend Diskussion mit
Dr. Rainer Vowe
Nach der italienischen Kapitulation September 1943 desertiert eine Gruppe italienischer Soldaten und versucht, an deutscher Wehrmacht und italienischen Faschisten vorbei ungeschoren nach Hause zu kommen. Auf ihrer Flucht in die Zukunft sehen und erleben sie ein durch die deutschen Besatzer verwüstetes Land, erfahren Verzweiflung, Rassismus und einen viel zu schwachen Widerstand.

PARTIGIANI
Gegen Faschismus und deutsche Besatzung. Der Widerstand in Italien.
8. – 29. Sept. 2000 Bahnhof Langendreer, Kinocafe und Raum 6
Eintritt frei

Geöffnet:
Sonntags bis dienstags von 16.00 bis 22.00 h, mittwochs bis samstags von 19.30 bis 22.00 h.
Zu anderen Zeiten auf Anfrage.
Führungen von Gruppen nach Vereinbarung.

Auskünfte:
Bahnhof Langendreer, Telefon 0234 – 26612., Dagmar Wolf


Eine Veranstaltung in Kooperation von: Bahnhof Langendreer, ASTA der RUB, Bildungswerk der Humanistischen Union e.V. Essen, VHS Bochum, Friedensplenum BO, Vereinigung der Verfolgten des Nazi-regimes (VVN) Bochum


Finanziell gefördert von: Landeszentrale für Politische Bildung NRW, Die Grünen, KV BO

Verantwortlich für Konzept und Redaktion: Volker Gerwers, Marianne Wienemann