Annemarie Grajetzky

Rede zum Ostermarsch, Bochum, 21. April 2003

Darum geben wir nicht auf

Freundinnen und Freunde!

 

Es fällt mir schwer nichts Antiamerikanisches zu sagen.

Aber ich will es versuchen. Mir hilft dabei einer der berühmtesten Amerikaner. Ich zitiere ihn:

 

"Es ist höchste Zeit, dass alle gewissenhaften Menschen Amerika auffordern, zur Brüderlichkeit und zu friedlichen Geschäften zurückzukehren."

Und weiter sagt er:

"In diesen Tagen der Mühsal müssen wir schöpferische Andersdenkende ermutigen.

Wir brauchen sie, denn die Kraft ihrer furchtlosen Stimmen wird der einzige Ton sein, der lauter ist als die Explosion der Bomben und das Geschrei der Kriegshysterie."

Und weiter:

"Wir müssen unermüdlich bemüht sein, unserem Land, das wir lieben, zu einem besseren Schicksal zu verhelfen, zu einem neuen Sinn für das Mitleid, zu einem edleren Verständnis der Menschlichkeit."

Wie gesagt, das alles hat ein berühmter Amerikaner gesagt. Hören wir noch einmal:

"Es ist höchste Zeit, dass alle gewissenhaften Menschen Amerika auffordern,...zu friedlichen Geschäften zurückzukehren."

Soweit diese Stimme aus den USA.

Man könnte meinen, diese Sätze sind zum Irak-Krieg gesagt. Sie passen auch in diese Zeit.

Ich zitiere noch einmal:  "Es ist höchste Zeit, dass alle gewissenhaften Menschen Amerika auffordern, zur Brüderlichkeit zurückzukehren."

 

Martin Luther King hat das vor fast 40 Jahren während des  Vietnamkriegs gesagt.

Sein Appell ist aktuell wie nie zuvor.. Aber die Kriegstreiber in Amerika und England haben seit Vietnam nichts dazu gelernt.

Der Krieg der sogenannten Koalition endet in einer Niederlage. Es ist die Niederlage der Menschlichkeit und des Völkerrechts.

Ich rede nicht vom Ende des blutrünstigen Diktators Saddam Hussein. Vielleicht ist er besiegt, vielleicht auch getötet worden. Aber mit welchem Aufwand und um welchen Preis?

Wie viele Abertausend Bomben und Raketen für wie viel Milliarden Dollar?!

Eine fragwürdige Freiheit, die so herbei gebombt wurde.

Eine fragwürdige Demokratie, die um den Preis eines Blutbades zwangsverordnet werden soll.

Die Iraker scheinen beidem nicht zu trauen: weder dieser amerikanischen Freiheit noch einer so aufgezwungenen amerikanischen Demokratie.

Ich kann sie verstehen.

Den Rest des noch verbliebenen Völkerrechts zermalmen Panzerketten. Das Pflänzchen Vertrauen zwischen westlicher und muslimischer Welt wird erbarmungslos zerbombt.

 

Manche von euch denken vielleicht, ich übertreibe. Aber es kann kein Zweifel bestehen:

Über die Zahl der Opfer dieses Krieges werden wir genauso belogen, wie wir über die Zahl der Opfer im Golfkrieg 1991 belogen wurden.

Was hatte Martin Luther King von Amerika gefordert?: "Sinn für Mitleid und ein edleres Verständnis von Menschlichkeit."  Der Krieg der Koalition verhöhnt diesen Friedensgedanken des großen Amerikaners Martin Luther King..

Stattdessen führt ein amerikanischer Präsident einen Eroberungskrieg im Namen und im Auftrag Gottes. So hat er es oft genug verkündet.

Eine unglaubliche Gotteslästerung. Ein Missbrauch des christlichen Glaubens. So sehen das auch viele Christen und Kirchenvertreter in den USA.

Im Missbrauch der Religion  steht George W. Bush auf einer Stufe mit den fundamentalistischen Terroristen vom 11. September 2001 ,die er zu bekämpfen vorgibt.

Der Krieg gegen den Irak mit all seinen Folgen ist eine Niederlage des Völkerrechts und der Religion..

 

Viele werden sagen auch die Friedensbewegung habe eine Niederlage erlitten.

Denn die weltweite Friedensbewegung von Washington über London bis nach Bochum konnte den Krieg nicht verhindern.

Sollen wir deswegen aufgeben?

Auch die Polizei kann viele Verbrechen nicht verhindern -  doch sie wird gebraucht.

Auch die Feuerwehr kann den Ausbruch des Feuers nicht verhindern - doch sie wird gebraucht.

Auch die Ärzte können den Ausbruch von Krankheiten nicht verhindern - doch sie werden gebraucht.

Die Friedensbewegung konnte den Krieg nicht verhindern, doch sie wird gebraucht!

Würden wir aufgeben, dann würde die Koalition der Kriegstreiber auch uns besiegt haben. Darum geben wir nicht auf !

Die Friedensbewegung unterbricht den Teufelskreis der Gewalt in dieser Welt. Und wir fangen damit in den Köpfen und Herzen der Menschen an. Selten haben wir weltweit soviel ungeteilte Zustimmung erfahren.

Wir sind einfach davon überzeugt, dass Gerechtigkeit für die Völker dieser Erde nur mit friedlichen Mitteln zu verwirklichen ist.

Der Widerstand der irakischen Bevölkerung gegen amerikanische Besatzer gibt uns Recht.

Wir stimmen dem  großen amerikanischen Friedenskämpfer Martin Luther King zu:

 es geht um einen neuen Sinn für das Mitleid und um ein wahres Verständnis der Menschlichkeit.

Ich erinnere an die Opfer dieses Krieges.

 Ich muss an den 12-jährigen Ali aus Bagdad denken. Eine zielgenaue Bombe hat ihm beide Arme abgerissen. Über sein Schicksal wurde in vielen Zeitungen berichtet.

" Ich will meine Arme wieder haben" schrie er den Fotojournalisten entgegen.

Tausende ähnlicher Schicksale sind uns bisher verschwiegen worden.

 

Die Friedensbewegung konnte dieses tausendfache Leid nicht verhindern - Aber es bleibt das Ziel unseres gemeinsamen Weges:

Uneingeschränkte Solidarität mit den Opfern,

Mitleid mit den Opfern,

Menschlichkeit -

 das sind die heilsamen Kräfte gegen die Pest der Kriege verursacht durch machtgierige Menschen. Den heilsamen Kräften der Menschlichkeit sind wir verpflichtet.

 

Seit diesem Krieg gegen den Irak rechtfertigen die kriegstreibenden Kräfte den  Krieg wieder als Mittel der Politik. Die nächsten Kriege entstehen schon wieder in den Köpfen der Machthaber Dagegen erhebt sich weltweiter Protest. Gott sei Dank.

Entstanden ist ein starkes weltweites Bündnis der Friedensbewegung.

Gegen vernichtende Kriegstreiberei  verbünden wir uns für den Weg des Lebens, für das Leben.

 

Ich danke euch.