Offener Brief an die
Initiative Bermuda-Dreieck
- Foto Hamer -
Kortumstr. 23
44787 Bochum


Ihr Schreiben an die Stadt zur "Drogenproblematik im Bermuda-Dreieck"


Sehr geehrter Herr Dittfeld,
sehr geehrter Herr Hamer,
in dem oben genannten Brief bitten Sie um die Unterstützung für ein
Schreiben an den Oberbürgermeister und die Ratsfraktionen der Stadt.
Ziel dieser Unterschriftenaktion soll die Vertreibung der Drogenhilfe
des Krisenhilfe e.V. aus ihren angestammten Räumen in der Viktoriastraße
sein.

Wir haben Ihren Brief mit großer Verwunderung gelesen. Denn Ihre
Behauptungen und Schlussfolgerungen decken sich nicht mit unseren
Erfahrungen und Beobachtungen. Dabei halten wir uns als Anwohnerinnen
und Anwohner oder Beschäftigte nahezu täglich im Bermuda-Dreieck auf.

Noch nie waren wir am Konrad-Adenauer-Platz und am Engelbert-Brunnen
„massiven Belästigungen ausgesetzt“. Obwohl wir regelmäßig z.B. im
HL-Markt einkaufen, können wir nicht bestätigen, dass sich dort „ständig
Drogensüchtige aufhalten, die Käufer durch Aussehen, aggressives
Verhalten, Diebstahl und Beschmutzen der Lebensmittel vertreiben“. Die
Behauptung, „Drogenabhängige“ prägten „besonders tagsüber das
Straßenbild des Bermuda-Dreiecks“ halten wir für völlig übertrieben. Die
Unterstellung, dass die Renovierung der Drogenberatung etwas mit
Diebstählen von Aschenbechern, Zuckerportionen, Besteck, Pflanzen,
Stühlen und Tischen zu tun habe, empfinden wir als Stimmungsmache gegen
die Drogenberatungsstelle.

Für uns sieht es so aus, als sollten mit dieser Kampagne Menschen aus
der Innenstadt vertrieben werden, die nicht dem Idealbild von
kaufkräftigen Kundinnen und Kunden entsprechen. Dagegen wenden wir uns.
Denn wir sind der Meinung, dass die Innenstadt für alle da sein muss.

Auch in Bochum ist Massenarbeitslosigkeit zur Normalität geworden und
immer mehr Menschen werden in die Armut gedrängt. Da gibt es
naheliegender Weise auch immer mehr Menschen, die nicht Ihrem Idealbild
von Besucherinnen und Besuchern des Bermuda-Dreiecks entsprechen. Wir
haben den Eindruck, dass Sie diese Menschen allesamt zu drogensüchtigen,
kriminellen und assozialen Störenfrieden im Bermuda-Dreieck definieren:
Alle, die unangepasst aussehen oder sich unangepasst verhalten, sind in
Ihren Augen offensichtlich Dogensüchtige. Schuld daran, dass sich diese
Menschen erdreisten, in das Bermuda-Dreieck zu kommen, ist für Sie die
Drogenberatungsstelle.

Sie machen es sich sehr leicht, wenn Sie nun versuchen, mit Ihrer
ökonomischen Macht diese Menschen aus dem Umfeld Ihrer Geschäfte und
Kneipen zu vertreiben. Es sind Menschen, die sowieso schon kaum eine
Lobby haben.

Sehr geehrter Herr Dittfeld, ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie
wahrscheinlich einer der größten (allerdings legalen) Drogenhändler in
Bochum sind? Es ist schließlich unstrittig, dass Alkohol eine Droge ist,
die in unserer Gesellschaft erheblich dramatischere Folgen anrichtet,
als alle anderen Drogen zusammen. Haben Sie, hat die
Bermuda-Gastronomie, die mit dem Verkauf der Droge Alkohol riesige
Gewinne erzielt, irgendeine Legitimation, sich zu Drogenkranken zu
äußern, die auf härtere Drogen umgestiegen sind?

Wir finden es gut, dass Sie Ihren Brief zurückgezogen haben. Wir hoffen,
dass es wirklich ein Versehen war, wenn Sie zu einem Miteinander mit
Skins eingeladen hatten.

Wir würden uns freuen, wenn die Geschäftsleute des Bermuda-Dreiecks
deutlich erklären würden, dass die Drogenberatungsstelle eine
Einrichtung ist, die Unterstützung verdient. Denn gerade durch ihre
zentrale Lage hat sie die Möglichkeit, viele Menschen zu beraten und
ihnen zu helfen. Deshalb haben wir auch keine Angst vor einer
eventuellen Erweiterung zu einem Drogenkonsumraum.

Wir wollen ein offenes und menschliches Bermuda-Dreieck, und keines, in
dem Vorurteile gepflegt und damit Intoleranz und Hass gefördert werden.


Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner mit Wohn- oder Arbeitsort:

Candida Andritsch, Anwohnerin, Brüderstraße 7
Mirofora Aptidou, Anwohnerin, Jakobstraße 17
Claudia Baßmann, Café Zacher, Brüderstraße 6
Yvonne Buddenbrok, taz-nrw, Kortumstraße 16
Melanie Bürger, Praktikantin bei der taz-nrw,Kortumstraße 16
Christoph Hassel, Anwohner, Dibergstraße 6
Christoph Hickmann, Praktikant bei der taz-nrw, Kortumstraße 16
Daniel Hölzer, Reformhaus Die Scheune, Kortumstraße 25
Bettina Immerath, Anwohnerin, Clemensstr. 26
Annika Joeres, taz-nrw, Kortumstraße 16
Sebastian Kirsch, Anwohner, Kortumstr. 20
Jonas Laß, Anwohner, Oskar-Hoffmann-Str. 29
André Martins de Carno, Anwohner, Brüderstraße 13
D. Moldenhauer, Sanitätshaus Burkamp, Brüderstraße 6
Peter Ortmann, taz-nrw, Kortumstraße 16
Denise Ostrop, Anwohnerin, Brüderstraße 13
Gisela Ostop, Anwohnerin, Brüderstraße 13
Nicole Pavenstädt, taz-nrw, Kortumstraße 16
Rolf van Raden, Anwohner Kortumstraße 20
Melanie Rex, Café Zacher, Brüderstraße 6
Kathrin Rose, Buchhandlung König, Brüderstraße 7
Thomas Schad, taz-nrw, Kortumstraße 16
Matthias Schramm, Medienhouse Videothek, Vikoriastraße 69
Tobias Schramm, Anwohner Kronenstraße 71
Christoph Schurian, taz-nrw, Kortumstraße 16
Dieter Schwarz, Anwohner, Brüderstraße 13
Bea Voß, Café Zacher, Brüderstraße 6
Claus Witte, Anwohner, Kronenstraße 71