Aktionsbündnis lädt zur Bochumer Montagsdemonstration ein

Ein Aktionsbündnis aus Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppierungen lädt am nächsten Montag, 16. August 2004, zur ersten Bochumer Montagsdemonstration gegen die Agenda 2010 ein. Die Bochumer InitiatorInnen wollen sich jeden Montag auf dem Husemannplatz am Glascafé um 17:00 Uhr versammeln, um dort gegen die ungerechte Sozialpolitik zu protestieren.
"Immer mehr Menschen gehen jetzt auf die Straße, um ihrem Unmut Luft zu machen", sagt eine Mitinitiatorin. "Viele stehen auch in Bochum vor dem Nichts. Andere erkennen, dass sie in einer derart ungerechten Welt nicht leben wollen - egal ob sie jetzt oder erst später von Hartz IV betroffen sind." Die Idee, auch in Bochum Montagsdemonstrationen einzuführen, entstand auf einem spontanen Treffen Einzelner am Dienstagabend. "Die Montagsdemonstrationen sind nun auch im Westen Ausdruck des Protests gegen eine ungerechte Politik", heißt es aus dem Kreis. "Und sie werden wachsen, ob wir nun mit 100 oder 200 Menschen in Bochum beginnen."

Der Gefahr, dass sich an den Montagsdemonstrationen auch rechtsextreme Kräfte beteiligen, wollen die Initiatoren durch starke Beteiligung von MigrantInnen begegnen. "Wir laden besonders MigrantInnen zum Protest ein", erklären die Initiatoren. "Ebenso wie Kranke, RentnerInnen, StudentInnen, Erwerbslose und Beschäftigte sind sie die großen Verlierer dieser repressiven Politik." MigrantInnen droht Abschiebung, wenn sie mit Arbeitslosengeld II zu SozialhilfeempfängerInnen werden.

Nicht die Menschen, die sich gegen die Politik des Sozialkahlschlags wehren, hätten die Verantwortung, dass nationalistische Kräfte Zulauf erhalten, erklären die Teilnehmer des Aktionsbündnisses. Die Verantwortung habe allein die Politik zu tragen, die Hartz IV durchsetzen wolle. "Gruppen mit faschistischer Orientierung nutzen die Entwicklung", sagen die Initiatoren, "das spüren viele Menschen. Gerade deswegen sind sie von den Aussichten dieser Politik entsetzt." Angst, Unsicherheit und Verarmung waren schon in der deutschen Vergangenheit der Nährboden auf dem nationalistische und rassistische Ideologie besonders gut gedeiht. Hartz IV sei daher ein gefährliches Spiel mit dem Feuer.

Dass Hartz IV unsozial ist, daran besteht für die Initiatoren kein Zweifel. "Hunderttausende werden in die Armut getrieben. Kindern und Jugendlichen aus den betroffenen Familien werden ihrer Zukunftschancen und Ältere ihrer Ersparnisse beraubt. Die Lasten der globalen Standortkonkurrenz werden auf die Beschäftigten, auf Erwerbslose und an den Rand gedrängte Menschen abgewälzt. Gleichzeitig werden bei großen Unternehmen und Begüterten immer mehr Einfluss und Reichtum konzentriert", heißt es im Aufruf der Initiatoren.

Dem Vorwurf, es gäbe zur Agenda 2010 keine Alternativen, stellt das Aktionsbündnis seine Positivforderungen entgegen. Man wolle sich gegen jeden weiteren Schritt der Zerstörung und Privatisierung sozialer Sicherung wehren - einfach zurück zum alten Sozialstaat wolle man aber nicht. Ziele seien vielmehr eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am gesellschaftlichen Reichtum für alle - ob sie Arbeit haben oder nicht. "Das bedeutet Grundeinkommen und Mindestlöhne, die ein menschenwürdiges Leben ermöglichen." Die Alternativen zur herrschenden Politik heißen für das Bochumer Bündnis Steuergerechtigkeit und Umverteilung der gigantischen Vermögen und Gewinne, deutliche Arbeitszeitverkürzung und eine Reform der sozialen Sicherungssysteme auf der Grundlage von Gerechtigkeit und Solidarität. "Schon mit der von attac und ver.di entwickelten solidarischen Einfachsteuer hätten wir eine Alternative, die mehr als den Namen Reform verdient", hieß es am Dienstagabend.

Das Bündnis ist davon überzeugt, dass der Erfolg möglich ist. Noch nie waren die Empörung und Ablehnung gegenüber einer unsozialen Politik so groß wie heute. "Wenn wir dem ein breites gesellschaftliches Bündnis entgegenstellen kann Hartz IV gestoppt werden. Die Chancen für einen Politikwechsel sind da. Allerdings klappt das nur, wenn auch der Druck aus der Gesellschaft groß genug ist und wenn wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen: Arbeitende gegen Erwerbslose, Migranten und Alteingesessene, Junge gegen Alte. Die wirklichen Grenzen verlaufen zwischen oben und Unten."