Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V
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Presseerklärung, Donnerstag, 17.02.2005


Wer Menschenhandel bekämpfen will, muss Rechte von Betroffenen stärken

• „Visa-Erlass“ wird ideologisch zur Affaire gemacht
• Medizinische Flüchtlingshilfe fordert Legalisierung für Opfer von
Frauenhandel
• UN-Konvention zum Schutz der Rechte der WanderarbeitnehmerInnen jetzt
unterzeichnen !


Seit Wochen bestimmt ein „Visa-Erlass“ die Schlagzeilen, mit dem das
Bundesaußenministerium die Vergabe von Einreisevisa zwischen März 2000 und
Juli 2001 erleichtert hatte. Diese vorübergehende Humanisierung der
Einreisepraxis lässt in Wahlkampfzeiten die Wellen scheinheiliger Entrüstung
höher schlagen. Erhitzt klagen konservative Gemüter über die vermeintliche
Begünstigung von Menschenhandel, insbesondere im Prostitutionsgewerbe. In
NRW wirft CDU-Spitzenkandidat Rüttgers der grünen Ministerin Höhn vor, es
sei "moralisch unanständig", wenn diese darauf verweist, dass Prostituierte,
sich häufig in einer viel schlimmeren Situation befinden, wenn diese sich
illegal in Deutschland aufhalten müssen. Mit den Vorwürfen der konservativen
Parteien wird erneut Stimmung auf dem Rücken der betroffenen MigrantInnen
gemacht.

Die Medizinische Flüchtlingshilfe hat immer wieder auch mit Frauen zu tun,
die sich als Prostituierte in Deutschland aufhalten. Wer die Menschenrechte
dieser Frauen wirklich stärken will, der muss ihnen zunächst zu einem
legalen Status verhelfen. Andernfalls haben diese keine Chance das "Gesetz
zur Regelung der Rechtsverhältnisse von Prostituierten (ProstG)" überhaupt
zu nutzen. Nur so wird es auch möglich Opfer von Frauenhandel zu
gerichtsverwertbaren Aussagen zu bewegen um den Hintermännern dieses
kriminellen Gewerbes das Handwerk zu legen. Die Medizinische
Flüchtlingshilfe setzt sich unter beiden Aspekten für die sofortige
Legalisierung der Opfer von Frauenhandel ein.

Menschenhandel wird nicht etwa durch eine liberale, sondern durch eine
restriktive Einreisepraxis begünstigt. Je höher die Mauern um die Festung
Europa gezogen und legale Einreisewege verschlossen werden, desto mehr
Menschen sind gezwungen, sich in die Hände krimineller Schleusergruppen zu
begeben, wenn sie nach Europa gelangen wollen. Dieser Markt ist ein Produkt
der Abwehrpolitik gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen wie sie von den
Unionsregierungen in den 90er Jahren in Gang gesetzt wurde.

"Jemand wie Rüttgers sollte sich zum Thema 'Reisefreiheit' besser nicht mehr
äußern," erklärt Knut Rauchfuss von der Medizinischen Flüchtlingshilfe.
"Schon vor fünf Jahren vergiftete er mit seinem ‚Kinder statt
Inder’-Wahlkampf das gesellschaftliche Klima und lieferte den
Rechtsradikalen eine ideologische Steilvorlage. Von Rüttgers ist wohl auch
heute nichts anderes zu erwarten, als die derzeitigen unappetitlichen
Ressentiments gegen Menschen aus Osteuropa," so Rauchfuss weiter.

Die Medizinische Flüchtlingshilfe fordert das Bundesaußenministerium auf,
den bisher eher defensiven Umgang mit der Visa-Affaire aufzugeben und sich
stärker als bisher einer humanitären Einreisepolitik zu verpflichten.

Um die Menschenrechte hier lebender MigrantInnen zu stärken, ist die
Ratifizierung der "UN-Konvention für die Rechte der Wanderarbeitnehmer"
längst überfällig.

Am 18. Dezember 1990 verabschiedete die UNO-Generalversammlung die
WanderarbeitnehmerInnen-Konvention. Die Konvention konkretisiert die
Menschenrechte, wie sie insbesondere in den Internationalen Pakten in
allgemeiner Form niedergelegt sind, und formuliert explizit, welche Rechte
den ArbeitsmigrantInnen und ihren Familien zustehen. Die Konvention ist am
1. Juli 2003 in Kraft getreten: Bis heute wurde sie von 27 Staaten
ratifiziert - nicht von der Bundesrepublik Deutschland.

Die Medizinische Flüchtlingshilfe fordert die Bundesregierung zur
Ratifizierung der Konvention auf.

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