Kritik am Solidaritätsaufruf des Friedensplenums

Als Diskussionszusammenhang der aus dem ehem. Antifa-Plenum und der Roma-UnterstützerInnen-Gruppe hervorgegangen ist, unterstützen wir den oben genannten Aufruf, obwohl wir mit einigen Formulierungen nicht übereinstimmen. Wir tun das aus Gründen praktischer Solidarität, die erstmal im Vordergrund stehen soll. Doch glauben wir auch, das es besser ist, sich in unserem Bündnis gegen die Neonaziaufmärsche offen die politischen Unterschiede auszutauschen.

Erstens war das Emily-Plakat durchaus ein Aufruf zur Verhinderung der Nazidemonstration am 22.2., egal ob die genehmigt war, oder nicht. Es liegt in diesem Punkt also keine Verwechslung durch den Staatsanwalt vor. Auch teilen wir die Meinung nicht, dass die Neonazidemo an dem besagten Tag nicht wesentlich gestört worden wäre, wir haben sie gestört und wir würden es immer wieder und hoffentlich immer gelungener tun. Insbesondere dann, wenn der Staat die Neonaziaufmärsche genehmigt und durchführbar machen will.

Auch einen Bezug auf die Verfassung, zur Rechtfertigung des antifaschistischen Engagements lehnen wir ab. Die Verfassung sieht ein Militär & die Wehrpflicht vor, enthält kein ernstzunehmendes Asylrecht, erlaubt das verwanzen von Wohnungen, steht nach der Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu Angriffskriegen usw usf. Die obersten Verfassungshüter finden die NPD-Demos tendenziell o.k. und haben viel zu ihrer Durchsetzung getan. Die Geschichte der Bundesrepublik hat gezeigt, dass die Verfassung nicht die Wundertüte ist, aus der sich eine antifaschistische Linie für die Politik & Rechtsprechung heraus zaubern lässt. Und da das in unseren Augen so ist, wollen wir auch nicht so tun, als wäre es anders.

Und schließlich finden wir es durchaus richtig, in der Diskussion über den Widerstand gegen (Neo)-Nazis es nicht von vornherein auszuschließen, dass auch mal andere Mittel angewandt werden müssen, als Gegendemonstration. Auch "Gewalt" kann im antifaschistischen Widerstand eine bedauerliche Notwendigkeit werden. In einer Zeit, wo selbst die Attentate auf Hitler von revisionistischen Historikern oder "Ethikern" als "irgendwie gewalttätig" und daher illegitim diffamiert werden, wollen wir uns hier keine Denkverbote aufdrängen lassen, die sich im Endeffekt gegen jede Form antifaschistischer Politik richten. In diesen Punkten finden wir den Aufruf doch sehr defensiv.
Wie viele Embleme der Antifa ist das Emily-Plakat durchaus als ein - grafischer - Beitrag zu dieser Diskussion zu sehen. Man kann in dieser Frage sehr unterschiedlicher Meinung sein; Austausch und Widerspruch sind gerade deswegen notwendig. Der Punkt ist jedoch, dass hier nicht irgendwelche Taten, sondern eine Diskussion strafrechtlich verfolgt wird.

Betonen möchten wir noch, dass das "Emily"-Plakat nicht von Martin Budich gemacht worden ist, dass es nicht "sein" Aufruf war, sondern das www.bo-alternativ.de dieses Plakat nur ins Netz gestellt hat. Das "Emily"-Plakat war ein Antifa-Plakat und ist ins Netz gestellt worden, wie auch Berichte über verschiedenste andere Initiativen in Bochum. Dass dies nun verfolgt wird, obwohl die Staatsanwaltschaft es vermutlich besser wissen könnte, wie & was mit "Emily" war, zeigt, dass es gerade die Vernetzung verschiedener politischer Initiativen ist, die dort auf Missfallen stösst.
Insofern ist der Kern dieser Anklage ein politischer, und zwar ein mit Bedacht gewählter, und weniger ein strafrechtliches Missverständnis.

So viel zur Kritik & trotzdem ein Dank für die Initiative, den Prozess gegen Martin nicht einfach hinzunehmen.