Offener Brief Hella Eberhardt an Heinz Hossiep


SPD-Ratsfraktion
Herrn Heinz Hossiep
per Fax

Bochum, den 19.11.00

Offener Brief an Herrn Hossiep, SPD-Fraktionsvorsitzender, zum Brief an die EinladerInnen von Frau Birnbach

Sehr geehrter Herr Hossiep,

am 16.11. haben Sie in einem Brief an Frau Schiele und Herrn Disselnkötter Vorwürfe erhoben, die in Bezug auf das Flugblatt "Erinnern für die Zukunft - Ohne die Stadt Bochum?" völlig haltlos sind.

Sie werfen den beiden EinladerInnen vor, das Flugblatt am 9.11. verteilt zu haben, obwohl sich ein neuer Sachverhalt ergeben hat. Diese Flugblattaktion bezeichnen Sie als "Provokation".

Ich schreibe Ihnen als eine der InitiatorInnen des Flugblatts.

Zunächst irren Sie, wenn Sie davon ausgehen, dass Frau Schiele oder Herr Disselnkötter an Entstehung und Verbreitung dieses Flugblattes beteiligt waren. Ich denke für alle UnterzeichnerInnen sprechen zu können, dass niemand dieses Flugblatt als Provokation gedacht hatte. Und wenn Sie es nur als solche sehen, zeigt dies, dass Sie die Kritik offensichtlich nicht verstehen wollen.

Als am 7.11. der Skandal öffentlich wurde, haben sich auf meine Initiative ein paar engagierte Menschen zusammengefunden. Daraufhin wurde das obige Flugblatt geschrieben. Innerhalb von 24. Std. hat es zahlreiche UnterstützerInnen gefunden. Dass es dann in der Nacht vom 8. auf den 9.11. doch eine Zusage zur Finanzierung des Besuchs von Frau Birnbach gegeben hat, hat an unserer Kritik gegenüber Herrn Stüber nicht substantiell etwas ändern können. Die ganze Zeit hat es kein Signal an Frau Birnbach oder die EinladerInnen gegeben, dass der Besuch von Frau Birnbach begrüßt und für unterstützenswert gehalten wird. Erst als der Skandal öffentlich wurde, gab es Zugeständnisse seitens des Oberbürgermeisters und der Fraktionen (Es wurde von kommunikativen Missverständnissen gesprochen!). Wie glaubwürdig konnte da eine Rede des Oberbürgermeisters anlässlich des 9. Novembers noch sein?

Wir hatten überlegt, auf dem Flugblatt den neuen Sachverhalt und unsere fortbestehende Kritik zu erwähnen, haben dies aber unterlassen, da wir in der Kürze der Zeit keine Rücksprache mit allen UnterstützerInnen halten und deshalb den Flugblatttext nicht mehr ändern konnten. Im übrigen haben sich bei mir noch einige Menschen gemeldet, die auch nach der neuen Sachlage bedauert haben, dass sie zu spät von der Flugblattaktion erfahren haben und dass sie es gerne unterzeichnet hätten. Es gab keine empörte Rückmeldung einer Gruppe oder einer Einzelperson, die aufgrund der späten Finanzzusage das Flugblatt für überflüssig hielten.

Dass sich Herr Stüber diffamiert fühlte und Sie die Kritik als Provokation sehen, zeigt nur, dass Sie nicht bereit sind, sich mit Kritik inhaltlich auseinander zu setzen. Herr Stüber hätte am 9.11. z.B. sagen können, dass er gerne zu diesem Anlass gesprochen hätte, dass aber seine Rede umstritten sei und er aus diesem Grund auf seinen Beitrag verzichtet; er hätte sich aber auch einfach entschuldigen können. Statt dessen hat er so getan, als ob die Unterstützung nie in Frage stand.

Dabei schienen auch ihre und die grüne Ratsfraktion Bedenken zu haben, ob Herr Stüber einlenken und die Finanzierung zusichern würde. In ihrer Pressemitteilung vom 9.11. "drohen" die Fraktionen im Grunde genommen, dass sie zur Not einen entsprechenden Ratsantrag stellen würden, um die Finanzierung sicher zu stellen. Die Fraktionen hätten mit einem solchen Antrag mehr oder minder gegen den Willen des OB die Finanzierung erzwungen. Sie mussten diesen Antrag bekanntlich nicht mehr stellen, da Herr Stüber eingelenkt hat. Bei dem hier gezeigten berechtigten Misstrauen der "regierenden" Fraktionen gegenüber dem Oberbürgermeister müssen Sie sich schon fragen lassen, warum wir alle Skepsis fallen lassen und so tun sollen, als ob nichts gewesen wäre.

Zum weiteren Sachverhalt möchte ich hier nicht Stellung beziehen, obwohl mir auch dazu noch einiges auf dem Herzen liegt.

Ich möchte Sie mit diesem Brief lediglich in der Frage der Flugblattaktion und der damit verbundenen Vorwürfe gegenüber Frau Schiele und Herrn Disselnkötter auf den Boden der Tatsachen zurückholen.

Mit unerfreuten Grüßen

Hella Eberhardt