Freie Uni Bochum

Donnerstag., 23. November, 20.00 Uhr

Billy Wilder, Teil 2

Filmreihe mit Daniel Hermsdorf
Sunset Boulevard

Boulevard der Dämmerung. USA 1950. R: Billy Wilder


(Amerikanisches Original mit deutschen Untertiteln)

Dies ist ein Chef d’õuvre des Films im Film, der direktesten Selbstreferenz des Kinos. Die Filmdiva Norma Desmond (Gloria Swanson) lebt zurückgezogen in ihrer Villa am Sunset Boulevard in Los Angeles. Einst eine Berühmtheit der Leinwand, schreibt ihr nun ihr Butler Max von Mayerling (Erich von Stroheim) die Fanpost und hält sie in dem Glauben, dass alles noch so sei wie früher. Die Situation verändert sich und eskaliert schließlich, als Norma den Drehbuchautor Joe Gillis (William Holden) anstellt, um ein Skript für sie zu überarbeiten – und dabei mehr oder minder auch ihr Liebhaber zu werden.

Wilders Film setzt der Stummfilm-Diva Gloria Swanson ein Denkmal, deren Lebensgeschichte sich in der Vergessenheit der Norma Desmond spiegelt. Zugleich entzieht sich diese Fabel aber jeder Nostalgie: Es ist ein bitterer Abgesang auf eine Industrie der Bilder und der Charaktere, die sie hervorbringt. Die Desmond lebt in einer wahnhaften Konstruktion von Realität, in der sich Leben und Drehbuchcharakter, Realität und Filmprojektion untrennbar vereint haben. Dass es in diesem Zwischenreich auf Dauer kein Leben geben kann, ist eine Moral des Films. Gut zehn Jahre nach seinen Anfängen als Drehbuchautor in Hollywood ist es für Wilder – der zu dieser Zeit bereits als Regisseur anerkannt ist –ein mutiges Statement, in dem er sich vom eigenen Metier distanziert wie zuvor kein anderer Mitarbeiter der Traumfabrik. Deshalb ist „Sunset Boulevard“ die erste definitive künstlerische Aussage Wilders, die man bezogen auf das Kino selbstreferenziell nennen kann. Und dass er 1978 mit „Fedora“ seinen vorletzten Film noch einmal einer delirierenden Filmdiva mit Realitätsverlust widmet, zeigt, dass er schon diesen Film sehr ernst gemeint hat.