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Materialien, Presseerklärungen von Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Kultur usw


Vermerk der Leiterin des Bochumer Sozialamtes zu einer Polizeiaktion am 1. 1. 2012
Dienstag 03.01.12, 14:13 Uhr

Polizeilicher Großeinsatz

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

in den frühen Morgenstunden des 1. Januar 2012 kam es auf der Hochstraße zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit Schusswaffengebrauch und drei verletzten Personen.
Der Täter flüchtete zur Emilstraße, wo er vor den Gebäuden unseres Wohnheimes seinen Wagen abstellte und sich offenbar in diesem Bereich auch aufhielt.
Aufgrund dieser Situation kam es zu einem polizeilichen Großeinsatz mit rd. 100 Personen des SEK – Sondereinsatzkomando, die 2 Gebäude umstellten und anschließenden die Wohnungen stürmten.
Bei dem Einsatz wurden die erwachsenen männlichen Bewohner festgenommen und zur Vernehmung gebracht. Alle Festgenommenen wurden im Laufe des Tages wieder frei gelassen und sind in die Einrichtung zurückgekehrt.
Kurze Zeit nach Bekanntwerden der polizeilichen Aktion, haben wir den Kontakt und die Betreuung der Bewohner im Übergangsheim aufgenommen und auch durch ärztliche Unterstützung die ersten Schritte eingeleitet.
Im Laufe des Tages haben wir mehrfach mit den Bewohnern gesprochen und uns in den Abendstunden erneut mit allen Betroffenen ausgetauscht. Dabei wurde nochmals für drei Personen medizinische Versorgung organisiert.
Für die Nacht vom 01. auf 02.01.12 wurde ein Wachdienst eingesetzt, da es durch den polizeilichen Einsatz zu Beschädigungen an den Türen kam.
Die BewohnerInnen werden weiterhin durch uns sozialarbeiterisch betreut und die  Kinder durch das Jugendamt begleitet.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ämter 50 und 51 sind vor Ort.
Sicherungs- und Reparaturbedarfe werden zur Zeit aufgenommen und durch uns veranlasst.
Betroffen von dem Einsatz sind 22 Familien mit ingesamt 107 Personen, davon 50 Kinder unter 18 Jahren. Die Bewohner stammen mehrheitlich aus Syrien, Kosovo, Irak, Aserbaidschan, Armenien, Russische Förderation, Serbien.
Wir werden Sie über die Entwicklung weiter auf dem Laufenden halten.
Die Bezirksverwaltungsstelle Wattenscheid, die Fraktionen und die Mitglieder des ASG sind/werden parallel informiert

Gruß
Heide Ott


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Sevim Dagdelen

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,liebe Freundinnen und Freunde!

vor gerade einmal vier Monaten ging ein Aufschrei des Entsetzens durch Deutschland. Die öffentliche Empörung war groß als am 22. Juli 2011  insgesamt 77 Menschen bei Anschlägen in Norwegen starben.
Für Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und die Sicherheitsbehörden ergab sich für Deutschland keine neue Sicherheitslage. Die Einschätzung wäre mit Sicherheit anders ausgefallen, wäre ein fanatischer Islamist für das Blutbad verantwortlich gewesen und nicht ein weißer Biobauer aus Oslo, der Rassist Breivik.
Seit Jahren beweisen die Bundes- als auch die Landesregierungen und die Vasallen der Sicherheitsdienste, dass sie nicht nur auf dem rechten Auge blind sind. Schlimmer noch: Sie haben neonazistische Morde durch Spitzel in neonazistischen Strukturen sogar organisatorisch und finanziell unterstützt. Das ist skandalös!
Seit Jahren rechnen die Sicherheitsbehörden die Opfer rechter Gewalt runter.Die Linksfraktion im Bundestag stellt seit Jahren vierteljährlich Anfragen zu diesem Thema. Mindestens 182 Menschen sind seit 1990 Opfer von Rassisten und Neonazis geworden. Sie sind Opfer der gezielten Ignoranz der Politik. Sie sind aber auch Opfer der geistigen Brandstifter, die zum Beispiel unter dem Motto „Das Boot ist voll“ die Pogromstimmung gegen Migranten Anfang der 1990er Jahre schürten. Mit der dann folgenden Abschaffung des Asylrechts im Grundgesetz machten sich CDU/CSU, FDP und SPD zu Erfüllungsgehilfen des rassistischen Mobs auf der Straße. Und in den letzten Jahren wird im Stile des SPD lers Thilo Sarrazin der NPD das Wort geredet und eine Hetze über sog. „Integrationsverweigerer“ betrieben.
Wer nicht davor zurückschreckt, rassistische Vorurteile zu bedienen oder sie zu schüren, ist Wegbereiter rassistischer Gewalt.
Das gleiche gilt auch für jene, die gebetsmühlenartig eine Gefahr von Links beschwören. Ganz im Sinne des Antikommunismus wird nach sogenannten Totalitarismustheorie und Extremismusklausel bis heute antifaschistisches Engagement als „Linksextremismus“ mit dem Neonazismus gleichsetzt, werden neonazistische und rassistische Gewalt damit schliesslich verharmlost. Damit muss endlich Schluss sein in Deutschland!
Viele von euch waren sicher im Februar in Dresden gegen die Nazis dabei und haben erlebt, wie dieser Staat sehr wohl Partei ergreift. Mit großem Aufwand werden Nazis nicht nur geschützt, sondern zehntausende Antifaschistinnen und Antifaschisten und Millionen Bürgerinnen und Bürger durch Funkzellenüberwachung bespitzelt und strafrechtlich verfolgt wie mit Hilfe  des Bochumer Kreissprechers der Linken, Christian Leye, dies kürzlich aufgedeckt wurde.
Es ist aufs Neue deutlich geworden: die Geheimdienste sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Sie gehören abgeschafft!
Sie gehören abgeschafft so wie die NPD und alle neonazistischen Organisationen und Vereine verboten gehören!

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,liebe Freundinnen und Freunde!
Wer Ja zum NPD-Verbot sagt der muss auch Ja sagen zur Abschaltung der V-Leute in der NPD. Sonst ist das Bekenntnis zum NPD-Verbot unglaubwürdig!
Und trotz des richtigen und notwendigen NPD-Verbotes muss klar sein:
Das Verbot der NPD kann das grundsätzliche Problem des Rassismus nicht lösen. Eine radikale Lösung ist nur möglich, wenn rassistischem und nazistischem Gedankengut der gesellschaftliche Boden entzogen wird. Denn wie Max Horkheimer so treffend gesagt hat: „Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll über den Faschismus schweigen.“
Denn Antifaschismus ist mehr als nur eine Gegenbewegung.
Ohne Kritik an den bestehenden sozialen Ungerechtigkeiten können wir das Problem menschenverachtender Naziideologien nicht angehen. Ohne die soziale Frage kann man den Rassismus nicht bekämpfen. Lasst uns gemeinsam gegen  die sozialen Ungerechtigkeiten eintreten und die Menschen nicht empfänglich machen für die braune Propaganda. Lasst uns gemeinsam den Nazis in den Weg stellen und entgegentreten auch im kommenden Kanuar wenn es heisst „Dresden Nazifrei!“ oder Bochum Nazifrei. Lasst uns gemeinsam kämpfen: Überall Nazifrei!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Mehriban Özdogan

Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten
wir bekommen täglich scheibchenweise Informationen über eine faschistische Terrorgruppe Namens NSU, die seit Jahren unbehelligt Menschen mordet, Banken ausraubt und Terroranschläge durchführt.
Es ist unbegreiflich, wie all dies bisher der Öffentlichkeit verheimlicht wurde, zumal diese faschistische Gruppe direkte Verbindungen zum Verfassungsschutz hatte. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass der Verfassungsschutz mit derart faschistischen Organisationen in Zusammenhang gebracht wird.
Diese Entwicklungen und Enthüllungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Das Hauptproblem ist der eigentliche Nährboden für derartige besorgniserregende, rassistische und faschistische Übergriffe. Seit Jahren werden AntifaschistInnen kriminalisiert, MigrantInnen mit Gefahr und Terror in einem Atemzug genannt.
Die Diskussionen und Debatten der politischen Elite über Integrationsunwillige Jugendliche und Kopftuch-Kinder haben dem rechten Gedankengut dazu verholfen, sich salonfähiger zu präsentieren und vielmehr offener und radikaler aufzutreten.
Anstatt Antifagruppen, GewerkschaftlerInnen, Bündnisse gegen Rechts, KommunalpolitikerInnen und andere zu diffamieren und zu kriminalisieren, müssen sie Anerkennung,Unterstützung und Ermutigung durch politisch Verantwortliche aller Parteien erfahren. Wer Misstrauen gegen engagierte BürgerInnen sät, wird mehr rechte und rassistische Gewalt ernten. Wer militante Kameradschaften schwächen will, muss alternative, nicht-rechte Jugendkulturen fördern.
Der berechtigten Forderung nach einem Verbot von faschistischen und rassistischen Organisationen und Parteien müssen jetzt Taten folgen. Wir dürfen nicht einfach nur jammern, sondern müssen das Problem an der Wurzel packen. Auch Migranten, die auf die Tränendrüsen drücken und sich zu hilflosen Opfern machen, sind auch auf der falschen Spur. Wir müssen gemeinsam gegen jeglichen Rassismus entgegentreten.
Nur gemeinsam sind wir stark!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Christoph Nitsch

Liebe antifaschistischen Freundinnen und Freude,
mit Empörung und Wut haben wir in den letzten Wochen zur Kenntnis nehmen müssen, dass mehr als 10 Jahre eine faschistische Terrorzelle und ihre Helfershelfer Deutschland, bis dato unerkannt, mit Mord und Terror überziehen konnte.
Die Mordopfer, Menschen mit Migrationshintergrund, gerieten selbst, im Rahmen des gesellschaftlich- rassistischen Normalkonsens, ins Zwielicht des Verdachts von Schutzgelderpressung, Mafiastrukturen, etc.
Die Presse erfand das ebenso dümmliche, wie diskriminierende Wort von den „Döner-Morden“!
Nun, da die faschistischen Mörder ermittelt wurden, sind ihre Opfer endlich rehabilitiert.
Doch das ist neben einigen Festnahmen auch das einzig bislang Positive!
Zu viele offene Fragen lassen Zweifel daran aufkommen, dass eine umfassende Aufklärung und Information der Öffentlichkeit auch wirklich gewollt ist.
Die offizielle Theorie zu den Toden der Terroristen Böhnhardt und Mundlos erscheint lückenhaft und unlogisch.
Wie konnten die Behörden innerhalb der ersten Tage soviel Beweismaterial und Erkenntnisse zu der Mordserie zu Tage fördern, wenn die Terrorgruppe doch über Jahre unentdeckt blieb?
Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz, der die Gruppe scheinbar mit Papieren belieferte, und vor Allem der hessische Verfassungsschützer mit dem Spitznamen „Kleiner Adolf“, der bei einem der Morde zugegen gewesen sein soll?
Gibt es neben den nationalen Verflechtungen mit NPD, Freien Kameradschaften, etc. auch eine internationale Dimension des rechten Terrors, da doch der norwegische Attentäter und Massenmörder Breivik, in einer seiner ersten Vernehmungen von zwei aktiven Terrorzellen in Europa sprach?
Ich befürchte, dass viele unserer kritischen Fragen unbeantwortet bleiben werden, da eine schonungslose, gesellschaftliche Aufarbeitung des Neofaschismus gar nicht von Allen gewünscht wird, zu tief wurzeln Rassismus und Sozialchauvinismus in der Mitte der Gesellschaft, wie nicht nur das unrühmliche Ende des SPD-Parteiausschlussverfahrens von Thilo Sarrazin belegt!
Antifaschistisches Engagement wird systematisch kriminalisiert, wie nicht nur die Massen-HandyÜberwachung auf der Blockade des Naziaufmarsches in Dresden im vergangenen Frühjahr besonders drastisch zeigt.
Auch die unsägliche „Extremismus-Debatte“, die unwissenschaftliche und stigmatisierende Gleichsetzung von links und rechts, in der bürgerlichen Politik und Presse tut ihr Übriges, um AntifaschistInnen ins gesellschaftliche Abseits zu stellen!
Auch hier in Bochum Langendreer haben sich Presse und bürgerliche PolitikerInnen nicht mit Ruhm bekleckert, als sie den systematischen Terror einer Neonaziclique gegen AnwohnerInnen, MigrantInnen und antifaschistischen Menschen als „Nachbarschaftsstreitigkeiten“ und „Auseinandersetzung rivalisierender Jugendbanden“ verniedlichten!
Ich könnte hier noch stundenlang über das Erstarken faschistischer Militanz und die Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit von einflussreichen Teilen der Gesellschaft dagegen vorzugehen, referieren.
Wichtiger ist jedoch, was wir, als Antifaschistinnen und Antifaschisten daraus für Schlüsse ziehen:
Unsere Solidarität muss all jenen gehören, die Opfer von faschistischer Gewalt und rassistischer, sexistischer, sozialchauvinistischer und jeglicher menschenverachtender Diskriminierung werden!
Fordern wir die rückhaltlose Aufklärung der Verbrechen der Erfurter Terrorgruppe, ihrer Helfershelfer, ihrer Hintermänner und der Rolle des Verfassungsschutzes, sowie anderer Behörden!
FaschistInnen und deren SympathisantInnen haben im Staatsdienst nichts zu suchen!
Schaltet endlich die V-Leute ab, damit ein erneutes NPD-Verbot erfolgreich sein kann!
Wir fordern ein Verbot aller faschistischen Parteien, Gruppierungen, Print- und Internetmedien im Namen der Menschlichkeit, der internationalen Solidarität und im ehrenden Angedenken an Klaus Kunold, der wir nicht nur heute, sondern auch in Zukunft schmerzlich vermissen werden!
Seine Menschlichkeit, Klugheit, Freundschaft und sein unermüdliches Engagement lebt weiter in unseren Herzen und wir werden in seinem Sinne für eine gerechtere Gesellschaft weiterkämpfen!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Hatice Ünlübayir

Liebe Demokratinnen und Demokraten, liebe Freundinnen und Freunde
Die Verharmlosung von Straftaten von Rechten und alltäglichem Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland ist oft traurige Realität in unserer Gesellschaft.
Leider haben die polizeilichen Ermittlungen teilweise zum Ergebnis geführt, dass fremdenfeindliche und rechtsradikale Straftaten von angeblich „verwirrten Einzeltäter der rechten Szene“ begangen worden sind.
In diesen Aussagen haben wir der Polizei und dem Verfassungsschutz vertraut, was ein Fehler war. Uns wurde das Ausmaß spätestens bewusst, als der Bekennerbrief bei den toten, vermeintlichen Bankräubern gefunden wurde und sie selber sich zu den neun Morden an Migranten und der Polizistin bekannt haben. Da wurde uns klar, zu was die Verharmlosung von rechtextremistischen Übergriffen und Tötungen führen kann.
Durch die Gleichsetzung von  Links- und Rechtsextremismus, aber auch islamistischen Anschlägen, wie jüngst die Junge Union es wieder tat, wurden und werden weiterhin Gewalttaten und Morde von der rechten Szene verharmlost und als Taten einzelner verwirrter Neonazis  zur Akte gelegt und nicht mehr ernsthaft weiter verfolgt. Gerne werfen die CDU und die CSU linke DemonstrantInnen und rechtsextreme Mörder in einen Topf.
Grünen haben diesen Vergleich, aber auch die Gleichsetzung und die dann folgende Ignoranz und Verharmlosung von nationalsozialistisch geprägter Gewalt, die seit zwanzig Jahren 180 Menschen das Leben gekostet hat,  schon immer scharf kritisiert. Schon seit langem fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Abschaffung der von Familienministerin Schröder eingeführten Extremismusklausel.
Es ist unerträglich und es ist gefährlich eine „-ismus“-Gleichsetzung zu  propagieren, die nur von der eigentlichen Aufgabe ablenktdem Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Die Feinde der demokratischen Grundordnung und eines freiheitlichen Rechtsstaates sind vor allem bei den Neonazis zu finden.
Aber wir erfahren nicht selten, dass couragierte Bürger und Bürgerinnen, die sich dem aggressiven, menschenverachtenden Verhalten von Neonazis entgegen stellen und diesen Missstand nicht mehr hinnehmen wollen, oftmals von der Polizei und den politischen Verantwortlichen in Stich gelassen werden und keine Unterstützung erhalten.
Demokratische Gruppen, die sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagieren, werden im Rahmen der ´Extremismus`- Klausel kriminalisiert und an ihrer Arbeit gehindert.
Diesen Menschen gebührt unsere Achtung und Unterstützung in Ihrem Einsatz und Widerstand gegen die rechtsradikalen Strömungen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann Rechtsextremismus nur durch eine starke Demokratie von unten bekämpft werden. Dabei müsse vor allem lokalen Initiativen der Rücken gestärkt werden, hieß es im Antrag der Bundesdelegiertenkonferenz des grünen Bundesvorstands vor zwei Wochen.

Ich fordere daher alle demokratischen Parteien auf, gemeinsam gegen Terrorismus, Intoleranz, Rassismus und Gewalt  Flagge zu zeigen und erhoffe mir die Unterstützung und die Förderung bürgerlichen Engagements und Zivilcourage gegen rechtsradikale, fremdenfeindliche, antisemitische, menschenverachtende  und faschistische Parteien und Gruppierung.

Darüber hinaus fordere ich strafrechtliche Verfolgung jeglicher rassistisch bzw. rechtsradikal motivierter Übergriffe.

Ich möchte den Familien, deren Väter, Ehemänner, Brüder, Söhne und Tochter Mordopfer von rechtsextremistischen  Neonazis geworden sind, mein Beileid aussprechen und Ihnen versichern, dass wir uns als Grüne für die lückenlose Aufklärung der Mordserie einsetzen werden.
Kampf dem Rechtsradikalismus und Faschismus in Deutschland

Vielen Dank!!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Michael Hermund

Die mörderischen Aktivitäten der Zwickauer Terrorzelle und ihrer Unterstützer offenbaren dramatische Versäumnisse des Verfassungsschutzes. Trotz all seiner Aktivitäten ist es nicht gelungen, die rechtsextremistischen Organisationen und Netzwerke frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Wir fordern eine umfassende und lückenlose Aufklärung der Mordserie sowie aller Fahndungspannen. Die dafür Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
Egoismus, Ellenbogenmentalität, Gier und Profitdenken haben das gesellschaftliche Klima vergiftet. Der Rechtsextremismus ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Neonazis nutzen soziale Ungerechtigkeiten für ihre rassistischen Ziele, indem sie eine Ethnisierung sozialer Probleme betreiben.
Wo andere zivilgesellschaftliche Kräfte nicht mehr präsent sind, können Rechtsextreme Fuß fassen. Dabei arbeiten sie nicht nur mit brutaler Gewalt und Einschüchterung, vielfach geben sie sich bürgerlich und bieder. Auch das Internet ist zum Tummelplatz von Rechtsextremisten geworden.
Hier können sie ungestört ihre menschenverachtende Propaganda verbreiten. Damit zielen sie vor allem auf junge Menschen.
Auch Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter wurden und werden Opfer von Angriffen. Rechtsextremisten bedrohen in zunehmendem Maße freie Gewerkschaftsarbeit. Der Rechtsextremismus ist eine Gefahr für die Demokratie und das Zusammenleben in Vielfalt, das unser Land auszeichnet und wirtschaftlich stark gemacht hat.
Staatliche Behörden sind gefordert, konsequent und unnachgiebig neonazistische Umtriebe zu verfolgen. Hier erwarte ich mehr Gespür der Staatsanwaltschaft.
Wir fordern:

  • ein Verbot der NPD und aller neonazistischen Organisationen,
  • ein entschiedenes Vorgehen gegen Nazi-Seiten im Internet.
  • Prävention ist wichtig. Jugendverbände leisten eine wertvolle partizipative Arbeit. Hier müssen auch die kommunalen Mittel gesichert und ausgebaut werden.

Der Kampf gegen den Rechtsextremismus darf sich nicht in Betroffenheitserklärungen, Sonntagsreden und Wahlkampfaktionen erschöpfen. Die Politik muss gerade angesichts der Euro-Krise die Ängste der Menschen ernst nehmen und soziale Ungerechtigkeiten beseitigen, die Integration fördern und die gesellschaftliche Teilhabe aller verbessern. Das Relativieren und Verdrängen muss ein Ende haben. Faschismus ist keine Meinung, die Taten keine „dummen Jungen Streiche“ sondern Verbrechen!
Initiativen, Projekte und Organisationen, die sich den Neonazis tagtäglich widersetzen und ihre Opfer beraten, brauchen finanzielle Unterstützung. Überlassen wir den Nazis keine öffentlichen Räume. Die großartige Demonstration in Langendreer hat gezeigt, zivilgesellschaftliches Engagement ist notwendig und erfolgreich. Zeigen wir dass wir den Nazis entschlossen entgegentreten. Überall. Am kommenden Dienstag lädt die Initiative „Langendreer gegen Nazis“ um 19.30 Uhr in den Bahnhof Langendreer ein.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir stehen ein für ein Bochum, in dem alle ohne Angst verschieden sein und sicher leben können. Wir bekennen uns zu den Grundwerten Freiheit und Gleichheit, Solidarität und Gerechtigkeit, Respekt und Würde. Deshalb kämpfen wir gegen die rechtsextreme Ideologie. Wir wollen den Schulterschluss mit anderen gesellschaftlichen Kräften – Gemeinsam Flagge zeigen gegen Nazi-Terror, Rechtsextremismus und Unmenschlichkeit.


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Cigdem Deniz Sert

„Die Vernichtung des Faschismus mit seinen Wurzeln, der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“, so lautet der Schwur der befreiten Gefangenen aus dem Konzentrationslager Buchenwald. An Aktualität hat er nicht verloren; erst recht nicht in diesen Tagen, an denen wir erschreckende Nachrichten über rassistische Morde in diesem Land hören.
Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
auch an dieser Stelle gilt es, keine Betroffenheitspolitik zu machen und sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Diese erschütternden Entwicklungen sind kein „migrantisches“ Problem, sondern eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit. Es betrifft uns alle! Es betrifft alle antifaschistischen Kräfte; denn eines haben wir aus der Geschichte gelernt – es ist immer nur eine Frage der Zeit, bis es uns alle trifft, wenn wir den neonazistischen Übergriffen  nicht sofort und geschlossen entgegentreten!
Ebenso ist uns klar, dass es sich bei diesen Morden nicht um „Pannen“ oder „Betriebsunfälle“ eines einzelnen Verwaltungsapparates oder gar um „Fehlverhalten“ einzelner Beamter oder V-Leute handelt, sondern dass hinter diesen Morden eine rassistische Struktur und Systematik steckt.

Liebe Bochumerinnen und Bochumer, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
wir vom Bochumer Forum für Antirassismus und Kultur fordern daher, die lückenlose Aufklärung der rassistischen Morde an 9 Menschen sowie aller weiterer „ungeklärter“ Übergriffe durch Neofaschisten.
Wir fordern die öffentliche Untersuchung der Rolle aller involvierten staatlichen Stellen, allen voran des Verfassungsschutzes. Die Verantwortlichen müssen, nicht zuletzt aus Respekt vor den Opfern und den Angehörigen, zur Rechenschaft gezogen werden. Die lücken- und schonungslose Aufklärung der faschistischen Morde ist die Pflicht aller, die sich in der Verantwortung sehen, Demokratie und Menschenrechte zu achten.
Wir fordern die konsequente Bekämpfung von Rassismus und neonazistischen Strukturen sowie die Förderung von antirassistischer Arbeit als eine gesamtgesellschaftliche Haltung und Verpflichtung.
Wir fordern die Verachtung von Ideologien, die von „Döner-Morden“ sprechen und Menschen unter Generalverdacht stellen; die Rassismus schüren und salonfähig machen. Das höchste Gut der Verfassung „die Würde des Menschen ist unantastbar“ wurde verletzt. Die Würde hunderter Menschen wurde längst angetastet. Wir fragen uns: wo waren die Verfassungsschützer?
Wir fordern den sofortigen Stopp der öffentlichen Finanzierung von faschistischen Organisationen, Parteien und der V-Leute sowie das Verbot aller faschistischen und rassistischen Parteien und Organisationen.
Es ist höchste Zeit, die neofaschistische Gefahr zu erkennen und ihr gemeinsam entgegenzutreten!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Carina Gödecke

Es gilt das gesprochene Wort

Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
sehr verehrte Damen und Herren,
mein Urgroßvater wurde als aktiver Sozialdemokrat von den Nazis erst verhaftet und dann ins KZ gebracht. Mein Vater musste als 17-Jähriger Soldat werden und wurde dann in den Krieg geschickt. Ich selbst habe Buchenwald und Dachau besucht, und ich war nach dem Brandanschlag in Solingen. In Jad Washem habe ich nach kurzer Zeit mit den Tränen gekämpft und gespürt, was es heißt Nachkriegskind aus Deutschland zu sein.
Und – ich wohne im Bochumer Osten. Dort wo rechtes Gedankengut, rechte Schmierereien, rechte Pöbeleien, rechte Hetze, und rechte, gewalttätige Übergriffe ein friedliches Zusammenleben unmöglich machen. Dort, wo sich Menschen unterhaken, zusammenschließen und wehren. Dort, wo wir gemeinsam nicht zulassen werden, dass Rechte den Stadtteil terrorisieren und so für sich vereinnahmen wollen.
Niemand braucht die Rechten und Niemand will die Rechten. In unserer Mitte ist für die kein Platz.
Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
seit wenigen Wochen ist in Deutschland nichts mehr so wie vorher. Mindestens zehn Menschen wurden von polizeibekannten Rechtsextremisten heimtückisch ermordet. Mitten in Deutschland. Skrupellos, ohne jede menschliche Regung.
Und damit nicht genug. Morde, Bombenanschläge, brutale Gewalt und purer Terror haben über Jahre unentdeckt, aber unterstützt und damit geschützt in unserem Land verübt werden können. Polizei, Verfassungsschutz und Justiz haben weder die Zusammenhänge dieser Verbrechen noch die wahren Motive der Täter und Mörder erkannt. Schlimmer noch: Viele der Ermordeten wurden schnell und falsch zu Opfern organisierter Kriminalität erklärt.
Wir Sozialdemokraten sind fassungslos und erschüttert, dass das geschehen konnte. Wir schämen uns für die schweren Fehler, die bei den Ermittlungen gemacht wurden. Wir schämen uns für unsere eigene Leichtgläubigkeit, dass wir den hastigen Ausschluss rechtsextremer Motive nicht hinterfragt haben.
Den Opfern des rechten Terrors und ihren Familien gilt in diesen Tagen, in denen das Leid, die Ängste und die Verzweiflung wieder allgegenwärtig werden, unser Mitgefühl. Und wir entschuldigen uns aufrichtig bei denen, die sich in ihrer Angst vor rechter Gewalt nicht richtig wahrgenommen gefühlt haben, bei denen wir zu schnell zugelassen haben, dass die falschen Schlüsse gezogen wurden. Statt den ausländerfeindlichen und damit rechten Hintergrund der Morde und Anschläge zu sehen, haben wir uns auf andere Erklärungsmuster eingelassen. Damit haben wir den Opfern großes Unrecht getan. Das tut uns aufrichtig leid.
Liebe Bochumerinnen und Bochumer,
Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus müssen mit aller Härte bekämpft und nicht durch Wegsehen geduldet werden. Nie wieder darf so etwas in Deutschland geschehen. Das sind wir den Opfern der rechten Gewalt und ihren Familien schuldig.
Deshalb heißt es heute tausendfach Flagge zu zeigen gegen Rechts. Heute heißt es Nein zu sagen. Nein zu Neonazis in Langendreer und in unserer Stadt. Nein zu Neonazis in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland. Nein zu rechtem Terror und rechter Gewalt.
Und gleichzeitig sagen wir Ja. Ja zum NPD-Verbot, weil wir keine gewaltbereite, verfassungsfeindliche, mit Steuergeldern finanzierte rechtsextreme Partei wollen.
Wir sagen Ja zu einer schonungslosen Aufklärung und Aufarbeitung, um die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen und um Veränderungen und Reformen einleiten zu können.
Wir sagen Ja zu einer besseren und engeren Zusammenarbeit aller verantwortlichen Stellen und Einrichtungen.
Wir sagen Ja zu Aufklärung und Prävention in Schulen und Jugendeinrichtungen. Und Ja zu Aussteigerprogrammen.
Und wir sagen Ja zu Zivilcourage und dem entschlossenen gemeinsamen Handeln.
Flagge zeigen heißt: Wir sind Bochum, Nazis sind es nicht. Das war schon immer so in unserer Stadt und das wird auch so bleiben.
Gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam zeigen wir Flagge!


Samstag 10.12.11, 15:00 Uhr
Redebeitrag auf der Kundgebung “Flagge zeigen gegen rechten Mordterror" am 10. 12. 2011 vor dem Bochumer Rathaus von

Friederike Müller
in Vertretung von Kemal Bozay

Seit Wochen berichten Medien über die Terrorakte der rechtsextremistischen und neofaschistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gegen Migranten.
Wir alle sind bestürzt und entsetzt. Seit mehr als 14 Jahren werden im gesamten Bundesgebiet Migranten ermordet, Terroranschläge in Stadtteilen mit hohem Migrationsanteil verübt und Banken ausgeraubt – weder Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt noch die Landeskriminalämter sahen hier Zusammenhänge zu organisierten rechtsextremistischen Szene.
Stattdessen wurden hinter diesen Mordanschlägen sog. islamistische und „ausländerextremistische“ Motive gesucht, ohne überhaupt einmal genauer zu recherchieren.
Es ist unbegreifbar, dass rechtsextreme Organisationen in diesem Lande frei agieren können. Und bedenklicher ist es, dass der Verfassungsschutz offensichtlich direkte Verbindungen in dieses rechtsextreme Milieu unterhält. Allerdings ist das nur die Spitze des Eisbergs: Mehr als 150 Menschen wurden seit 1990 Opfer von rechtsextremer Gewalt.
Eines steht fest: Deutschland steht nach Offenlegung dieser Tatsachen vor der Demokratiefrage. Es ist sehr wichtig, klarzustellen, in wie weit wir es begreifen, diese Anschläge als ein Angriff auf die gesamte Demokratie zu verstehen.
Auch die Medien haben gezeigt, dass man selbst die Opfer noch diffamieren kann, indem man diese Terroranschläge als „Dönermorde“ präsentierte.
Darin zeigen sich rassistische und diskriminierende Einstellungen, die ihre Wurzeln auch in der Mitte dieser Gesellschaft haben.
Nach den Brandanschlägen der 90er Jahren die in Mölln und Solingen bleibt es unfassbar, dass solche Terroranschläge weiter fortgesetzt werden konnten.

Aber es gibt auch geistige Brandstifter.
Nicht zuletzt die durch Thilo Sarrazin ausgelöste Debatte um Migration und Integration und seine rassistischen Darstellungen haben einen Nährboden für Rechtsextremismus und Rechtspopulismus hierzulande geschaffen.
Alle gesellschaftlichen Kräfte stehen vor der Herausforderung gemeinsam gegen Rechtsextremismus und -populismus zu handeln. Deutschland steht vor der Herkulesaufgabe, für ein Verbot aller rassistischen und neofaschistischen Parteien und Organisationen zu sorgen, sowie einen sofortigen Stopp von finanziellen Unterstützungen dieser Organisationen durch unsere Steuergelder herbei zu führen.
Die Innenpolitik mit ihren gesamten Apparaten ist aufgefordert, ein transparentes Verfahren gegen die Terrorgruppe „NSU“ und ihre Hintermänner zu führen. Auch die staatlichen Stellen, die in Verbindung zu diesem Spektrum stehen, müssen Rechenschaft abgeben.
Aufrichtige Entschuldigungen über das Versagen der Sicherheitskräfte und die Entschädigungen an die Familien der Opfer sollten selbstverständlich sein.
Wir müssen endlich eine aktive soziale und politische Gleichstellung der Migranten zu einer Querschnittsaufgabe dieser Gesellschaft machen.

 

 

 

 


Offener Brief von Dr. Ralf Feldmann an die Schulministerin
Montag 05.12.11, 13:52 Uhr

Sanktionen gegen SchülerInnen in Bochum nach Teilnahme an der Bildungsstreik-Demonstration

Sehr geehrte Frau Ministerin,
Bochumer Schulleitungen reagieren auf die Teilnahme von Schülerinnen und Schülern an der Bildungsstreik-Demonstration am 17. November mit Repressionen. Die Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (BSZ) berichtet in ihrer Ausgabe vom 30.11.2011, dass das Fernbleiben vom Unterricht als unentschuldigtes Fehlen vermerkt wird. Es ist zu befürchten, dass demnächst die Stunden unentschuldigten Fehlens auf den Abgangszeugnissen der 10. Klassen erscheinen. Damit, so der BezirksschülerInnensprecher Jonathan Röder, „versaut einem die Schulleitung potentiell die Zukunft“.
Der Schulleiter der Maria Sibylla Merian-Gesamtschule in Wattenscheid wird mit den Worten zitiert: “Das Schulgesetz NRW lässt uns keine andere Wahl, daran müssen wir uns halten“ Die Teilnahme an einem Schulstreik sei kein Entschuldigungsgrund. Damit folgt er offenbar einer Information und Rechtsauskunft, die die Bezirksregierung Arnsberg vor dem Schulstreik im Sommer diesen Jahres in Abstimmung mit Ihrem Ministerium an die Schulen weitergeleitet hatte. Danach sei jegliche Teilnahme an einem Schulstreik ein Verstoß gegen die Schulpflicht und deshalb rechtswidrig. Immerhin berichtet die BSZ auch darüber, dass in Köln ganze Klassen an der dortigen Bildungsstreik-Demo teilgenommen hätten – ohne Androhung von Repressionen. Und Christoph Söbbeler, der Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg scheint die Rechtslage inzwischen anders zu bewerten, wenn er darauf hinweist, dass Schulen durchaus ihren SchülerInnen die Teilnahme an einzelnen Gedenkveranstaltungen und Demonstrationen auch während der Schulzeit ermöglichen könnten. Es sei jedoch Sache der einzelnen Schule, wie sie ihren pädagogischen Spielraum nutze.
Ich denke, nicht nur pädagogisches sondern ebenso sehr rechtliches Nachdenken tut not. Der Kurzschluss von der im Schulgesetz auf der Ebene des einfachen Rechts normierten Schulpflicht auf ein generelles Verbot, während der Unterrichtszeit an einem Schulstreik teilzunehmen, hält nämlich näherer rechtlicher Prüfung nicht stand. Denn gegen die Pflicht zum regelmäßigen Schulbesuch stehen auf Seiten der Schüler die Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit (Art. 8 und 5 GG). Ein Kernelement dieser demokratischen Urrechte ist das Recht, die Art und Weise einer Meinungskundgebung selbst zu bestimmen und dabei eine Form zu wählen, die Aufsehen erregt und möglichst effektiv ist. Ein Bildungsstreik während des Unterrichts hat nun einmal die Chance einer Fernsehberichterstattung, die Demo nach dem Unterricht wird eher  hinten in der Lokalzeitung notiert werden. Die Grundrechtsmündigkeit von Schülerinnen und Schülern für die beiden demokratischen Urrechte – immerhin dürfen sie inzwischen mit 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen – kann nicht zweifelhaft sein. Auch wenn man der Schulpflicht angesichts der staatlichen Bildungsverantwortung gemäß Art 7 GG ebenfalls Verfassungsrang einräumen will, folgt daraus im Verhältnis zur Versammlungsfreiheit kein Vorrang. Nach gängiger Verfassungsauslegung sind vielmehr beide Prinzipien in praktischer Konkordanz so in Einklang zu bringen, dass die rechtliche Bewertung des Einzelfalles beiden gerecht wird.
Diese Überlegungen müssen Schulleitungen anstellen, wenn sie gemäß § 43 Schulgesetz ihr Ermessen ausüben, ob sie SchülerInnen für die Teilnahme an einer Schulstreik-Demonstration beurlauben können. Dabei ist der in § 2 Schulgesetz umschriebene Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule als leitendes Ermessenskriterium heranzuziehen. Nach § 2 Abs.5 Nr.5 Schulgesetz sollen Schülerinnen und Schüler lernen, die grundlegenden Normen des Grundgesetzes und der Landesverfassung zu verstehen und für die Demokratie einzutreten.
Die zeitweise Beurlaubung von der Schulpflicht zur Ein- und Ausübung demokratischer Urrechte ist  learning by doing und bringt nicht nur gegenläufige Rechtsprinzipien, sondern auch Recht und Pädagogik zu wunderschöner praktischer Konkordanz. Da es um die eigene Grundrechtsmündigkeit der Jugendlichen geht – dies sollte anlog zur Grundrechtsmündigkeit in Religionsfragen beurteilt werden – , kommt es jedenfalls bei älteren SchülerInnen nicht auf einen Unterrichtsbefreiungsantrag der Eltern an. Vor diesem Hintergrund können die bisherigen praktischen Beispiele von Schulstreik-Demonstrationen nicht als rechtswidrige Pflichtverstöße der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler bewertet und bestraft werden.
Das zeitlich begrenzte Unterrichtsversäumnis behinderte die schulischen Bildungsabläufe so gut wie gar nicht, dafür wurde das Lernziel Demokratie mit schönen Teilerfolgen erreicht.
Wenn ich die früheren Hinweise der Bezirksregierung Arnsberg mit dem jetzigen Zitat des dortigen Pressesprechers Söbbeler vergleiche, dann bin ich fast schon so optimistisch anzunehmen, dass dem ein rechtliches und pädagogisches Umdenken bei Ihnen und in Ihrem Ministerium vorangegangen ist, ohne dass dies bisher öffentlich deutlich kommuniziert worden wäre. In Bochum wurde jedenfalls weiterhin mit einem Eintrag ins Klassenbuch reagiert und anfangs sogar an Nachsitzen gedacht. Ich fordere Sie deshalb dringend auf, den Schulleitungen für die Zukunft eine klare am Recht orientierte Handreichung für ähnliche Anlässe zu geben. Vor allem erwarte ich, dass Sie auf die Schulleitungen Einfluss nehmen, den Schülerinnen und Schülern wegen der Wahrnehmung demokratischer Grundrechte nicht „die Zukunft zu versauen“.
Ich will es nicht bei einem rechtlichen Kommentar belassen. Auch wenn ich aus dem letzten Landtagswahlkampf gerade Ihre Offenheit zur rechten bürgerlichen Mitte schlecht in Erinnerung habe, kann ich mir  immer noch nicht vorstellen, dass eine grüne, in ihrem früheren Berufsleben gewerkschaftlich engagierte Schulministerin die Lernziele Anpassung und Gehorsam – wilhelminisch regressiv, aber den Märkten geschuldet – über das Lernziel Demokratie stellen könnte. Als Gewerkschafterin kennen und schätzen Sie in wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konflikten das unverzichtbare, oft viel zu schwache Kampfmittel derer, die sonst wenig oder nichts haben: Versammlungsfreiheit und Streik. Sorgen Sie dafür, dass sich Schülerinnen und Schüler in einem demokratischen Schulsystem darin üben können.

Mit freundlichem Gruß

Ralf Feldmann
Mitglied der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Bochum
und des Ausschusses für Bildung und Wissenschaften


Bärbel Schäfer, Lehrerin an der Realschule Höntrop zur Ausstellungseröffnung in ihrer Schule am 21.11.2011
Mittwoch 23.11.11, 18:49 Uhr

„Neofaschismus in Deutschland“

Eine wichtige Aufgabe der pädagogischen Arbeit in der Realschule Höntrop ist die Erziehung der Schülerinnen und Schüler die Würde des anderen unabhängig von seiner Nationalität, Hautfarbe oder Religion zu achten und zu respektieren.
Werteerziehung hat einen festen Platz im Lehrplan und in der Stundentafel unserer Schule. Inhaltliche Themenschwerpunkte sind u.a. höfliches, respektvolles Benehmen, Achtung der Mitschüler, Umgang mit Konflikten und Aggressionen, Lösungsstrategien, Auseinandersetzung mit Gewalt in der Schule, zu Hause und in der Freizeit.
2010 haben wir für ein Jahr den Abrahampokal, bei dem es um Toleranz und Verständnis gegenüber anderen Religionen und Völkern geht  mit Leben gefüllt mit Fotoausstellungen, Gedichten, in denen die Schüler/innen  ihr Verständnis von Toleranz  und dem gemeinsamen Miteinander kreativ zum Ausdruck brachten, Entfernen von Nazischmiererein an einer Trafostation in der Südstr., gemeinsames Kochen von landestypischen Gerichten verschiedener Nationalitäten,Tänze  unterschiedlicher ethnischer Gruppen, einer Ausstellung „der Weg in den Untergang“, die eindrucksvoll an die Greueltaten des Naziregimes erinnerte.
Am 9. November gestalteten Schüler/innen des katholischen Religionskurses  der Klasse 10 die Gedenkveranstaltung mit der Aufführung „Wehret den Anfängen“ mit.
Die Ausstellung Neofaschismus in Deutschland leistet besonders vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Wochen einen wichtigen Beitrag, dass sich die Schüler des in unserer Gesellschaft vorhandenen Neonazismus, seiner Vorgehensweise, seiner Parolen, seiner Taten bewusst werden und die Gefahren, die von ihm ausgehen, erkennen. Um das Erstarken rechtsextremer Kräfte zu verhindern, den Anfängen zu wehren, ist es dringend erforderlich, Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn nur wenn man sich der Gefahr bewusst wird, sie kennt und erkennt, kann man sie bekämpfen.
Ich hoffe diese Ausstellung sät ein Korn, das wächst im Kampf gegen Rechts. Liebe Schüler/innen sagt dem Neonazismus den Kampf an. Seht nicht weg, wenn Menschen auf offener Straße beleidigt oder diskriminiert werden. Rassismus fängt im Kleinen an und steckt in vielen von uns. Beschimpfungen wie Kanakke sind Ausdruck davon . Wehret den Anfängen. Lasst euch nicht von den primitiven Parolen „Ausländer raus, die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“einlullen.
Wisst ihr eigentlich in welcher Stadt ihr lebt? In Wattenscheid befindet sich die Landeszentrale der NPD. Ihr Vorsitzender ist Mitglied im Rat der Stadt Bochum. Viele Menschen haben ihn gewählt. Im letzten Jahr wurden die Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Wattenscheid mit Hakenkreuzen geschändet. Jahrelang wurden Menschen bedroht und tätlich angegriffen. Am vorletzten Sonntag legten Mitglieder der NPD einen Kranz am Ehrenmal in Wattenscheid nieder und eröffneten ihre Ansprache mit dem Hitlergruß.. Ich wünsche euch ein wenig von dem Kampfgeist von Hannes Bienert von der Wattenscheider Antifa , der heute hier ist. Er ist mittlerweile 83 Jahre alt und hat sein ganzes Leben dem Kampf gegen das Vergessen der Greueltaten der Nazis und die Taten der Neonazis gewidmet. Er hat erreicht, dass in Wattenscheid eine Gedenkstele mit den Namen der deportierten, ermordeten Wattenscheider Juden errichtet wurde. Dem engagierten Auftreten vieler Menschen, des runden Tisch, der Antifa des Bündnisses gegen Rechts ist es zu verdanken, dass die tätlichen Angriffe in Wattenscheid zurückgegangen sind. Das bedeutet aber nicht, dass die Gefahr und Gewalt, die von den Neonazis ausgeht gebannt ist, Die Aktivitäten der Rechten haben sich nach Bochum Langendreer, wo 11 Rechte in S-Bahnhof brutal  eine Gruppe Jugendlicher überfielen und zum Teil schwer verletzten,  bzw. nach Dortmund verlagert.
In unmittelbarer Nähe unsere Schule in Bochum-Dahlhausen haben kürzlich die Grauen Wölfe (Boskurt) ein Lokal eröffnet. Unter dem Deckmantel der Kultur-und Jugendarbeit verbirgt sich jedoch eine rechtsextreme-türkische Organisation, die nationalistisches Gedankengut verbreitet und gegen  ethnische Minderheiten mobil macht.
Werdet zu Menschen, die anderen Menschen mit Respekt und Achtung begegnen und nicht zu Menschverachtern wie die Neonazis. Sagt dem Rechtsextremismus  und den alltäglichen rassistischen  Äußerungen und Taten den Kampf an, egal welcher Nationalität. Ein Mörder ist ein Mörder, ob er aus Deutschland, der Türkei, Polen, Russland oder irgendeinem anderen Land kommt.
Ich gebe jetzt das Wort an Burhan, der seine Gefühle und Eindrücke des Lebens in Deutschland wiedergibt. Der Text ist eigentlich ein Rap-Song, er wird ihn uns vortragen wird.


Uli Borchers vom Bochumer Bündnis gegen Rechts zur Ausstellungseröffnung in der Realschule Höntrop am 21.11.2011
Mittwoch 23.11.11, 18:35 Uhr

„Neofaschismus in Deutschland“

Vor wenigen Tagen haben wir uns erinnert an den 9.November 1938, die Reichspogromnacht.
Es war der erste organisierte Angriff auf die jüdische Bevölkerung im damaligen Deutschen Reich.
Es war der Hitler-Faschismus, der zum Genozid der Juden und zum Zweiten Weltkrieg führte.
Heute reden wir über die Neonazis,
über die militante extreme Rechte,
den „NSU“, den „Nationalsozialistischen Untergrund“ der seit 1998 9 Menschen aus Griechenland und der Türkei ermordet hat.
Die Gruppe aus Zwickau setzte gezielt Gewalt ein gegen Menschen anderer Hautfarbe, Herkunft und Religion.
Aber es sind nicht nur diese Ereignisse, über die aktuell zu reden notwendig ist.
Frankfurter Rundschau und Berliner Tagesspiegel haben dokumentiert, dass seit 1990 mehr als 140 Menschen von Neonazis umgebracht worden sind. Die Beratungsstellen von Opfern rechter Gewalt sprechen sogar von bis zu 170 Menschen.
Die Opfer waren Einzelne, aber angegriffen wurden auch Familien, Flüchtlinge und andere Personengruppen.
1993 wurde ein Brandanschlag auf das Haus der Familie Genc in Solingen verübt. 5 Familienmitglieder sterben.
Hünxe, Mölln, Rostock, sind nur Orte aber gleichzeitig Synonyme für fremdenfeindliche und rassistische Übergriffe und Tote.
Die Täter wurden immer als unpolitische „Einzeltäter“ dargestellt, es sollte aus politischen Gründen keine organisierten Neonazis geben.
Ist es nur merkwürdig oder nicht auch bezeichnend, dass die Gruppe aus Zwickau 13 Jahre lang ungehindert agieren und handeln konnte.
Der Verfassungsschutz ist in Verdacht geraten, von der
Gruppe gewusst zu haben,
nicht konsequent genug verfolgt zu haben,
evtl. sogar an ihrem Untertauchen beteiligt gewesen zu sein.
Zu diesen Punkten und den ungeklärten Fragen findet eine lebhafte Diskussion in Deutschland statt und wir wissen nicht, wann und mit
welchen Ergebnissen diese endet.
Ich kann mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass die militante extreme Rechte von diesen staatlichen Institutionen geschützt, geschont und gedeckt wurde und wird.
Neofaschismus in Deutschland ganz weit weg ???
Die Neonazis sind hier, sie sind in unserer Nähe, in dieser Stadt, sie leben und wohnen mitten unter uns :
die NPD unterhält nach wie vor die Landeszentrale in Bochum-Wattenscheid
in Langendreer sind Nazis aktiv
im Rat der Stadt Bochum sitzt Claus Cremer für die NPD
„Autonome Nationalisten“ siedeln sich in Dortmund-Dorstfeld gezielt an und verbreiten Angst und Schrecken im Stadtteil

Was können wir tun ???
Die Ausstellung soll zeigen,
wer die Neonazis sind,
wie sie agieren, wie sie organisiert sind,
welche Inhalte und Parolen von ihnen vertreten werden.
Die Ausstellung soll aber auch Mut machen,
sich mit Gleichgesinnten zu wehren,
einzuschreiten, wenn jemand beleidigt wird,
zu handeln, wenn es notwendig ist.
Der tägliche Rassismus  durch Neonazis mit Beschimpfungen, Anpöbeleien und körperlichen Attacken ist für die Betroffenen schon schlimm genug und kaum auszuhalten.
Es liegt auch an uns/an Euch, ob sich etwas ändert !
Wir wollen nicht mehr Wegsehen, wenn Neonazis auftreten,
wir wollen aber auch nicht mehr, dass ihre Existenz verharmlost wird.

Nehmen wir das Thema „Neonazis ernst“ !!!!


Rede von Annemarie Grajetzky bei der Kundgebung des Bochumer Friedensplenums am 1. 9. 2011
Donnerstag 01.09.11, 22:00 Uhr

Zum Antikriegstag 2011

Bürger und Bürgerinnen, Freunde und Freundinnen

Am 1.September 1939 hat Nazi-Deutschland Polen überfallen und den zweiten Weltkrieg entfesselt und eine Brand- und Blutspur durch Europa und viele Länder der Erde gezogen. 50 Millionen Tote, das war das Ergebnis von Krieg , Verbrechen und Völkermord.

Ich selber bin 1939 geboren und wuchs in Bielefeld auf und habe die Bombardierung auf Bielefeld hautnah miterlebt. In Bielefeld ist die Fa. Gildemeister – heute unter anderem Namen – eine Rüstungsschmiede. Die Luftangriffe auf Bielefeld galten auch der Rüstungsindustrie. mehr…


Antrag zur BezirksschülerInnenkonferenz am 24. Juni 2011 in Bochum
Freitag 24.06.11, 15:00 Uhr

Bundeswehr raus aus Schulen – sofort!

1. Die BSV Bochum spricht sich gegen die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Wehrbereichskommando II und dem Schulministerium NRW aus! Ziel der Arbeit der BSV Bochum ist es, durch inner- und außerparlamentarische Arbeit die Kooperationsvereinbarung aufzulösen und somit die Präsenz der Bundeswehr in der Schule zu reduzieren und durch weitere Schritte schließlich zu beenden.

2. Die BSV Bochum lehnt die Präsenz der Bundeswehr auf Berufsbildungsmessen und / oder anderen Messen ab! Der Bundeswehr sollte kein exponierter Raum für Ihre Propaganda geben werden! Wir, Bochumer Schülerinnen wissen das die Bundeswehr kein Normaler Arbeitgeber ist und sie deswegen nicht auf Berufsmessen werben sollte, vor allem nicht unter Vortäuschung falscher Tatsachen, oder dem Verschweigen wichtiger Informationen. Einige häufig nicht dargestellte Tatsachen sind, dass mensch durch die Arbeit bei der Bundeswehr, seine eigenen und die Grundrechte anderer Menschen einschränkt und das Töten von Menschen unterstützt oder aktiv durchführt. Für uns als BSV ist es oberstes Ziel einen Zivilgesellschaftlichen Raum ohne Einflussnahme der Bundeswehr zu schaffen!

3. Die Bezirksschüler Innenvertretung Bochum fordert, dass der Etat für die Jugendoffiziere, der durch die Aufkündigung des Kooperationsvertrages eingespart wird, in die Bildungsinstitutionen des Landes NRW fließt. Für uns gilt der Grundsatz „Rauf mit der Bildung – runter mit der Rüstung!“.

4. Als Bochumweite Schüler_innenvertretung schließt sich die BSV Bochum den Beschlüssen der Landesschüler_innenvertretung NRW zum Thema „Bundeswehr raus aus Schulen!“ an und wird diese bei ihrer Umsetzung aktiv unterstützen.

5. Die BSV Bochum wird sich aktiv mit anderen Institutionen und Gruppen, die den Kooperationsvertrag ebenfalls ablehnen, in Verbindungen setzen und wenn möglich in Kooperation mit diesen arbeiten.


Vortrag von Wilfried Korngiebel bei der Mahnwache Fukuschima ist überall am 30. 5. 2011 in Bochum
Dienstag 31.05.11, 16:32 Uhr

Der atomare Sicherheitsdiskurs

Während in den Atomanlagen von Fukushima die Kernschmelzen noch längst nicht unter Kontrolle sind und die gesamte Region dort auf unabsehbare Zeit verstrahlt ist, bemühen sich hierzulande die großen Energiekonzerne und die führenden Politiker, den Super-GAU schnellstmöglich im öffentlichen Bewusstsein zu „normalisieren“. Sie arbeiten dabei mit verschiedenen semantischen Tricks, um einen Meinungsumschwung in der Bevölkerung bzw. ein Vergessen der tagtäglichen Gefahren zu bewirken. So versuchen sie, Atomrisiken zu relativieren und andere, unvergleichbar geringere Risiken künstlich hochzuspielen. mehr…


Redebeitrag von Eckhard Stratmann-Mertens, attac, auf der regionalen Anti-Atom-Demonstration in Essen (Kennedy-Platz) am 28.5.2011
Montag 30.05.11, 09:08 Uhr

Viele Stadtwerke sind Komplizen der Atomwirtschaft

(Der Text ist die Rekonstruktion einer freien Rede.)

Liebe Atomkraftgegnerinnen und -gegner!

Wir sind uns alle einig in der Forderung nach einem schnellstmöglichen Atomausstieg und einer EnergieWende. „Schnellstmöglich“ ist aber eine Gummiformel und auch der Begriff EnergieWende ist nicht klar. Ich möchte ein paar Präzisierungen anbringen.

1. Sofortausstieg aus der Atomenergie bis 2013

Heute berät die Ethik-Kommission der Bundesregierung über den Zeitraum des Atomausstiegs. Ihre Empfehlung läuft auf einen Zehn-Jahres-Korridor für den Ausstieg hinaus, d.h. dass bis 2021 alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen. Es steht zu befürchten, dass die Bundesregierung am Sonntag kein endgültiges Ausstiegsjahr festlegt und damit der Atomlobby die Hintertür offen lässt, bei passender Gelegenheit wieder eine Verlängerung der Laufzeiten nicht stillgelegter AKWs durchzusetzen.

Unsere erste Forderung muss daher eine klare Jahresangabe für die endgültige Stilllegung aller Atomkraftwerke sein.

Fukushima hat gezeigt, dass bei jedem Atomkraftwerk auf der Welt jederzeit ein GAU bzw. ein Super-GAU eintreten kann. Daher ist für uns ein Ausstieg in zehn Jahren völlig indiskutabel.

Das Umweltbundesamt hat schon vor vielen Wochen eine Studie vorgelegt, die ein Abschalten aller AKWs bis 2017 für möglich hält, und das ohne Probleme für die sichere Stromversorgung, die Stromnetze und tragbare Strompreise. Bis heute hält Umweltminister Röttgen diese Studie unter Verschluss. Die GRÜNEN haben sich per Parteibeschluss diesen Zeitraum für die Abschaltung der Atomkraftwerke zu eigen gemacht.

Die GRÜNEN hatten – damals war ich bei ihnen noch an verantwortlicher Stelle aktiv – nach Tschernobyl ein Konzept vorgelegt, nach dem ein Atomausstieg innerhalb eines Jahres dargestellt und gefordert wurde. Ich frage mich, frage die GRÜNEN und frage euch: Was hat sich nach Fukushima geändert, dass man sich nun für den Ausstieg noch sechs Jahre Zeit lassen will? Die GRÜNEN fordern Sicherheitsnachrüstungen für die AKWs, die nicht sofort stillgelegt werden. Ich bin der Meinung, dass die Milliarden Euro, die dafür erforderlich wären, sinnvoller in die EnergieWende investiert würden.

Die Umweltminister von Bund und Ländern haben in diesen Tagen vorgeschlagen, die sieben Atomkraftwerke, die im Rahmen des Atommoratoriums stillgelegt wurden, samt Krümmel endgültig stillzulegen. Dies ist zu begrüßen. Derzeit sind aber nicht nur acht, sondern dreizehn von siebzehn Atomkraftwerken in Deutschland außer Betrieb. Und wie wir hören, funktionieren die Lautsprecher und noch keine Birne ist in den letzten Tagen ausgegangen.

Es ist daher zu fordern: Diese dreizehn Atomkraftwerke bleiben endgültig stillgelegt. Dann wären´s nur noch vier. Diese vier werden dann bis spätestens 2013, also auf jeden Fall in dieser Legislaturperiode, stillgelegt. Sofortausstieg heißt also Ausstieg bis spätestens 2013.

Die Bundesnetzagentur verbreitet schon für den Fall, dass nur acht AKWs jetzt stillgelegt werden, Horrorszenarien wegen einer Überforderung der Kapazitäten der Stromnetze im Winter mit Schäden in Milliardenhöhe. Was ist zu tun?

2. EnergieWende heißt Stromeinsparung

Es ist unstrittig: EnergieWende bedeutet, dass in Erneuerbare Energien und in Effizienz-technologien investiert wird. Dies kann aber nicht die erste Priorität sein.

Am vergangenen Wochenende war ich in Berlin auf einem Kongress zum Thema Wachstumskritik, den Attac mit vielen Bündnispartnern durchgeführt hat. Es waren dort 2.500 TeilnehmerInnen, sehr viele junge Leute. Bei der vielfältigen Kritik am Wirtschafts-wachstum war auch von der „imperialen Lebensweise“ die Rede: Wir Menschen in den hochindustrialisierten Gesellschaften leben und produzieren, indem wir die Rohstoffe und Ressourcen ausplündern, insbesondere aus den Ländern des Südens, und indem wir mit Abfällen und Abgasen aller Art die Umwelt belasten. Beispiel: der Treibhauseffekt, unter dem arme Länder des Südens mehr als wir zu leiden haben.

Es ist eine Illusion zu glauben, die Erneuerbare Energien seien ökologisch unbedenklich. Die Produktion von Tausenden von Windrädern oder Photovoltaikanlagen verbraucht erhebliche Mengen an Ressourcen und Energie. Diese Art von EnergieWende ist nicht die ökologische Unschuld. Die Konsequenz aus unserer imperialen Lebensweise, ich möchte zuspitzen: aus unserer imperialistischen Lebensweise, muss daher eine EnergieWende sein, die in allererster Linie auf die Einsparung von Strom und Energie setzt. Darauf sollten wir alle politische Phantasie richten. Ein Blick zurück kann dabei helfen.

1973: Auf den israelisch-arabischen Jom-Kippur-Krieg folgte der erste Ölpreisschock. Daraufhin gab es in der Bundesrepublik im November und Dezember vier autofreie Sonntage, um Öl zu sparen. Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir dies in Frankfurt genossen haben. Was spricht dagegen, heute pro Monat einen autofreien Sonntag einzuführen? Wir erinnern uns, wie im Sommer vergangenen Jahres die A 40 für einen Tag gesperrt war und man auf ihr das Gefühl von Ruhrgebietsgemeinschaft erleben konnte. Wenn die Wirtschaft in vielen Städten einen verkaufsoffenen Sonntag pro Monat fordert, sollten wir dagegen einen autofreien Sonntag im Monat fordern.

1980: Da wurde in Westdeutschland – wie in einigen EG-Ländern zuvor – die Sommerzeit eingeführt, und zwar zu dem Zweck, durch die Verlängerung der hellen Tagzeit Energie zu sparen. Wir haben uns längst daran gewöhnt.

Wir sollten alle unsere politische Phantasie darauf richten, Vorschläge zur Einsparung von Strom und Energie zu entwickeln. Durch eine politische Gestaltung des Strompreises könnte erheblich Strom gespart werden: Ein Grundbedarf an Strom steht preisgünstig zur Verfügung, insbesondere für die Armen in der Gesellschaft, darauf aufbauend steigt der Strompreis mit zunehmendem Verbrauch, analog zur progressiven Einkommensteuer. Dann hätte der elende Stand-by-Betrieb ein Ende, womit wir allein ein bis zwei Atomkraftwerke wegsparen könnten. Und in den Dezember-Monaten, der Zeit mit dem höchsten Stromverbrauch, ist es besser, die Produktion von Aluminium, Stahl und Zement kurzfristig runter zu fahren als Atomkraftwerke hoch zu fahren.

3. Demokratische Energiewirtschaft

Was für eine Art von Energiewirtschaft braucht die EnergieWende?
Vor wenigen Tagen warnte Jürgen Großmann, der Vorstandsvorsitzende von REW, dem wir ja gleich einen Besuch abstatten, vor dem Wirtschaftsrat der CDU davor, dass selbst bei einem Atomausstieg, wie ihn die Bundesregierung unter Angela Merkel plane, in Deutschland eine Ökodiktatur drohe. Gerade Großmann warnt also vor einer Ökodiktatur.

Ich sage: Ökodiktatur ist, wenn RWE und die anderen Atomkonzerne gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung den Betrieb von Atomkraftwerken mit Zähnen und Klauen verteidigen. Ökodiktatur ist, wenn RWE in der Braunkohleregion zwischen Köln und Aachen ganze Dorfgemeinschaften, die über lange Zeit gewachsen sind, zwangsumsiedeln lässt, um an die billige Braunkohle zu kommen.

Wir brauchen eine demokratische Energiewirtschaft. Und die ist dezentral und kommunal. Die Energie muss nach Möglichkeit dezentral, vor Ort, produziert werden. Es macht keinen Sinn, in der Nord- und Ostsee riesige Windparks zu bauen, um von dort den Strom mittels hunderte von Kilometer langen Stromleitungen nach Süddeutschland zu transportieren, Stromleitungen, die dann gegen den Widerstand vor Ort durchgesetzt werden müssen. Und diese riesigen Windparks konservieren dann wieder die Macht der Stromkonzerne, die diese errichten.

Die Stromkonzerne müssen wie auch die Ölkonzerne entflochten werden. Und die Stromnetze müssen vollständig von den Stromerzeugern getrennt werden, damit diese auf die Stromnetze keinerlei Einfluss ausüben können.

Wir brauchen starke kommunale Stadtwerke. Aber nicht so, wie sie sich heute darstellen. Viele Stadtwerke im Ruhrgebiet und Rheinland – von Duisburg über Essen, Bochum bis Dortmund – sind mit Aktienpaketen an RWE beteiligt und beziehen über 20 Prozent ihres Stroms, den sie an die Haushaltskunden weiter verteilen, aus Atomkraftwerken. Diese Stadtwerke sind Komplizen der Atomwirtschaft. Zum Beispiel erhalten die Stadtwerke Bochum aus ihren RWE-Aktien jährlich über 20 Millionen Euro an Dividende, auf die sie nicht verzichten wollen. In Bochum hat sich nach Fukushima ein Bündnis „Bochum atomstromfrei“ gegründet. Vor einer Woche hat sich der Mieterverein Bochum diesem Bündnis angeschlossen. Wir fordern: Die Stadtwerke sollen kurzfristig – innerhalb von ein bis zwei Jahren – auf den Bezug von Atomstrom verzichten und ihren Aktienanteil an RWE verkaufen. Dann hätten sie auch die Finanzmittel, um stark in die EnergieWende zu investieren, ohne sich die Mittel teuer auf dem Kapitalmarkt beschaffen zu müssen. Wir fordern: Stadtwerke – raus aus Atomstrom und RWE. Und solange die Stadtwerke dies nicht tun, fordern wir ihre Kunden auf, den Stromanbieter zu wechseln.

Wer von euch dies noch nicht getan hat, sollte dies noch an diesem Wochenende tun. Es geht schnell per online.

Atomausstieg bedeutet also einen Dreischritt:

  1. Sofortausstieg bis spätestens 2013
  2. EnergieWende heißt in erster Linie Einsparung von Strom und Energie.
  3. Eine demokratische Energiewirtschaft mit starken Stadtwerken. Und wenn die nicht wollen, dann Stromanbieterwechsel sofort!

Ich danke euch.


Zusammenfassung des 4. Ratschlages für ein Sozialticket
Mittwoch 25.05.11, 07:43 Uhr

Mindestanforderungen an ein Sozialticket

  • Monatskarte im Barverkauf evtl. Kurz-ABO (3 Monate)
  • Geltungsbereich Preisstufe A 1 bzw. A 2, also innerhalb eines Stadtgebietes oder Landekreises
  • Berechtigung zum Erwerb eines Zusatzticket
  • Zeitlich rund um die Uhr (kein 9-Uhr Ticket)
  • Berechtigte:Alle Haushalte mit Einkünften Unterhalb der Armutsgrenze (110 % des Regelsatzes Hartz 4)
  • Preis nicht höher als 15 €

Wünschenswert:

  • Übertragbarkeit
  • Mitnahmemöglichkeit (Abends und Wochenende)

Anregung an den VRR:
Eine Marktforschung mit dem Ziel: preiswerte Lösung und zur Reduzierung der Kosten (Allein dadurch konnte der Preis in Köln um mehr als 50 % gegenüber dem Normalticket gesenkt werden)

Direkte Zielgruppenansprache und Werbung mit dem Ziel viele neue Kunden zu erreichen (Werbung per Post an alle Berechtigten)
Zielgruppe als Potential für mehr Umsatz sehen


Begrüßungsrede von Michael Hermund, DGB, auf dem 4 Ratschlag für ein Sozialticket am 23. 5. 2011
Mittwoch 25.05.11, 06:11 Uhr

Das Sozialticket ist machbar, wenn es politisch gewollt wird

Vor mehr als einem Jahr haben wir in unserer Initiative für ein Sozialticket hier in diesem Haus zusammengesessen und überlegt, wann wir die Partybahn der BOGESTRA anmieten, um die Einführung des Sozialtickets im VRR zu feiern.

CDU und Grüne hatten Anfang 2010 im VRR vereinbart,
dass es zum 1. August ein Ticket für 15 Euro geben soll.
Das war zwar nicht das, was wir als Sozialticket gefordert hatten. Aber immerhin, es hätte ein Schritt in die richtige Richtung sein können.
Ich sage „hätte“. Denn es kam völlig anders.

Die Verkehrsbetriebe starteten eine regelrechte Kampagne gegen das Sozialticket.
Wider besseren Wissens wurden die unglaublichsten Argumente in Stellung gebracht, warum ein Sozialticket unbezahlbar sei.
Die CDU knickte ein, und rückte von ihrer Koalitionszusage mit den Grünen ab. Erst nach einer Marketingstudie sollte neu überlegt werden, wie das Ticket aussehen sollte. Als neuer Termin wurde der 1.1. 2011 versprochen.

Die SPD im VRR zeigte hämische Freude, dass die Grünen von der CDU über den Tisch gezogen worden waren.
Die CDU hatte mit Grüner Hilfe ihre Pöstchen im VRR behalten, aber die Grünen hatten das von der CDU versprochene Sozialticket nicht erhalten.
Von verantwortungsvollen Politikerinnen und Politikern in der SPD hätte ich erwartet, dass sie die Taktierereien hinten an stellen, an die betroffenen Menschen denken und das umsetzen, was sie versprochen haben, als sie noch keine Mehrheit im VRR hatten.

Seit der letzten Kommunalwahl gibt es eine Mehrheit von SPD und Grünen im VRR, die von heute auf morgen das umsetzen könnte, was SPD und Grüne immer versprochen haben, Nämlich die Einführung eines Sozialtickets.

Im Landtag stellen SPD und Grüne Gelder für ein Sozialticket zur Verfügung und im VRR sind sie unfähig bzw. unwillig, ein Sozialticket einzuführen, das diesen Namen auch verdient.

Ich finde es erbärmlich, dass CDU, SPD und Grüne im VRR wegen persönlicher Eitelkeiten und bornierten Taktierereien die Einführung eines Sozialtickets blockieren. Dies passiert auf dem Rücken der Ärmsten in unserer Gesellschaft. Ihnen wird das Grundrecht auf Mobilität vorenthalten. Die Verantwortlichen sollten sich schämen.

Wir werden mit unserem heutigen 4. Ratschlag zum Sozialticket deutlich machen, dass all die Argumente, die die Koalition der Unwilligen im VRR gegen das Sozialticket auffahren, nicht stichhaltig sind.
Die betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Aspekte wird Prof. Dr. Bontrup in einem Einstiegsreferat beleuchten.

Wir werden einen Rückblick auf die Erfolgsgeschichte des Dortmunder Sozialtickets – ich meine das Sozialticket der ersten zwei Jahre – unternehmen. Schließlich wollen wir nach Hannover blicken. Dort gibt es ein Almosenticket, das die SPD jetzt auch im VRR einführen will.

Ein Schwerpunkt unseres Ratschlages soll es sein, Lehren aus den Beispielen zu ziehen, wo es Sozialtickets gibt.
Keines dieser Beispiele genügt allen Anforderungen, die wir haben. Aber an unterschiedlichen Lösungen lässt sich aufzeigen, dass alles das, was wir fordern, umsetzbar ist, wenn es denn politisch gewollt ist.

Stefan Nölle, der auch dieses Mal wieder die Einladung für den Ratschlag grafisch gestaltet hat, macht ja nicht nur schöne Flyer. Jedes Mal transportiert er auch sehr eindringlich, worum es uns geht.

Wenn im Hintergrund der Einladung Plattenbauten zu sehen sind, deren Bewohnerinnen und Bewohner durch einen Damm vom Nahverkehr getrennt sind, dann bringt dies auf den Punkt, warum wir uns heute hier treffen.
Wir fordern, dass niemand in unserer Gesellschaft in seinem Grundrecht auf Mobilität eingeschränkt wird.

Und wenn wir auf dem Flyer durch ein Gitter auf den Bahnsteig schauen, dann erinnert mich das daran, was aus Berlin bekannt ist:

Ein Drittel der Inhaftierten der JVA Berlin-Plötzensee sitzt wegen „Beförderungserschleichungen“ ein.
In was für einer Gesellschaft leben wir, die lieber 100 Euro pro Tag für einen Insassen eines Gefängnisses aufbringt, als ein bezahlbares Sozialticket einzuführen.

Ich wünsche uns einen erfolgreichen Verlauf unseres Ratschlages und hoffe Euch bzw. Sie möglichst bald zu unserer Fahrt mit der Boogiebahn der BOGESTRA einzuladen, um gemeinsam die erfolgreiche Einführung des Sozialtickets im VRR zu feiern.

Hierfür müssen wir nicht nur beratschlagen, sondern auch kämpfen. Hierfür: Glück auf!


Rede von Wilfried Korngiebel an 9. 5.2011 bei der Anti-AKW Mahnwache in Bochum
Montag 09.05.11, 22:00 Uhr

Die Risikozeit der Atomtechnologie übersteigt die Zeit der bisherigen Zivilisation um ein Vielfaches

Wir hören in den letzten Tagen von den Vertretern der großen Industrie immer wieder das Argument, ein Ausstieg, insbesondere ein schneller Ausstieg aus der Atomenergie bzw. der Weg zu erneuerbaren Energien sei zu teuer, sei nicht finanzierbar. RWE-Chef Jürgen Großmann hält Atomtechnologie für vertretbar und will an ihr festhalten. EON-Chef Johannes Teyssen bezeichnet sie als „Brückentechnologie“, ohne uns zu sagen, wie weit diese Brücke spannen und wohin sie tragen soll. Das „Brücken“-Argument ist ein Schein-Argument, das lediglich ablenken soll. Doch ein Herr Teyssen hat Tacheles geredet, indem er die Rede auf den Punkt brachte, um den es wirklich geht, die Kapitalgewinne: mehr…


Rede von Elke Koling am 25. April 2011 auf dem Ostermarsch in Bochum-Werne
Dienstag 26.04.11, 07:06 Uhr

Atomenergie und Atombomben:
Zwei Seiten einer Medaille

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde, ich bin als Mitglied des Bochumer Friedensplenums und der IPPNW, das sind die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges und in sozialer Verantwortung gebeten worden, heute hier zu reden. Am Tag der heutigen Ostermontagsdemo finden gleichzeitig an zahlreichen Orten Proteste gegen Atomkraft statt, anlässlich des morgigenen traurigen 25. Jahrestages der Tschernobylkatastrophe. Viele Friedensfreundinnen und Friedensfreunde werden sich deshalb in diesem Jahr nicht wie gewohnt aufmachen, um nach Dortmund zu marschieren, sondern stattdessen mit dem Bus zur Anti-Atomdemo nach Gronau fahren, um den Ausstieg aus der Atomenergie zu fordern. Felix und ich haben an dieser und andere Stelle schon oft etwas zu Atombomben in Deutschland gesagt, die lagern ja weiterhin hier. Heute möchte ich den Brückenschlag machen zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomenergie, sowie auch dieser Ostermarsch und Ostermontag eine Art Brückenschlag zwischen den Themen und zwischen den Orten Dortmund und Gronau ist. Als die IPPNW 1980 – immerhin zur Hochzeit des kalten Krieges- von jeweils drei berühmten amerikanischen und sowjetischen Kardiologen ins Leben gerufen wurde- war der Gründungsgedanke, dass Ärzte die Menschen nicht vor einem Atomkrieg schützen können. In der Präambel heißt es: „Ein Atomkrieg wäre die letzte Katastrophe für Menschheit und Umwelt. Das menschliche Leben und die menschliche Gesundheit würden unmittelbar und langfristig in einem noch nie dagewesenen Ausmaß zerstört, wodurch das Überleben der Zivilisation selbst bedroht wäre. Die Gefahr eines Ausbruchs besteht in einem hohen Maße, und sie nimmt ständig zu. Selbst ohne dass es zu einem Atomkrieg kommt, werden unschätzbare und begrenzte Ressourcen unproduktiv auf das nukleare Wettrüsten verschwendet, wobei wesentliche menschliche, soziale, medizinische und ökonomische Bedürfnisse unbefriedigt bleiben. Aus diesen Gründen müssen die Ärzte in allen Ländern für die Verhinderung eines Atomkriegs kämpfen und sich für die Beseitigung aller Atomwaffen einsetzen. Die Ärzte können eine besonders wichtige Rolle spielen, weil sie mehr…