Podiumsdiskussion des Friedensplenums zur rot-grünen Außen- und Militärpolitik:
SPD-MdB Axel Schäfer: Nicht die Regierung ist über Kreuz mit dem Grundgesetz sondern die Wirklichkeit

Das Bochumer Friedensplenum hatte zur Podiumsdiskussion ins Kirchenforum im Uni-Center eingeladen: "Nach dem Krieg ist vor dem Krieg?", "Deutschland interveniert weltweit?" Und Axel Schäfer, SPD-MdB, war gekommen, um als Teil der Regierungsfraktion die neue Außen- und Militärpolitik - so wie sie zuletzt in den "Verteidigungspolitischen Richtlinien" und in der Expansion der offensiven Militärinvestitionen zum Ausdruck gekommen sind - zu vertreten.
Für viele TeilnehmerInnen der Diskussion (auf dem Podium neben Schäfer der Amtsrichter Ralf Feldmann und die Ärztin Elke Kolink, beide vom Friedensplenum) war es nahezu atemberaubend mitzuerleben, wie offen die SPD inzwischen mit dem Bruch des Grundgesetzes und des Völkerrechts durch ihre eigene Außen- und Militärpolitik umgeht.
Schäfer mochte gerade noch einräumen, dass - wegen der neuen Richtlinien - inklusive "Verteidigung am Hindukusch" und Präventiv-Kriegs-Option - vielleicht der Eindruck entstehen könne, die rot-grüne Regierung agierte möglicherweise nicht hundertprozentig im Einklang mit der Verfassung. Dagegen jedoch führte er sein wortreich vorgetragenes Generalargument zugunsten der augenblicklichen expansiven Militärpolitik ins Feld:
die Welt habe sich verändert, es gebe neue Herausforderungen, vor allem die Gewalt in der Welt sei anders ausgeprägt als früher. Dagegen seien das Grundgesetz und das Völkerrecht auf dem alten Stand geblieben. Deswegen müsse z.B. der Landesverteidigungsbegriff des Grundgesetzes auch neu interpretiert werden.

Die ZuhörerInnen und MitdiskutantInnen hatten sich den hier offenbarten Selbstfreisprechungsprozess bei der SPD so ungefähr zwar schon vorgestellt. Überraschend war aber doch, wie hartnäckig Schäfer sich selbst solchen rechtstaatlichen und völkerrechtlichen Gegenargumenten verschloss, die die SPD noch vor wenigen Jahren zu ihren eigenen Grundüberzeugungen gezählt hatte. So verweigerte sich Schäfer etwa der Festlegung, dass zumindest das Völkerrecht bzw. die UN-Grundsätze als Richtschnur des eigenen militärischen Handelns gelten müssten. Schäfer: Deutschland bzw. seine "humanitären Prinzipien" müssten selbst über die Kriterien zum Kriegshandeln entscheiden - das möglichst zusammen mit einer friedfertigen, auf keinen Fall imperialen EU. Damit läge er bzw. Schröder-Fischer-Struck überhaupt nicht auf George-W.-Bush-Linie und schon gar nicht auf Linie irgendeines Imperialismus. Das vor allem deswegen, weil Deutschland nicht die USA sei und hier auf keinen Fall wirtschaftlich-hegemoniale Interessen im Spiel seien.
Kritik und scharfer Widerspruch vom Podium und seitens der meisten Anwesenden kümmerten Schäfer nicht weiter. Vermutlich meinte er sich das erlauben zu können, weil niemand aus seiner Partei gekommen war. Das Nicht-Erscheinen weiterer SPD-Mitglieder war erstaunlich, denn es hatte nicht nur frühzeitig eine Einladung an die SPD gegeben, die Diskussion war auch besonders nah in den Schäferschen politischen Einflussbereich nach Bo-Querenburg gelegt worden.
Konsequenterweise hatte dann die WAZ verschwiegen, dass das Friedensplenum mit Axel Schäfer diskutiert. Die meisten BesucherInnen verließen die Veranstaltung mit dem äußerst unguten Gefühl, dass diese SPD zu allem fähig ist. Ihr Motto dürfte sein: je agressiver die Politik - um so humanitärer die Begründung.