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Heuchelei im Rathaus

Nachdem Nazi-Skins einen jungen Farbigen durch die Innenstadt gejagt hatten, zog am 11. August ein Protestzug von fast 2.000 Menschen durch Bochum – eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre. Auf der Eröffnungskundgebung vor dem Hauptbahnhof sprach auch ein Vertreter der VVN - Bund der Antifaschisten – der Bochumer Lehrer und Krimi-Autor Reinhard Junge.

Junge kritisierte u.a. die öffentliche Heuchelei, die seit dem Düsseldorfer Sprengstoffanschlag betrieben wird. Denn alle Formen des Neonazismus begleiten die Geschichte der BRD seit Anfang an. So gab es schon unter Adenauer die Begnadigungsaktionen für Wirtschaftsführer, Generäle, Lehrer, Richter und Polizisten, die in der Nazizeit mit dem Hitlerregime kollaboriert hatten, und in den 60-er Jahren die Förderung der NPD u.a. durch den Bielefelder Oetker-Konzern, dessen Gründer SS-Mitglied gewesen war.

Zugleich habe es – auch in Bochum – fast durchgängig nur eine halbherzige Verfolgung von Neonazi-Straftaten durch Polizei und Justiz gegeben, was von den Tätern eher als eine augenzwinkernde Billigung aufgefasst worden sei. Das "Polizeibüro II" (der "Staatsschutz") verharmlose Nazi-Aktivitäten, damit die Statistik und der Ruf der Stadt sauber blieben. Der VVN-Vertreter schloss seinen Beitrag mit einer scharfen Kritik an der Behandlung des Faschismus und Neonazismus.

Man lebe in einer Stadt,

    • deren Oberbürgermeister keine Veranlassung sieht, auf Bochumer Firmen einzuwirken, sich am Stiftungsfond zugunsten der Zwangsarbeiter zu beteiligen,

    • in der antifaschistische Denkmäler auf der Schutthalde im Bauhof landen,

    • die sich weigert, ehemalige Folterstätten der Nazis und Nebenlager des KZ Buchenwalds zu kennzeichnen und das ehemalige KZ Gibraltar nicht in eine Gedenkstätte, sondern in einen Partyschuppen verwandelt hat,

    • die seit 55 Jahren keine eigene Dokumentation über Judenverfolgung und "Arisierungen" in Bochum zustande gebracht hat,

    • deren Oberbürgermeister sich noch nie bei der Ehrung für die von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfer hat sehen lassen, aber statt dessen regelmäßig zum "Tag der Heimat" zu unverbesserlichen Revanchisten geht, für die der Zweite Weltkrieg sich auf alliierte Bombardements gegen zivile Ziele und auf die Vertreibung von Deutschen aus dem Osten beschränkt.

(Den vollständigen Text gibt es unter www.reinhard-junge.de im "Archiv".)