Festnahme von Antifaschisten

Kaum zu glauben, aber wahr

Dieser Artikel liest sich zwar wie ein schlechter Krimi, ist aber keiner. Vielmehr handelt es sich um eine Bochumer Begebenheit, geschehen am Freitag, dem 14. Juli 2000.
Aufgrund regelmäßiger Treffen rechtsradikaler Skinheads freitags abends in der Bochumer Innenstadt hatten Antifaschisten beschlossen, sich am o.g. Tag am Bochumer Hauptbahnhof zu treffen, um den Rechtsradikalen zu zeigen, daß sie hier unerwünscht sind.
Die Zusammenkunft, an der u.a. auch Wolfgang Quere,
Mitglied der VVN Bochum, teilnahm, war keine Demonstration oder Kundgebung. Es gab weder Transparente, noch Plakate, keine Sprechchöre, Flugblätter o.ä., die Leute standen einfach nur rum.
Die Polizei war präsent mit zumindest 2 Streifenwagen und ca. 10 Zivilbeamten, die sich auch als solche zu erkennen gaben. Ankommende Skinheads wurden von der Polizei sofort aufgegriffen und weggefahren. Zu Auseinandersetzungen kam es nicht.
Gegen 20.
00 h wurden die Antifaschisten von der Polizei aufgefordert, den Platz vor dem Bahnhof zu räumen, was auch geschah. Man ging ins Bermuda-Dreieck. Dort erzählte dann ein vorbeikommender Kollege, in der Brüderstraße sei es zu einem Zwischenfall gekommen.

Was dann weiter geschah, schildert Wolfgang Quere so:

An der Ecke Brüderstraße/Südring sahen wir etwa ein Dutzend Personen, die zuvor auch am Hauptbahnhof dabei waren. Im Hintergrund der Szene wurde ein Antifaschist von der Polizei gefilzt und anschließend weggefahren. Die Staatsmacht war mit ca. 20 Personen vor Ort. Unsere Gruppe verhielt sich friedlich und fragte lediglich die Beamten, was geschehen sei.
Plötzlich hieß es, dass wir den Standort nicht verlassen dürften und unsere Personalausweise abzugeben hätten. Auch hierfür verweigerte die Polizei zunächst jegliche Erklärung.
Erst als ich mich als Kreissprecher der DKP Bochum vorstellte, wurde ich mit den Worten "ein politischer Funktionsträger" zur Einsatzleiterin gebracht. Diese erklärte mir, dass einige Mitglieder unserer Gruppe sich vermummt und Handschuhe angezogen hätten, so dass offenbar Gewaltanwendung geplant wäre und wir deshalb in Polizei-Gewahrsam genommen würden.
Ich hatte weder Personen mit Handschuhen, noch Vermummte gesehen Ein paar Leute hatten lediglich Kapuzen auf, da es regnete. Schließlich wurden wir, die Hände mit Kabelbindern auf dem Rücken gefesselt, in die Kleinbusse verladen. Ich selbst wurde nicht gefesselt und mit einem Zivilwagen weggefahren.
Zuvor durften einige Leute gehen. Auch ich sollte gehen, was ich aber verweigerte, da ich genauso viel bzw. so wenig wie die anderen getan hatte.
Während der ganzen Zeit blieben die Antifas völlig friedlich Es gab lediglich verdutzte Fragen nach dem "Warum" der ganzen Aktion.
Gegen 21.
00 h wurden elf Personen in das Polizeipräsidium an der Uhlandstr. mitgenommen. Auf der Fahrt dorthin erzählten die beiden mich "begleitenden" Zivilbeamten, dass in unserer Gruppe darüber gesprochen worden sei, eine Kneipe, die als Skinheadtreff bekannt ist, zu stürmen. Das wäre der Grund, weshalb wir vorbeugend in Gewahrsam genommen werden müßten. Von derartigen Erstürmungsplänen ist mir nicht das geringste bekannt. Auch die Einsatzleiterin der Polizei hatte derartige obskure Pläne nicht vermutet.
Auf der Wache wurden die Festgenommenen, immer noch gefesselt, zunächst in eine Gemeinschaftszelle geführt. Ich bekam hier wieder eine Sonderbehandlung und durfte (mußte) vor dieser Zelle warten. Die Gefangenen wurden dann einzeln herausgeführt, und wir mußten Jacken, Taschen, Armbanduhren, Schmuck und den gesamten Inhalt der Hosentaschen abgeben.
Danach gab es noch eine weitere Durchsuchung, bevor es in eine Einzelzelle ging. Telefonate mit Angehörigen oder Anwälten wurden ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Die Schuhe mußten vor der Zelle ausgezogen werden, in der die Temperatur vielleicht bei 17 Grad lag, so dass man schnell anfing zu frieren.
Nachdem bei allen eine Alkoholprobe durchgeführt wurde, kamen wir einzeln zur erkennungsdienstlichen Behandlung (Fotos, Fingerabdrücke der Finger und der Handinnenfläche), wobei uns garantiert wurde, dass diese Daten bei einer Einstellung des Verfahrens oder bei Freispruch auf Antrag vernichtet würden.
Auf Nachfrage, welches Verfahren denn gemeint sei, erfuhr ich hier zum ersten Mal, dass wegen Landfriedensbruchs gegen uns ermittelt werde.
Nach der ED-Behandlung bekam ich meine Sachen zurück und konnte, mittlerweile gut durchgefroren, am Morgen des 15.7.2000 gegen 3.
50 h gehen.