Antifaschistische Bochum Blätter 2/99:


1. September - Antikriegstag 1999
Als Juso ging Rudolf Scharping am 1. September auf die Straße, um am Antikriegstag an den Nazi-Überfall auf Polen im Jahre 1939 zu erinnern. Jetzt hat er das Thema auf seine Weise zum 1. September 1999, dem diesjährigen Antikriegstag, aktualisiert, da es gilt, ganz neu über Krieg nachzudenken, weil zum ersten Mal nach 54 Jahren Deutschland wieder aktiv – Deutsche Tornados fliegen in der ersten Reihe! – beteiligt ist.
„Humanitäre Intervention” klingt viel besser als bewaffneter Überfall. Der unerklärte und in jeder Hinsicht grundgesetz- und völkerrechtswidrige Krieg der NATO gegen eines der letzten souveränen Länder Europas ist scheinbar zu Ende. Ohne Recht, nach eigenem Gutdünken, hat die NATO durch Selbstermächtigung unverhältnismäßige Grausamkeiten durch kollektives Ausspielen unendlich überlegener Machtmittel in einem nicht erklärten Krieg angewandt. Wenn Legislative, Judikative und Exekutive in ein und derselben Hand sind, nennt man das klassisch auch Diktatur. Von seelischen Qualen deutscher Politiker weiß die Bürgerin nichts – diesmal aber erzählten die Politiker Abend für Abend im Fernsehen, dass es sie zwischen Recht und Unrecht förmlich zerreißt und sie sich leider für das Unrecht entscheiden mußten, nämlich für einen feigen und dreckigen Krieg. In diesem Krieg ist es gelungen, ohne einen einzigen eigenen Kriegstoten ein ganzes Land zu verwüsten. Das ist in der Geschichte bisher einmalig.
Nach 79 Tagen mit durchschnittlich 500 Bombenangriffen täglich gelang es zwar nicht, die Besetzung des gesamten Staatsgebiets der BRJ zu erzwingen, wie in Rambouillet vorgesehen, aber zumindest das Kosovo ist jetzt praktisch ein NATO-Protektorat.
Die Phosgen- und anderen Giftwolken werden allmählich auch von den Menschen der umliegenden Länder eingeatmet, der Ökozid ist gelungen, die Ernten vernichtet, das Nutzvieh ausgerottet, Tabak-, Textil- und Autofabriken sowie Erdölraffinerien und Kommunikationseinrichtungen bombardiert, die Brücken und Straßen zerstört, Schulen und Krankenhäuser in ganz Jugoslawien eingeäschert, Tausende von Menschen sofort oder doch mittelfristig getötet, genetische Schäden werden jetzt schon bei vielen tausend Jugoslawen, Bulgaren, Rumänen, Ungarn, ja selbst Griechen und Albanern vermutet, Fehl- und Mißgeburten gemeldet, Trinkwasser und Elektrizität gibt’s nur noch eingeschränkt, Medikamente durch die Bomben auf die pharmazeutischen Fabriken gar nicht mehr – ein Land wurde fast in die Steinzeit zurückbombardiert.
Als Juso ging Rudolf Scharping am 1. September auf die Straße, um am Antikriegstag an den Nazi-Überfall auf Polen im Jahre 1939 zu erinnern. Jetzt hat er das Thema auf seine Weise zum 1. September 1999, dem diesjährigen Antikriegstag, aktualisiert, da es gilt, ganz neu über Krieg nachzudenken, weil zum ersten Mal nach 54 Jahren Deutschland wieder aktiv – Deutsche Tornados fliegen in der ersten Reihe! – beteiligt ist.
„Humanitäre Intervention” klingt viel besser als bewaffneter Überfall. Der unerklärte und in jeder Hinsicht grundgesetz- und völkerrechtswidrige Krieg der NATO gegen eines der letzten souveränen Länder Europas ist scheinbar zu Ende. Ohne Recht, nach eigenem Gutdünken, hat die NATO durch Selbstermächtigung unverhältnismäßige Grausamkeiten durch kollektives Ausspielen unendlich überlegener Machtmittel in einem nicht erklärten Krieg angewandt. Wenn Legislative, Judikative und Exekutive in ein und derselben Hand sind, nennt man das klassisch auch Diktatur. Von seelischen Qualen deutscher Politiker weiß die Bürgerin nichts – diesmal aber erzählten die Politiker Abend für Abend im Fernsehen, dass es sie zwischen Recht und Unrecht förmlich zerreißt und sie sich leider für das Unrecht entscheiden mußten, nämlich für einen feigen und dreckigen Krieg. In diesem Krieg ist es gelungen, ohne einen einzigen eigenen Kriegstoten ein ganzes Land zu verwüsten. Das ist in der Geschichte bisher einmalig.
Nach 79 Tagen mit durchschnittlich 500 Bombenangriffen täglich gelang es zwar nicht, die Besetzung des gesamten Staatsgebiets der BRJ zu erzwingen, wie in Rambouillet vorgesehen, aber zumindest das Kosovo ist jetzt praktisch ein NATO-Protektorat.
Die Phosgen- und anderen Giftwolken werden allmählich auch von den Menschen der umliegenden Länder eingeatmet, der Ökozid ist gelungen, die Ernten vernichtet, das Nutzvieh ausgerottet, Tabak-, Textil- und Autofabriken sowie Erdölraffinerien und Kommunikationseinrichtungen bombardiert, die Brücken und Straßen zerstört, Schulen und Krankenhäuser in ganz Jugoslawien eingeäschert, Tausende von Menschen sofort oder doch mittelfristig getötet, genetische Schäden werden jetzt schon bei vielen tausend Jugoslawen, Bulgaren, Rumänen, Ungarn, ja selbst Griechen und Albanern vermutet, Fehl- und Mißgeburten gemeldet, Trinkwasser und Elektrizität gibt’s nur noch eingeschränkt, Medikamente durch die Bomben auf die pharmazeutischen Fabriken gar nicht mehr – ein Land wurde fast in die Steinzeit zurückbombardiert.
Das war „die humanitäre Intervention” der größten Militärmacht der Erde zur Vermeidung einer „humanitären Katastrophe”. Vielleicht eine Million Menschen haben aus Angst vor Tausenden von NATO-Bomben, vor serbischen Milizen und kosovarischen UCK-Einheiten ihre Heimat verlassen. 40.000 bis an die Zähne bewaffneten NATO-Besatzungssoldaten gelingt es jetzt angeblich nicht, die 200.000 Serben, Roma und kosovarischen „Verräter”, also „gemäßigte” Albaner, vor der UCK oder sonstigen albanischen Mörderbanden zu schützen. Direkt unter den Augen der NATO-Soldaten gehen Mord und Totschlag weiter. Jetzt aber werben unsere Medien und PolitikerInnen um Verständnis – es ist doch nur Rache der albanischen Kosovaren und eigentlich keine böse Absicht. Schon gar nicht soll da jemand an „ethnische Säuberung“ oder nationalistischen albanischen Sezessionswahn denken!
Und der deutsche Kanzler erklärt am 23.7.99 in Prizren, dass mit dem allem ein Stück Schuld des deutschen Faschismus und seiner mörderischen Taten in Jugoslawien getilgt sei. (Was muß eigentlich passieren, um alle Schuld zu tilgen?)
Kampf ums kaspische Erdöl
Immer klarer wird auch, dass es nie um irgendwelche Menschenrechte ging, sondern um blanke imperialistische Interessen nach strategisch wichtigen Gebieten, um an die Erdöl-Ressourcen im und ums Kaspische Meer zu kommen. Die letzte Barriere mußte weggebombt werden. Das steht so auch fast wörtlich in zahlreichen us-amerikanischen Studien, die Josef Fischer und Konsorten sicherlich kennen. Jetzt muß nur noch das politische Personal in Belgrad ausgewechselt werden und der Rest des ehemaligen Jugoslawiens ist endlich auch NATO-kompatibel gemacht worden.
Und der UNO und der übrigen Welt wird bis heute durch die verseuchte Trümmerlandschaft Jugoslawiens gezeigt, wie die neue NATO-Doktrin ganz praktisch aussieht und was passiert, wenn Länder zukünftigen „Friedensdiktaten” der NATO, wahlweise auch westliche Wertegemeinschaft, Staatengemeinschaft, zivilisierte Welt, nicht zustimmen. Gleichzeitig wurde der Welt bewiesen, dass die NATO sich nicht einmal an die „Regeln zur Kriegsführung des Kriegsvölkerrechts” hält, sondern auch mit international geächteten Waffen einen totalen Krieg gegen die Zivilbevölkerung führt.
Zusätzlich wurden der staunenden Öffentlichkeit ein paar ganz neue Waffensysteme vorgeführt, deren praktische Anwendung in einem richtigen Krieg bisher leider nicht möglich war.
Das Propaganda- und Desinformationssystem der NATO hat, das ist eine weitere Lehre für die Herrschenden, überraschend gut funktioniert. Der Massenkonsens für den Krieg durch Produktion des Bildes eines absolut bösen Feindes wurde systematisch hergestellt und praktisch von niemandem in Frage gestellt. Bis auf die PDS haben alle Bundestagsparteien mehrfach ihre Zustimmung zum Bruch von Grundgesetz und Völkerrecht gegeben, und die Massenmedien haben sich fast durchweg wieder einmal, diesmal allerdings im 1. Krieg Deutschlands nach 1945, als gehorsame Sprachrohre der Herrschenden qualifiziert. (Nachdem man sah, dass „Monitor“ Einzelheiten des Krieges recht kritisch beurteilte, fiel die nächste Sendung einfach einer Sondersendung ersatzlos zum Opfer. Demokratisch hatten das die ARD-Intendanten beschlossen. Die fertigen kritischen „Monitor”-Beiträge zum Krieg bekommt wohl kein Mensch mehr zu sehen. Das ist wohl auch als Warnung zu verstehen, bloß keine Widerworte zu geben.)
Der Präzedenzfall für globalen NATO-Interventionismus ist also geglückt. Eine große Nachrüstungs- und Aufrüstungswelle wird in Zukunft den Steuerzahler noch mehr zur Ader lassen. Aber gerade die deutsche Seele war natürlich beglückt, von Politikern und Medien zu erfahren, dass es galt, einen neuen Hitler zu verhindern und ein neues Auschwitz. Plötzlich kann man antifaschistisch sein – gegen den von Fischer, Scharping und Volmer behaupteten serbischen Balkanfaschismus. Der Mißbrauch dieser Argumentation wurde durch antifaschistische Widerstandskämpfer und Überlebende von Auschwitz öffentlich beklagt, aber durchweg hatten die freiheitlichen Medien die Freiheit, das zu verschweigen. (Die genannte Erklärung ist bei der VVN - BdA Bochum zu erhalten).
Es bleibt abzuwarten, ob BürgerInnen durch „unsere“ Medien informiert werden über die Ergebnisse eines Europäischen Tribunals gegen den NATO-Krieg, das der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark ins Leben gerufen hat. Die Anklage wirft der NATO die Führung eines Angriffskrieges und zahlreiche Kriegsverbrechen vor.
Aber über die Klage der Bundesrepublik Jugoslawien gegen 10 NATO-Staaten vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag haben wir praktisch auch nichts gehört (sie ist auch bei der VVN - BdA auf Anfrage zu erhalten.)
Die antifaschistische und Friedensbewegung wird es noch schwerer haben, schaffen sich doch SPD und Grüne in der Regierung mit Begriffen wie Faschismus, Auschwitz, Völkermord, 2., 3., 4.....Hitler von ihnen beliebig einsetzbare „schlagende“ neue Manipulationsmöglichkeiten, um zukünftige Kriege zu rechtfertigen.
Die Frage bleibt, wie staatliches Blutvergießen rechtlich oder argumentativ überhaupt noch verhindert werden kann. Auch in der Opposition können SPD und Grüne nie wieder glaubhaft gegen einen zukünftigen Krieg auftreten.
Wolfgang Dominik