Antifaschistische Bochum Blätter 2/99:



Entschädigung für Zwangsarbeiter
Gerechtigkeit, angemessene Entschädigung und keine Verteilung von Almosen


Seitdem im rot-grünen Koalitionsvertrag die Einrichtung einer „Bundesstiftung Entschädigung für NS-ZwangsaArbeiter unter der Beteiligung der deutschen Industrie” vereinbart wurde, ist viel Wasser die Ruhr heruntergeflossen. Um diese Vereinbarung ist es jedoch merklich still geworden.
Mit der Stiftungsinitiative der Wirtschaft , „Erinnern, Verantwortung und Zukunft” wurden viele Hoffnungen verbunden und Illusionen geweckt. Monate vergingen mit endlosen Debatten.
Im Juni wurde dann verkündet, wie sich die deutschen Konzerne die Entschädigung für die Zwangsarbeiter vorstellen. Man gewann den Eindruck, die Opfer sollten als Bittsteller von Almosen erscheinen.
Aber hier geht es nicht um Almosen, sondern um die Gerechtigkeit für die Überlebenden der faschistischen Zwangsarbeit.
Die Entschädigung für die Zwangsarbeiter ist längst überfällig
Überhaupt soll es die „freiwilligen und humanitären Leistungen” nur geben, wenn alle Klagen gegen die Sklavenhalter-Firmen zurückgenommen und keine weiteren Ansprüche mehr gestellt werden.
Auch die erneuten Gespräche brachten nichts konkretes. Der ursprünglich angestrebte Termin einer Regelung, der 1. September 1999, ist auch inzwischen ad acta gelegt worden.
Zwangsarbeiter, die in Kommunen und in der Landwirtschaft gearbeitet haben, werden ohnehin nicht berücksichtigt.
Auch namhafte Bochumer Firmen hatten Zwangsarbeiter beschäftigt. Diese Firmen halten sich aber vornehm zurück, genauso wie im Jahre 1986, als die VVN Bochum das Thema in die Öffentlichkeit brachte und diesen Firmen eine örtliche Stiftung vorschlug.
Auf Einladung der Gesellschaft Bochum – Donezk besuchte vom 20. Mai bis 3. Juni eine Delegation ehemaliger ZwangsarbeiterInnen aus Donezk unsere Stadt.
Diese Menschen kamen nach ihrer Verschleppung durch die Nazis zum ersten Mal wieder ins Ruhrgebiet. Die meisten von ihnen waren als Jugendliche verschleppt worden.
Sie schilderten sehr eindrucksvoll ihre Erlebnisse in den Betrieben und ihr Leben im Lager hinter Stacheldraht.
Sie berichteten, wie schwer die Arbeit in den Betrieben, wie kärglich das Essen war und welchen Schikanen sie ausgesetzt waren.
Ljuba Owtschannikowa wurde am 5. März 1945, kurz bevor die amerikanischen Truppen das Lager befreiten, in einem Zwangsarbeiterlager der Harpener Bergbau AG an der Kornharpenerstraße geboren.
Anläßlich des Besuches kam es auch zu einem Gespräch über die Fragen der Entschädigung. Lothar Evers vom Bundesverband für Information und Beratung für NS-Verfolgte konnte nicht viel positives berichten.
Diese Menschen, die bisher keine Entschädigung erhielten und große Hoffnungen mit der geplanten Stiftung verbanden, waren nach diesem Gespräch sehr enttäuscht über den bisherigen Verlauf der Dinge.
Sie wollten endlich Gerechtigkeit und eine angemessene Entschädigung für erlittene Leiden.
Bei ihrer Verabschiedung bedankten sich die Donezker noch einmal für den herzlichen Empfang bei ihrer Ankunft und für die freundliche Atmosphäre während ihres Aufenthaltes in Bochum.
Klaus Kunold