Antifaschistische Bochumer Blätter
Information der VVN - Bund der Antifaschisten; Nr. 2/2003

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Termine

Gedenken unter Polizeischutz
Der 9. November 2003
Der 9. November 2003 sollte, wenn es nach den Plänen der Neofaschisten gegangen wäre, ein blutiges Fanal werden. Durch die Aufdeckung des Komplotts konnte das Verbrechen verhindert werden.
Der Anschlagsplan von München zeigt wiederum einmal mehr, dass die Neo-Nazis zu allem fähig sind, sie schrecken auch vor Mord nicht zurück.

 

Deutschland 9. November 1938 – Während der „Reichskristallnacht” werden unzählige jüdische Geschäfte, Läden und Wohnungen verwüstet, 267 Synagogen wurden zerstört, Zehntausende jüdische Bürger des Landes verhaftet, in Gefängnisse und Konzentrationslager verschleppt.
München, hatten sich die Naziverbrecher aus dem Jahre 2003 gedacht, wäre für ihre Tat der geeignete Zielort. Schon 1938  war in der „Hauptstadt der Bewegung Hitlers” die jüdische Synagoge im Mai als „Schandfleck” zerstört worden.  1970 starben sieben Menschen bei einem neofaschistischen Brandanschlag auf ein Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde. 1980 waren 13 Tote bei einem Bombenanschlag eines, wahrscheinlich aber mehrerer neofaschistischer Täter  während des Oktoberfestes zu beklagen.
 

Der für den 9. November 2003 in München geplante Anschlag konnte verhindert werden, das Komplott aufgedeckt werden. Um die Täter ist es ruhig geworden. Aber die Gefahr ist geblieben. Von umfangreichen Fahndungsmaßnahmen im neonazistischen Spektrum ist jedenfalls nichts bekannt. Zwar beklagte der NRW Innenminister die Gefahr, die von den intellektuellen Hintergrundtätern ausgehe, aber auch hier ist von Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden keine Spur.
Im Bayerischen Landtagswahlkampf war im Zusammenhang mit dem geplanten Anschlag von einer „Braunen Armee Fraktion” die Rede. Über echte Taten gegenüber der neonazistischen Gefahr dachte aber keiner der Politiker ernsthaft nach, schon gar nicht Innenminister Beckstein, – der schon bei dem NPD-Verbotsverfahren eine dubiose Rolle spielte.
Was bleibt also im Herbst 2003? In Bochum und anderswo werden wieder Tausende des 9. November, der Pogromnacht im Jahre 1938, gedenken. Aber was ist mit den Lehren aus den Taten. Wie kann Antisemitismus, Rassismus und Intoleranz begegnet werden? Wie kann es möglich gemacht werden, dass Anschläge wie die in München verhindert werden? Vor allem: wie kann dem antifaschistischen Grundkonsens im Grundgesetz und der Landesverfassung Geltung verschafft werden?
Die Ungeheuerlichkeit, dass die Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an die Pogromnacht von 1938 unter Polizeischutz stattfinden müssen, sagt viel über den Zustand der Republik im Herbst 2003 aus.

Günter Gleising