Dienstag, 23. April, 18.30 Uhr, Bahnhof Langendreer

Ruhrkoordination - Gewerkschaftslinke im Revier:

"Kombi-Lohn", Niedriglohnsektor und weitere Angriffe auf die Sozialstandards

Kombilöhne sind seit langem eine Forderung der Arbeitgeber.

Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als zehn solcher Modelle. Nun soll eines, das "Mainzer Modell", bundesweit eingeführt werden.

Mit allen diesen Modellen werden zwei zentrale Glaubenssätze transportiert:

Zum einen wird argumentiert, dass die angebotene Arbeit zu teuer sei, um die Beschäftigung ausweiten zu können, oder umgekehrt, dass durch niedrigere Lohnkosten mehr Arbeitsplätze zu schaffen sind. Dieses Argument, das von interessierter Seite in fast allen sozialen Auseinandersetzungen standartengleich vorangetragen wird und das auch von Rot-Grün mit propagiert wird, ist überdies - empirisch belegbar - falsch. Denn seit Anfang der 80er Jahre sinkt die Lohnquote in der BRD tendenziell - und gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit. In Ostdeutschland sind die Erfahrungen noch eindeutiger: nur ein Viertel wird noch nach Tarif bezahlt und die Durchschnittslöhne liegen um ein Viertel unter Westniveau. Keine Spur eines Beschäftigungseffektes.

Zum anderen wird behauptet, dass die Abstände zwischen Sozial- oder Arbeitslosenhilfe und niedrigen Löhnen zu gering seien.

Deshalb müsse es besondere Anreize geben, damit BezieherInnen solcher "Sozial-Einkommen"  Niedriglohn-Jobs überhaupt antreten würden.

O-Ton Handelsblatt: "Wer bei uns bereit ist zu arbeiten, wird bestraft, wer sich in die soziale Hängematte legt, wird belohnt. Diese perverse Anreizstruktur gilt es zu verändern". (Eine Studie des DGB vom September 2001 deckt übrigens auf, dass diese Grundannahme mehrfach falsch ist und empirisch widerlegt werden kann.)

Aus diesen Gründen sollen nun Niedriglöhne mit staatlichen Geldern bezuschusst werden. Es geht um zusätzliches Kindergeld sowie um Zuschüsse zu den Sozialbeiträgen. 

Was auf den ersten Blick im Interesse der Betroffenen zu sein scheint, hat allerdings mehrere Haken

Einige Stichworte: Unternehmer werden in vielen Bereichen noch stärker als bisher davon entbunden, existenzsichernde Löhne zu zahlen. Mitnahmeeffekte würden die Ausweitung des Niedriglohnsektors befördern, gerade auch bei vorhandenen Arbeitsplätzen. Der Druck auf das ortsübliche Lohn- und Gehaltsniveau würde sich verschärfen, mit weiteren negativen Umverteilungseffekten. Mit den Steuern der NormalbürgerInnen würden die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung eingespart.


Zu alldem stehen die Arbeitslosen- und Sozialhilfe weiter unter Dauerbeschuss der UnternehmerInnen: weil sie eine Art Mindestlohn darstellen. Fallen hier die Barrieren, können die Löhne weiter nach unten gedrückt werden. Mit Folgen auch für die steuerfreien Grundbeträge der SteuerzahlerInnen.

Was tun? Hätte nicht die Diskussion "von unten" in eine ganz andere Richtung gehen müssen? Z.B.  gesetzlicher Mindestlohn, sinnvolle Beschäftigungspolitik, Überstunden-Abbau und vor allem:
Bekämpfung des von Schröder und den Grünen ausdrücklich angekündigten Angriffs auf die Arbeitslosenhilfe. Noch scheinen die IG Metall und Ver.di hier mitkämpfen zu wollen.