Wer führt Krieg am Golf und wer führt im Frieden?
(ein paar Zahlen – zusammengestellt von Knut Rauchfuss)
Die USA – eine Supermacht, ein Energie-Fresser. Die
USA allein verbrauchen täglich 20 Millionen Barrel Öl – mehr als ein Viertel der weitweit geförderten
Ölmenge. Tag für Tag. Nacht für Nacht.
Was vielen als Erklärung für einen Krieg zu platt erscheint, formulierte Bush Senior, der Kriegsherr des letzten Krieges gegen den Irak, in seinen Memoiren rückblickend so:
"Es konnte nicht zugelassen werden, dass eine feindliche
Regionalmacht einen Gutteil der weltweiten Ölversorgung in ihren Händen gehabt hätte."
Grund genug also, die Begehrlichkeiten im Ölgeschäft
etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Billig zu förderndes Öl geht in den nächsten 40 Jahren aus.
Laut Schätzungen wird der derzeitige globale Ölverbrauch bis zum Jahre 2020 um
50 Prozent steigen, allein in den USA um 33 Prozent. Seit 20 Jahren nehmen jedoch die globalen Öl-Reserven
kontinuierlich ab. Während der derzeitige jährliche Verbrauch etwa 27 Milliarden Barrel (ein Barrel entspricht
159 Liter) beträgt, werden nur sechs Milliarden Barrel neu entdeckt. Geht man von einem geschätzten Bestand
von knapp 1.000 Milliarden Barrel aus (in die bereits künftige Erschließungen eingerechnet sind), dann
reichen die globalen Erdöl-Vorkommen noch rund 40 Jahre. Schon jetzt verlieren klassische Export-Staaten wie
Saudi-Arabien und Kuwait relativ an Bedeutung.
Damit wird immer wichtiger, wer einen politisch gesicherten Zugang zu den verbleibenden
Erdölressourcen hat.
Von den 40 Riesenölfeldern, aus denen 60 Prozent der Welterdölförderung
stammt, liegen 26 am Golf. Die größten Reserven liegen in Saudi-Arabien, die zweitgrößten
im Irak. Die in Saudi-Arabien werden
zehnmal stärker ausgebeutet und gehen daher vermutlich eher zur Neige. Das heißt: unter dem Irak liegt
der letzte Tropfen.
Irak: Riesige Ressourcen bei bester Qualität
Der Irak verfügt nach Saudi-Arabien über die weltweit größten nachgewiesenen Erdölvorräte – rund 12 Prozent, das sind 112,5 Milliarden Barrel. Experten vermuten weitere Reserven von 220 Milliarden Barrel. Hinzu kommt, dass irakisches Erdöl als extrem leicht zu fördern und qualitativ ausgesprochen hochwertig gilt.
Zu ihrem Ärger haben westliche Ölkonzerne seit 1972 keinen direkten Zugriff mehr
auf das irakische Öl. Damals wurde die Iraq Petroleum Company (IPC) von General Bakr verstaatlicht. Die IPC
und ihre Tochtergesellschaften gehörten zu je 23,5 Prozent der British Petroleum, der Shell, der Compagnie
Française des Petroles (später Elf-Aquitaine, heute Total-Fina-Elf) und einem US-amerikanischen Joint-venture
aus Standard Oil of New Jersey und Socony Mobil Oil (die beiden bilden heute gemeinsam Exxon-Mobil).
Im Oktober 1973 wurde auch die Basrah Oil Company verstaatlicht, seitdem sind Exxon, Royal
Dutch/Shell und BP von der Förderung des irakischen Öls ausgeschlossen.
Zur Strafe wurde der Irak schon vom damaligen US-Präsidenten
Nixon auf die Liste jener Staaten gesetzt, die den "Terrorismus unterstützen".
Frankreich dagegen hofierte einen damals noch jungen Vizepräsidenten namens Saddam
Hussein. Mit Frankreich existierten folglich bilaterale Übereinkommen fort, nach Verhandlungen zwischen dem
damaligen Vizepräsidenten Saddam Hussein und einer französischen Delegation in Bagdad.
Derzeit fördert das Land 2,5 Millionen Barrel pro Tag. Nach Aufhebung der UN-Sanktionen
könnten bis zu sechs Millionen Barrel gefördert werden. Um die Rechte zur Ausbeutung der Felder haben
sich etwa 60 internationale Konsortien beworben. Bereits 1998 kündigte die Regierung in Bagdad an, den Gewinn
aus 25 neu zu erschließenden Ölfeldern mit jenen Unternehmen zu teilen, deren Staaten für die Aufhebung
der UN-Sanktionen eintreten.
Im Oktober 2001 wurden den Franzosen, Chinesen und Russen Förderlizenzen
für die Zeit nach dem Embargo angeboten. Milliardenschwere Vorverträge wurden gemacht. Die USA und Großbritannien sind vom Irak an der
Auftragsvergabe nicht beteiligt worden.
Frankreich: Investor mit bevorzugter Behandlung
Der sechste der weltgrößten Ölkonzerne ist Total-Fina-Elf.
Frankreich ist mit geschätzten 12,5 bis 27 Milliarden Barrel das vom Irak in den Vorverträgen
am stärksten mit Konzessionen bedachte Land.
Elf-Aquitaine will die Vorkommen ausbeuten, die in den Madschnun-Sümpfen vermutet
werden. Auf drei Milliarden Dollar werden die Erschließungskosten veranschlagt, an denen sich Elf-Aquitaine
mit 40 Prozent beteiligen will. Die tägliche Fördermenge soll bis zu 600.000 Barrel steigen. Experten
vermuten auf den Madschnun-Feldern 20 Milliarden Barrel.
Das Unternehmen Total interessiert sich für die Ölvorkommen in Nahr Umar, ein
Feld, das in den 60er Jahren entdeckt wurde. Die dort erhoffte Fördermenge beträgt 500.000 Barrel täglich.
Die französische Total-Fina-Elf und die russischen Konzerne Lukoil und Slavneft sind
bereits seit einigen Jahren im Irak tätig. Ob ihre Verträge auch nach einem Regierungswechsel in Bagdad
anerkannt werden, bezeichnete ein Sprecher der Exilopposition INC als unsicher. Frankreich befürchtet daher,
dass nach einem Sturz Saddam Husseins eine US-freundliche Regierung in Bagdad die bisher vereinbarten Erschließungsabkommen
annulliert.
Russland: Hoffen auf ein Ende der Sanktionen
1997 sicherte sich ein russisches Konsortium unter Führung des Ölkonzerns "Lukoil"
die Rechte zur Förderung auf einem der weltweit größten Ölfelder – "Westkurna 2". An
der Ausbeutung wollen sich die Firmen Sarubeschneft und Machinoimport beteiligen. Das damals von Russland veranschlagte
Investitionsvolumen betrug drei Milliarden Dollar. Die avisierte Fördermenge beträgt bis zu 20 Milliarden
Barrel, der erhoffte Gewinn 20 Milliarden Dollar.
Insgesamt besitzen russische Firmen im Irak Ölkonzessionen in einem Wert von rund
zehn Milliarden Dollar.
Mit der Ankurbelung des Ölgeschäfts erhofft sich Russland außerdem die
Rückzahlung von acht Milliarden Dollar Schulden, die vor allem durch ehemalige Waffenlieferungen entstanden
sind.
Außerdem befürchtet Russland nach einem Sturz Saddams eine mögliche Aufhebung
der bisher mit dem Irak geschlossenen Öl-Verträge.
China: Förderpläne bis zum Jahr 2020
1996 unterschrieben Irak und China (vertreten durch die Ölgesellschaften CNPC und
Norinco) ein erstes Abkommen über die Erschließung des AI-Ahdab-Ölfeldes. Die dort lagernden Reserven
werden auf 1,4 Milliarden Barrel geschätzt. 1,3 Milliarden Dollar sind als Investition geplant.
Der Konzern China National will bis zum Jahr 2020 bis zu fünf Milliarden Barrel Öl
aus dem Irak importieren. Ihm ist das Rumailah-Ölfeld zugesprochen worden.
In China wächst der Energieverbrauch jährlich um zehn Prozent.
Großbritannien: Bislang ohne Konzessionen
Von den fünf
größten Erdölgesellschaften sind zwei britisch, BP und Shell. Shell ist zumindest überwiegend britisch. BP ist sogar ein britischer Staatsbetrieb und hat 20 Jahre lang bis in die
Verwaltung des Iraks hineinregiert.
Heute hat kein einziges britisches Unternehmen Konzessionen an der Förderung im Irak.
Dabei hatte bereits das sogenannte "Red-Line"-Abkommen von 1921 nach Zerfall des
osmanischen Reichs Nachfolgestaaten in Vorderasien strikt nach britischen und französischen Ölinteressen
zugeschnitten. Der britische Botschafter in Bagdad war zugleich Regionalchef des Ölkonzerns British Petroleum,
der seit 1913 im britischen Staatsbesitz ist. Die einstigen britischen Privilegien sind allerdings Geschichte.
Dazu hat in jüngerer Zeit nicht zuletzt die harte Haltung Londons gegenüber Bagdad
sowie die Unterstützung für die US-Politik beigetragen. Als Reaktion darauf verweigert der Irak Großbritannien
die Gewährung von Konzessionen.
USA: Markt mit riesigem Bedarf an Energie
Schon jetzt verbraucht die US-Wirtschaft 25 Prozent der Welterdölförderung.
Ein Viertel der weitweit geförderten
Ölmenge, das sind mehr als 20 Millionen Barrel Öl täglich – mehr, als Deutschland, Japan, China,
Russland und Frankreich zusammen verbrauchen.
2020 werden die US-AmerikanerInnen über 25 Millionen
Barrel pro Tag verbrauchen.
Das US-Energieministerium verkündete Anfang Januar, dass bis spätestens 2025 etwa 70% des in den USA benötigten Erdöls importiert werden müssen. Vor zwei Jahren waren es noch 55%. Nach Berechnungen der Weltenergiebehörde könnten die USA ihren Bedarf lediglich über einen Zeitraum von fünf Jahren über die landeseigenen Ölvorräte decken.
Deshalb sind die USA daran interessiert, die Kontrolle über die Preisentwicklung zu behalten.
Die Rechnung ist einfach: der Irak besitzt die zweitgrößten
Erdöl-Reserven der Welt. Damit ist er im Besitz dessen, was der Markt so nötig braucht, um den Benzin-Bedarf
einer verschwenderischen Konsum-Gesellschaft zu decken.
OPEC: Lästiger Preisregulator
Die Organisation Erdöl exportierender Länder verfügt noch immer mit 78 Prozent
über den Löwenanteil aller Vorkommen.
Seit 1999 hat die OPEC die in den zwei Jahrzehnten zuvor verlorene Herrschaft über
die Ölpreissteuerung zurückerlangt. Nach Schätzungen des ehemaligen saudischen Öl-Ministers,
Scheich Ahmed al Yamani, könnte 2004, ohne OPEC-Eingriffe, der Öl-Preis auf zehn Dollar pro Barrel fallen.
Dagegen will das Kartell künftig über Mengenbegrenzung bei der Förderung und Lieferung den Preis
zwischen 22 und 28 Dollar pro Barrel stabilisieren.
Seit 1991 geben die USA jährlich 50 bis 60 Milliarden US-Dollar für
ihr militärisches Engagement im Golf aus. Das macht umgerechnet 100 Dollar pro Barrel Öl, der von dort
in die Vereinigten Staaten geliefert wird.
Auch die Engländer leisten sich einiges – mit 4.000 Mann Dauer-Truppenpräsenz
am Golf.
Nach Ansicht des Analysten Goldman Sachs würde eine langfristige Erhöhung des Ölpreises um zehn Dollar pro Barrel das US-amerikanische Wirtschaftswachstum um einen Prozentpunkt senken.
Niedrige Preise seien deshalb im Interesse der USA.
Geostrategische Kontrolle
Aber nicht nur die Kontrolle der Preisentwicklung ist das Ziel dieses Krieges, es geht
auch um die Kontrolle eines gesicherten Zugriffs schlechthin.
Zbigniew Brzezinski, der ehemalige außenpolitische Berater des Weißen Hauses,
bezeichnet Eurasien als "das Schachbrett, auf dem der Kampf um globale Vorherrschaft auch in Zukunft ausgetragen
wird" (in: Die einzige Weltmacht, Frankfurt/Main 1999). Nun geht es darum, wer die zentralen Felder unter seine Kontrolle
bringt.
Saudi-Arabien ist für die USA zu einem Unsicherheitsfaktor geworden. Von dort kamen
die meisten der Kamikazeattentäter des 11. September, und in Riad droht am ehesten ein Umsturz durch strenggläubige
wahabitische Islamisten. Eingreifen könnten die USA im Land von Mekka oder Medina aber nicht, das würde einen Flächenbrand in der gesamten islamischen
Welt auslösen. Deshalb ist der Irak das Substitut. Er ist die US-amerikanische Erdölversicherung, falls
die Kontrolle über das saudi-arabische Erdöl verloren geht.
Kriege zur Ressourcensicherung sind prinzipiell nichts Neues. 1991, nach Auflösung
des Warschauer Pakts, ist die weltweite Ressourcensicherung in Rom sogar in die neue Nato-Strategie eingeflossen.
Die Sendung "Monitor" präsentierte
im November 2002 ein internes Dokument der US-Armee von März 2001. Also erstellt sechs Monate vor
dem 11. September. Dieses enthält bereits das Szenario eines Irak-Krieges. Mit genauem Aufmarsch- und Angriffsplan.
Unter dem Stichwort "regionale Interessen
der USA" heißt es an erster Stelle – ungeschminkt: "gesicherter Zugang zum Öl am Golf".
Brächten die USA den Irak unter ihre Kontrolle, könnten sie nicht
nur die Produktion des von ihnen verbrauchten Öls diversifizieren, sondern auch die Transportrouten. Dies
ist von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit.
Am 6. Oktober 2002 explodierte der französische Tanker "Limburg"
vor der jemenitischen Küste. Man nimmt an, dass es ein Terroranschlag war. Sollte sich das bestätigen,
so war es vielleicht eine Übung für einen größeren Coup: Gelänge es Terroristen, in der
Straße von Hormus (der Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman) ein oder zwei Tanker
zu versenken, dann wäre sie für längere Zeit unpassierbar und große Mengen Öl aus Saudi-Arabien,
dem Iran und Kuwait könnten den Persischen Golf nicht mehr verlassen – im Unterschied zum irakischen Öl.
Der Anteil des irakischen Öls, das über den Golfhafen Basrah verschifft wird, ist nämlich seit Jahren
rückläufig, das meiste wird inzwischen über Pipelines exportiert, wie etwa über die 1977 errichtete
und seitdem erheblich ausgebaute Kirkuk-Ceyhan-Pipeline, die das Öl in eben den türkischen Mittelmeerhafen
bringt, in dem auf Betreiben der USA ab 2005 auch das Öl aus dem Kaspischen Meer ankommen soll.
1997 – noch zur Zeit der Clinton-Administration – gründeten Spitzenpolitiker der heutigen Regierungsmannschaft, die gleichzeitig im Ölgeschäft tätig waren, das Projekt "New American Century", eine Interessensgruppe, die zum Zweck der eigenen Bereicherung einen Regierungswechsel im Irak einforderte. In Briefen an das Weiße Haus schrieben sie:
"Wir sollten in der Region eine starke militärische
Präsenz aufbauen und aufrechterhalten und darauf vorbereitet sein, diese Macht zu nutzen, um unsere lebenswichtigen
Interessen am Golf zu schützen und – falls notwendig – dabei behilflich sein, Saddam zu entmachten."
Die Unterzeichner der Erdöllobby-Briefe waren unter
anderen: der heutige Vizepräsident Dick Cheney, der heutige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, sein Stellvertreter
im Pentagon, Paul Wolfowitz, der parlamentarische Staatssekretär für Waffenkontrollen, John Bolton, Colin
Powells parlamentarischer Staatssekretär im Außenministerium, Richard Armitage, und Richard Perle, ein
ehemaliger stellvertretender Staatssekretär im Verteidigungsministerium und gegenwärtig Vorsitzender
des Verteidigungswissenschaftsausschusses. Außerdem Zalmay Khaliszad. Der frühere Berater des Energiekonzerns
"Unocal Corporation" ist zwischenzeitlich zum US-Sondergesandten für Afghanistan bestellt worden,
als "Unocal" noch mit der Taliban über einen Gaspipeline-Vertrag verhandelte. Und heute – wen wundert
es – heute ist Khalizad Sondergesandter des Präsidenten für den Irak.
Edward Morse, Berater der US-Ölindustrie
von Hess Energy Trading, sieht klare Prioritäten in der Bush-Administration:
"Ganz gewiss, es gibt in dieser Regierung
mehr führende Persönlichkeiten aus der Öl- und Gasbranche als je zuvor in einem amerikanischen Kabinett.
Das beginnt beim Präsidenten, geht weiter zum Vize, der einem der wichtigsten Ausrüstungskonzerne vorstand.
Das alles heißt: sie kennen die Industrie, sie haben Freunde in der Industrie."
Der Präsident selbst hat mit Öl
Geld verdient, sein Wahlkampf wurde von der Erdölindustrie – allen voran durch Exxon – massiv gesponsert.
Sein Vizepräsident Dick Cheney war Aufsichtsratsvorsitzender des Ölausrüsters Halliburton, dessen
Tochterfirmen noch bis Sommer 2000 mit dem Irak Geschäfte machten. Und Condoleezza Rice, die Nationale Sicherheitsberaterin,
war früher Mitglied im Aufsichtsrat des mächtigen Ölkonzerns Chevron.
Stark expandieren will die italienische ENI, die bereits die Führung
über das größte Bohrprojekt der Welt im Kaspischen Meer besitzt und in den kommenden vier Jahren
24 Milliarden Euro in den Ausbau des Gas- und Ölgeschäfts investieren möchte.
Deutschland ist der einzige große imperialistische Staat, in dem es
keinen wichtigen Ölkonzern gibt. An
dem großen Geschäft,
das auf die Ölkonzerne wartet, kann sich Deutschland nicht beteiligen, und seine Importe bezieht es zum allergrößten
Teil aus Russland, Großbritannien, Norwegen und Libyen. Im Unterschied zu den USA und Großbritannien
hat es also durch einen Krieg nichts zu gewinnen.
Die deutsche Regierung pflegt nicht nur traditionell gute Beziehungen zum
Irak. Anlässlich des 5. "Deutsch-Arabischen Wirtschaftsforums" am 27. Juni 2002 versprach Wirtschaftsminister
Müller:
"Wie im vergangenen Jahr wird auch die Teilnahme deutscher Unternehmen
an der diesjährigen Internationalen Handelsmesse in Bagdad mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt gefördert".
Auch wenn nicht primär das Erdölgeschäft lockt, so wünscht
sich die Deutsche Exportstatistik doch primär einen prosperierenden Handelspartner.
Auch mit dem den USA verfeindeten Iran unterhält die Bundesrepublik Deutschland
intensive Beziehungen. Diese an dieser Stelle ökonomisch aufzuschlüsseln, dürfte etwas weit führen.
Diplomatisch ist die deutsche Außenpolitik jedoch bestrebt, den Iran mittelfristig auf das internationale
Parkett zurückzuführen. Diese – noch weitgehend hinter verschlossenen Türen stattfindenden Verhandlungen
– schließen Überlegungen zu freien Wahlen und der Rückkehr zu einer laizistischen Republik ein.
Derartige Bestrebungen sind noch hoch fragil und dürften durch die kriegerische
Eskalation in der Region deutliche Rückschläge erleiden.
Kriege um Rohstoffe sind nichts grundsätzlich Neues. Neu jedoch ist, dass widerstreitende
Interessen erstmals seit 1945 offen zum Streit zwischen den Führungsnationen der international dominierenden
Industriestaaten offen ausgetragen werden – noch auf dem diplomatischen Parkett. Hier zeichnen sich noch zaghaft
die Konfliktfelder der Zukunft ab. Mit schwindenden Ressourcen werden die Verteilungskämpfe an Härte
zunehmen und gegebenenfalls auch zwischen den konkurrierenden Interessensbündnissen mit Gewalt ausgetragen werden. Gewiss
ist dieser Punkt noch lange nicht erreicht, und möglicherweise werden auf diesen wieder gemeinsam geführte
Kriege folgen. Die Warnzeichen für die Zukunft stehen jedoch auf rot.
Eine Lehre muss sein, dass auch die Friedensbewegung eine Senkung des Ressourcenverbrauches
zu ihren Forderungen erhebt, eine Anti-Öl-Strategie entwickelt und die Entwicklung regenerativer Energiequellen
propagiert.
Es besteht deutlicher Bedarf nach einer Treibstoffstrategie zur Mobilisierung von Biokraftstoffen.
Das europäische Potenzial reicht für eine Treibstoffunabhängigkeit aus.
Das wäre eine richtige Antwort, um bereits im Vorfeld Konfliktpotentiale für
kommende Kriege zu mindern. Ähnliches wurde selbst in den USA schon einmal formuliert. Von der US-Regierung
unter Jimmy Carter – als Reaktion auf die Erdölkrise der Siebziger Jahre.
Unter Carter entstand 1980 eine umfangreiche Studie über die Notwendigkeit vom Ausbau
dezentralisierter und erneuerbarer Energien. Sie trägt den Untertitel: "Alternativen zur Verletzbarkeit
der Nation und zum Krieg". Erstellt wurde sie im Pentagon. Ronald Reagan zerschlug diese Ansätze sofort
wieder, denn sein Wahlkampf war genauso intensiv von der Ölindustrie gesponsert worden wie der von Bush.
Siehe zum Thema "Frieden für Öl" auch einen alten Artikel von Knut Rauchfuss, der im Januar
2000 erschienen ist, jedoch auch rückblickend nur wenig an Aktualität verloren hat:
http://www.nadir.org/nadir/periodika/kurdistan_report/2097/17.htm