Brief von Christel Jünger vom 3.11.2000

Wo können noch Mittel für die Veranstaltungen mit Orna Birnbach erhalten werden?

Zur Zeit laufen in Bochum an mehreren Schulen Veranstaltungen mit einer der letzten Überlebenden der Shoa, Orna Birnbach. Diese Veranstaltungen haben eine Auszeichnung und Würdigung durch das Schulministerium und den Ministerpräsidenten, Herrn Clement, erfahren.
Sie entsprechen genau der Intention der Agenda 21 und den notwendigen Aktivitäten gegen Rassismus, zu denen die Schulen jetzt offiziell und öffentlich aufgefordert sind.
Probleme mit der Finanzierung treten jetzt auf, da ein von der Programmgruppe der Bochum Agenda 21 bewilligter Eilantrag, dessen Bewilligung den Antragstellern auch mitgeteilt worden ist, im Nachhinein vom Büro Bochum Agenda 21 - vermutlich auf Anweisung durch den Oberbürgermeister - einfach aufgehoben wurde.
Es ist m.E. unerträglich, dass hier Zusagen nicht eingehalten werden und die Organisatoren jetzt privat für die hohen Kosten aufkommen müssen. Die Kolleginnen und Kollegen haben durch ihr persönliches Engagement, ihre Zeit und ihr Geld dafür gesorgt, dass mehrere hundert Bochumer Schülerinnen und Schüler sowie andere BürgerInnen in zwei öffentlichen Veranstaltungen eine der letzten noch lebenden und engagierten Zeitzeugen kennenlernen können und über die dunkle Zeit des Rassismus und der Intoleranz anschaulich informiert werden. Eine Aktion, die nicht mehr lange durchgeführt werden kann und hochaktuell ist.
Die vom Agenda 21 Büro vorgebrachten Argumente (Doppelfinanzierung, Beginn des Projektes vor der Zusage, Wiederholung bereits durchgeführter Veranstaltungen), hätten durch Nachfragen beim Antragsteller, der GEW, dem Kulturbahnhof Langendreer und der evangelischen Stadtakademie, schnell ausgeräumt werden können.
Orna Birnbach ist erst nach Zusage der Agenda 21 Mittel endgültig eingeladen worden. Man hat sich von Seiten des Büros Bochum Agenda 21 noch nicht einmal darum bemüht, die Hintergründe zu klären. Die schriftliche Mitteilung über die Ablehnungsgründe, die den Programmgruppenmitgliedern zugesichert wurde, ist nach 11 Tagen immer noch nicht angekommen.
Als Aktive in der Bochum Agenda 21, die über das Netzwerk der Umweltkontaktschulen diese Veranstaltung mit propagiert hat, bin ich zusätzlich deshalb besonders betroffen, da wieder einmal der Eindruck entsteht, dass die Struktur der Bochum Agenda 21 durch das Verhalten der Verwaltung offensichtlich wohl nur Alibifunktion haben soll und mehr Beschäftigungstherapie ist, damit Bochum nach außen mit den "tollen Aktionen" prahlen kann. Sind wir die nützlichen Idioten ?
Im Grunde genommen sind die Strukturen der Bochum Agenda 21 durch die Anbindung an das Oberbürgermeisterbüro als hierarchisch zu bezeichnen. Dies zeigte bereits deutlich die Kritik auf der Vollversammlung. Unglaubwürdig wird mir die Ernsthaftigkeit, mit der die Verwaltung im Sinne der Agenda 21 eine echte Kommunikation, Kooperation und Partizipation mit den engagierten Bürgern betreibt. Sowohl die Programmgruppe der Bochum Agenda 21 als auch der Arbeitskreis "Schulen und Bochum Agenda 21" haben sich eindeutig für die Projektförderung der Orna Birnbach Veranstaltungen im Rahmen der Bochum Agenda 21 ausgesprochen. Werden wir zensiert?
Oder ist die Agenda Kasse leer? Dann sollte man dies deutlich sagen. Ich erkläre mich hiermit bereit, privat einen Teil des Geldes vorzustrecken, wenn die schriftliche Zusage der Projektförderung vorliegt. Ich gehe davon aus, dass andere, die ernsthaft an der Durchführung der Veranstaltungen interessiert sind und bei denen noch eine Einheit zwischen Reden und Handeln besteht, dies ebenfalls tun werden. Unglaubwürdig erscheint mir auch ein Oberbürgermeister, der am gleichen Tag an dem er 2500 DM für eine Veranstaltung mit Orna Birnbach streichen läßt, in der WAZ stolz die Aktivitäten in Bochum gegen den Rassismus bei einer Buchveröffentlichung preist. Eine Förderung der Veranstaltungen durch die Landesmittel zur "Arbeit gegen Rassismus" wurde nach meiner Kenntnis ebenfalls durch ihn oder das Oberbürgermeisterbüro abgelehnt.
Da ich auch als Person tief getroffen bin und die Perspektiven einer Weiterarbeit im Rahmen der Bochum Agenda 21 dadurch in Frage gestellt sehe, ist meine "Nachfrage mit der Bitte um Hilfe" zusätzlich zu einer persönlichen Stellungnahme geworden.
Mit freundlichen Grüßen
Christel Jünger