
Nr. 55 • 6. Februar 2001
„GEW“ marschiert!
Hochschulgruppe bellt in rechter Rhetorik
Welche Rolle die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im deutschen
Standortgetriebe allgemein spielt, ist ihr Problem und das des DGB . Was vorwitzige Hochschülerinnen und -schüler
unterdessen an der RUB unter dem Label „ GEW- Studierendengruppe “ anlässlich der SP- Wahlen getrieben haben,
hat mit Gewerkschaftspolitik wenig, dafür einiges mit rabiat rechter Rhetorik zu tun.
Dass dieser Verein mit diesem Programm bei der anstehenden AStA-Bildung keine Berücksichtigung finden wird,
ist noch das Beste, was man über ihn sagen kann. Harmlos ist im Vergleich auch noch das „neue Denken“ 1 ,das
man von Ferne aus dem New Age sozialistischer Studentengruppen der Gorbatschow-Ära kennt. Unappetitlich allerdings
das Getöse, das im Namen des gesunden Volkszorns gegen „politische Listenheinis“ und eine „Rote Feministen
Uni“ (!?) losgelassen wurde.
listenfreier asta?
Dass sie nicht gewusst haben, was sie schreiben, mag stimmen. Eine Entschuldigung ist das nicht. Kennzeichnend
für die eine oder andere durchgebrannte Sicherung war schon das Gebaren des Sprechers der Gruppe. Als, wie
er selbst einräumte, Geschasster der „TuWas“- Liste, für die er noch im vorigen Jahr vergeblich für
den AStA- Vorsitz kandidiert hatte, gefiel er sich nun in der Rolle des Rächers, der darüber alle guten
Sitten vergaß und unverblümt für einen „listenfreien“ AStA warb.
Die Sprache, in die er dabei verfiel, erinnerte in Gestus und Wortlaut an jene Art Zupacker, dem 34 Parteien zu
viel und ein Volk gerade genug ist.
Wer die Absicht offen ausspricht, „den Einfluss der politischen Listen zu beschränken“, die sich in der Projektion
des Rächers immer nur ihre „Pfründe“ teilen, bedient ein Ressentiment, mit dem Hitler und Haider schon
wichtigere Wahlen als die einer Studierendenvertretung gewonnen haben. Die hundsmäulige Hetze gegen „politische“,
was, wie man später erfuhr, heißen sollte: „linke Listen“, hat hierzulande eine lange, immer auch antisemitische
Tradition. Unzweideutig war spätestens die Metaphorik der „Filzläuse“, denen ein „Kammerjäger“ Abhilfe
durch Vernichtung schaffen sollte. Im Nationalsozialismus hat, wie man außerhalb der „GEW- Studierendengruppe“
wohl weiß, genau solche Bildersprache den Massenmord an den europäischen Juden, lange bevor er beschlossene
Sache war, ideologisch vorbereitet. Nicht zufällig ist bis heute noch das Bild vom volkszersetzenden Ungeziefer
ein beliebter Aufruf zum Mord unter Neonazis. Neu – aber vielleicht ebenso-
wenig zufällig – ist, dass Studierende, indem sie sich zwanghaft dem sogenannten Mann von der Straße
anbequemen wollen und dabei ihrem antiintellektuellen Eifer freie
Bahn lassen, anstandslos auf solches Repertoire zurückgreifen.
halluziniertes wahlvolk
Gewiss ist niemand der für diesen Gedankenmüll verantwortlichen „Fachschaftsgewerkschafter“ (?) tatsächlich
ein Anhänger seiner unbewussten Vorbilder. Ebenso ist das Volk, auf dessen Einverständnis sich großspurig
bezogen wurde, ein zum Glück nur halluziniertes. An der trostlosen geistigen Verfassung gestrandeter Weltveränderer
aber rächt sich allemal, dass sie nie etwas von der Gesellschaft begriffen haben, die sie erst nur unzureichend
und nun, wie sich zeigt, in die falsche Richtung verändern wollen. Vom „AStA für alle“, wie es früher
mal geheißen hat, ist bloß mehr das Delirium einer studentischen Volksgemeinschaft übrig geblieben.
Dem wählenden ‚Volk‘, das auf solche Gemeinschaft so gut wie ich verzichten kann, ist es zu danken, dass diese
„GEW“ es nur auf 2 von insgesamt 35 Mandaten bei derzurückliegenden SP- Wahl gebracht hat. Wie man ferner
hört, wird die gleichnamige Gewerkschaft ihnen schon bald das Copyright entziehen. Macht zwei Signale und
eine Botschaft: Auflösen die Truppe. Sofort.
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