Montag 17.06.19, 15:51 Uhr
Sozialberatung Ruhr:

„Hartz-IV-EmpfängerInnen erhalten in Bochum zu wenig Geld für die Miete“


Die Sozialberatung Ruhr schreibt: »Hartz-IV-Empfänger erhalten auf der einen Seite einen Grundbetrag und auf der anderen Seite die Kosten für Unterkunft und Heizung. § 22 SGB II sagt dazu: „Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.“ Es stellt sich insofern die Frage, ob die konkret im Einzelfall gezahlte Miete noch angemessen ist. Um dies bestimmen zu können, müssen die jeweiligen Jobcenter und hier sind es im Regelfall die dahinter stehenden Kommunen ein sog. schlüssiges Konzept entwickeln. Es stellt sich also in jeder Gemeinde die Frage, ob die zugrunde gelegten Beträge korrekt ermittelt worden sind. Für die Stadt Bochum hat das Sozialgericht Dortmund (mal wieder) entschieden, dass dies nicht der Fall ist.

Unter dem 10.04.2019 hat das Sozialgericht Dortmund zum Aktenzeichen S 37 AS 5432/15 (also nach vier Jahren) entschieden: „Der Beklagte (das Jobcenter Bochum) verfügt über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Referenzmiete“ (Seite 5 dritter Absatz erster Satz). Bereits früher hatten diverse Gerichte u. a. das Landessozialgericht NRW das Jobcenter bzw. die Stadt Bochum darauf hingewiesen, dass sie nicht über ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der gerade noch angemessenen Miete verfügt. Standardmäßig lautete die Antwort dann immer, dies sei zwar für die alten Konzepte zutreffend, für das aktuelle allerdings nicht. Dieses sei korrekt und entspräche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Sollte dann endlich ein Verfahren über dieses Konzept erfolgen, ist es dann auch nicht rechtmäßig.
Dass dieses System Methode hat dürfte nicht weiter verblüffen. Insgesamt betrug die Differenz zwischen anerkannten und tatsächlichen Kosten der Unterkunft im Jahre 2015 € 52,9 Mio., im Jahre 2016 € 50,1 Mio. und im Jahr 2017 € 52,2 Mio.. Für das Jahr 2018 liegen einzelne Monatszahlen vor und diese ergeben für Januar 2018 € 53,8 Mio. und für den August 2018 € 50,7 Mio.. Insgesamt beziffert Prof. Sell die Unterdeckung bei den Wohnkosten mit € 627 Mio.
Wenn man dann auch noch berücksichtigt, dass es eine Reihe von Gemeinden gibt, in denen die Mietpreise extrem ansteigen, so ist das gesamte System der Ermittlung der gerade noch angemessenen Mietkosten mehr als reformbedürftig. Dies gilt für die Kosten der Unterkunft, dies gilt für die Kosten der Heizung und der Warmwasserversorgung, aber es gilt auch für die Ermittlung desjenigen Kostenbetrages, der aufgewandt werden muss, um z. B. Haushaltsstrom zu bezahlen. Die Berechnungsmethoden sowohl bei der Berechnung der gerade noch angemessenen Unterkunftskosten als auch bei der Berechnung des Regelbedarfs müssen dringend überarbeitet werden, da man sich letztendlich ansonsten nicht wundern darf, wenn es zu extremen Auswüchsen bei der Kinderarmut etc. kommt. Ziel muss es sein, die tatsächlichen Kosten zu ermitteln und zu übernehmen und nicht fiktive Kosten, die völlig ins Blaue hinein geschätzt worden sind.«