Donnerstag 24.01.19, 11:53 Uhr

WAZ geht der AfD auf den Leim 2


Die freie Kulturszene steht in aller Regel für Weltoffenheit, Toleranz und Antirassismus und ist damit eine entschiedene Gegnerin der AfD. Die AfD startet daher regelmäßig Diffamierungsattacken gegen die Kultureinrichtungen. Wie es bei Populisten üblich ist, wird immer wieder nachgebohrt,  wie es um die öffentliche Finanzierung der Kulturarbeit steht. Jetzt hat sie einen Erfolg in der WAZ gelandet. „Keine einziger aus dem Kreis der 31 freien Bochumer Kulturschaffenden hat sich 2018 um Landes-Fördergelder bemüht,“ wird die Behauptung der AfD zitiert, ohne seriös zu recherchieren, ob das stimmt. Die AfD möchte den Eindruck erwecken, dass die freie Szene im Geld der Stadt Bochum schwimmt und es nicht nötig hat, Gelder beim Land zu beantragen. In der Online-Ausgabe der WAZ lautet die Überschrift sogar: „AfD kritisiert: Kulturschaffende verschmähen Landesförderung.“ Autor des WAZ-Artikels ist Jürgen Boebers-Süßmann, der für den Bochumer Kulturteil zuständige Redakteur. Ein Anruf beim Bahnhof Langendreer hätte gereicht, um zu erfahren, dass selbstverständlich Landesmittel beantragt werden. Über die Förderung des Endstation Kinos hatte die WAZ selber vor einigen Wochen berichtet.
Hintergrund der Geschichte ist eine Mitteilung der Verwaltung auf eine Anfrage der AfD: „Welche der in Bochum geförderten Akteure hat sich bislang zusätzlich beim Landesministerium um eine Förderung beworben?“ Antwort der Verwaltung: „Das Kulturbüro hat die 31 in Frage kommenden Träger der Freien Kultur um Beantwortung gebeten. Davon haben neun Fehlanzeige gemeldet und die restlichen nicht geantwortet.“
Wenn mehr als zwei Drittel der Einrichtungen auf eine Frage eines sehr wichtigen Geldgebers nicht antworten, dann ist das erkennbar ein konzertierte Aktion. Die Verwaltung hatte schließlich erwähnt, dass es um eine Anfrage der AFD geht. Die Szene hat die AfD-Attacke schlicht und ergreifend ignoriert und die Verwaltung hat das akzeptiert und nicht nachgehakt.
Dass ein so erfahrener langjähriger WAZ-Redakteur wie Jürgen Boebers-Süßmann der AfD auf den Leim geht und die abenteuerliche Interpretation der AfD ernst nimmt und daraus ein Vierspalter macht, konnte keiner ahnen.

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2 Gedanken zu “WAZ geht der AfD auf den Leim

  • Gerd Spieckermann

    Leserbrief (auch an die WAZ)
    Wenn eine rechtspopulistische und, zumindest in größeren Teilen, rechtsextreme Partei im Kulturausschuss eine durchsichtige, dumme und letztlich kulturfeindliche Anfrage stellt, muss das Bochumer Kulturbüro eine Antwort erstellen.
    Aber: Müssen die Freien Künstler*innen, Kulturvereine und –einrichtungen ihre knapp bemessenen Arbeitszeiten und Resssourcen darauf verwenden, der AfD zuzuarbeiten, ihr braunes Gewäsch neu aufzubereiten? Nein, keineswegs – neun Antworten sind exakt neun zu viel.
    Muss die WAZ fast eine halbe Seite des knapp bemessenen Bochumer Kulturteils darauf verwenden, der AfD eine breitere Öffentlichkeit zu bieten und das „Ergebnis“ der Umfrage faktisch als Tatsache zu präsentieren? Nein, keineswegs – die halbe Seite hätte gut darauf verwandt werden können, die inhaltlichen Planungen für 2019 oder auch die in weiten Teilen prekäre Situation der Freien Szene ausführlich zu thematisieren.
    Und: mitunter wäre auch eine sehr kurze und einfache Recherche durch ein Telefonat, den Blick auf ein paar Webseiten oder in vorliegende Programme hilfreich! Schnell wäre klar geworden, dass das Einwerben von Fördermitteln beim Bund und Land NRW, bei Stiftungen und Fonds, bei Sponsoren zum täglichen Geschäft gehört, unendlich Zeit frisst (die teils für die originäre künstlerische Arbeit fehlt) und auch erfolgreich betrieben wird.
    Beispiele gefällig: FIDENA, Bo-Biennale, Blicke – Filmfestival, Bahnhof Langendreer, Prinzregent-Theater, Rottstr. 5 – Theater, Bochumer Kulturrat, Figurentheaterkolleg …
    Ich bin mir sicher, die Kolleginnen und Kollegen stehen dir, lieber Jürgen Boebers-Süßmann, fast jederzeit für ausführliche Informationen zur Verfügung.
    Gerd Spieckermann

  • Ralf-D. Lange

    Völlige Dreistigkeit bei totaler Ahnungslosigkeit – so hätte man die Meldung in der WAZ auch titeln können. Denn bei der Verlautbarung der AfD wird die Unwissenheit ihres Mitgliedes im Kulturausschuss in Bezug auf Kultur und besonders in Bezug auf die freie Szene in Bochum nur allzu deutlich. Es müsste doch jedem/r Kulturinteressierten in Bochum klar sein, dass manche Projekte nur durch und mit Förderung des Landes oder Bundes überhaupt überleben können und dass sie Jahr für Jahr die erforderlichen Förderanträge stellen. Und egal, woher das Geld kommt: Steuergelder sind es allemal – und sie sind gut angelegt. Das zeigt sich auch daran, dass viele der angefragten Initiativen erst gar nicht auf die Anfrage der rechtsextremen Partei AfD geantwortet haben. Gut so! Dass die WAZ auf solch eine uninformierte Luftnummer einer kulturfeindlichen Partei reinfällt und einen derartigen Kronzeugen in Sachen Kultur ernst nimmt, ist ein anderes Thema…

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