Donnerstag 19.07.18, 18:16 Uhr
Gutachter fordert massive Verkehrsberuhigung auf der Herner Straße

Stadt hält Gutachten unter Verschluss


Auf der Sitzung des Mobilitäts-Ausschusses des Rates am 10. Juli hat ein Gutachter des raumkom-Instituts ein bemerkenswerte Fachgutachten vorgestellt. Demnach lassen sich Dieselfahrverbote auf der Herner Straße kurzfristig nur verhindern, wenn eine Fahrspur für Autos mit Verbrennungsmotoren gesperrt wird, dort also nur Fahrräder, Busse und ggf. Elektroautos fahren dürfen. Gleichzeitig müsse die Höchstgeschwindigkeit für die Herner Straße auf 30 km/h gesenkt werden. Die Linksfraktion berichtet: „Diese eindeutige Aussage des Gutachters gefiel aber weder den Vertreter*innen der Verwaltung noch der rot-grünen Koalition. Statt eine Umsetzung der Maßnahmen zu befürworten, zeigte sich Stadtbaurat Markus Bradtke unglücklich darüber, dass die Deutsche Umwelthilfe nun im Klageverfahren anführen könne, dass Bochum nicht alle von Gutachtern empfohlenen Maßnahmen ergreife.“
Die Linksfraktion hat nun die Beratungsunterlagen bei der Verwaltung angefordert. Ein ungewöhnlicher Vorgang, denn das Gutachten wurde schließlich vor mehr als einer Woche in einer öffentlichen Ausschuss-Sitzung vorgestellt. „Normalerweise stellt die Stadt solche Unterlagen von sich aus zur Verfügung“, sagt Sabine Lehmann, Mitglied der Linksfraktion im Ausschuss für Infrastruktur und Mobilität. „Wir haben jedoch die Befürchtung, dass die Verwaltung und die rot-grüne Rathauskoalition die Vorschläge des Gutachtens nicht umsetzen wollen. Damit würden sie ein Diesel-Fahrverbot auf der Herner Straße provozieren.“
„Wir fordern die sofortige Veröffentlichung des Gutachtens und eine zeitnahe Umsetzung der Maßnahmen“, sagt Sabine Lehmann. „Wenn die Stadt durch Untätigkeit ein Diesel-Fahrverbot provoziert, sind davon insbesondere Menschen mit mittleren und geringen Einkommen betroffen, die sich nicht einfach so ein neues Auto leisten können. Die jetzt von den Gutachtern eingeforderte Verkehrsberuhigung befürworten wir schon lange. Sie entlastet die Anwohner*innen, da der Durchgangsverkehr dann eher auf der Autobahn bleibt. Und vor allem stellt sie eine Verbesserung für die ökologisch-sozial sinnvollen Verkehrsformen ÖPNV und Fahrrad dar.“
Zum Hintergrund des Vorgangs schreibt die Linksfraktion: »Die Stadt Bochum hat das raumkom-Institut beauftragt, für sie einen so genannten „Green-City-Plan“ zu entwickeln, um die Luftqualität zu verbessern und drohende Diesel-Fahrverbote zu vermeiden. Dazu sind insbesondere Kommunen mit besonders hohen Schadstoff-Werten angehalten. Die Maßnahme steht im Zusammenhang mit den Ergebnissen des „Nationalen Forums Diesel“ und den Gesprächen der Bundesregierung mit den Ländern und Kommunen. Diese Green-City-Pläne sollen den Kommunen die Grundlage für die Umsetzung von emissionsreduzierenden Maßnahmen liefern.
Im März 2018 hat die Deutsche Umwelthilfe Klage gegen die Stadt Bochum eingereicht, um Maßnahmen zur Senkung der Stickstoffdioxid-Belastung (NO2) zu erreichen. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation trägt die Überschreitung der NO2-Grenzwerte zu mehr als 800.000 jährlichen Neuerkrankungen an Diabetes und Asthma sowie knapp 13.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland bei. Bochum gehört zu den Städten, die nach amtlichen Messungen einen besonders hohen Konzentrationswert von 50µg NO2/m³ oder mehr im Jahresdurchschnitt 2016 aufgewiesen haben.«