Donnerstag 08.03.18, 18:42 Uhr
Positionspapier des Netzwerlkes »Stadt für Alle«

Neugestaltung der Bochumer Innenstadt 6


Das Netzwerk »Stadt für Alle«  hat „ein paar erste Positionen“ zur Neugestaltung der Bochumer Innenstadt veröffentlicht, die deutlich machen sollen, wie eine Stadt für Alle aussehen könnte. Der erste Punkt ist der Bereich „Soziales Wohnen bauen“: »Der Rat der Stadt Bochum hat beschlossen, das Bildungs- und Verwaltungszentrum in der Bochumer Innenstadt abzureißen. Die Stadtbücherei, die Volkshochschule, das Sozialamt, das Jugendamt und die anderen dort untergebrachten Einrichtungen sollen umziehen. Wird das bisherige BVZ-Areal wie geplant für Wohnungsneubau genutzt, fordert das Netzwerk »Stadt für Alle«, dass die Ausgleichsflächen für die betroffenen Einrichtungen ebenfalls in kommunaler Hand bleiben. Reine Mietlösungen oder Public-Private-Partnership-Modelle lehnen wir ab.
Vor allem fordern wir jedoch, dass der Wohnraum, der auf dem Gelände des BVZ entstehen soll, gemeinwohlorientiert bewirtschaftet wird. Darunter verstehen wir Wohnungsbau in einer Trägerschaft, deren Ziel es nicht ist, Rendite zu erwirtschaften, sondern dauerhaft sozialverträgliche Mietpreise zu garantieren. Diese Trägerschaft kann kommunal-öffentlich sein oder privat, zum Beispiel in Form einer Genossenschaft. Entscheidend ist, dass mit der Vermietung der Wohnungen keine Gewinne erzielt werden, an denen sich Einzelne oder institutionelle Anleger bereichern. Werden Überschüsse erwirtschaftet, sollen sie gemeinwohlorientiert reinvestiert werden.
Wir fordern, dass auf dem Gelände Mietwohnungen für Menschen geschaffen werden, die aus unterschiedlichsten Gründen ein Problem haben, sich auf dem freien Markt mit Wohnraum zu versorgen. Wir fordern ein Angebot, das sich an Haushalte richtet, die einen Wohnberechtigungsschein erhalten können (Einpersonenhaushalte bis 28.900 Euro Butto-Jahreseinkommen, Zweipersonen-Haushalte bis 40.700 Euro Butto-Jahreseinkommen). Diese Einkommensgrenzen treffen auf die Hälfte aller Menschen in Bochum zu. Für sie soll der soziale Wohnungsbau bezahlbaren Wohnraum für höchstens 6,10 Euro pro Quadratmeter im Monat schaffen. Einen Wohnungsbau, der sich exklusiv an höhere Einkommensgruppen richtet, lehnen wir ab.

2.) Grund und Boden als Gemeingut

Das Areal des Bildungs- und Verwaltungszentrums sowie alle anderen angrenzenden städtischen Grundstücke sollen im städtischen Besitz bleiben. Das Netzwerk »Stadt für Alle« lehnt einen Verkauf dieses öffentlichen Eigentums an private Investoren ab. Den Trägern des Wohnungsbaus können die Grundstücke nach dem Erbbaurecht überlassen werden. Die Stadt behält dadurch größere Einflussmöglichkeiten und die Investitionskosten für gemeinwohlorientierte Bauträger sinken, weil sie die Grundstücke nicht kaufen müssen, sondern stattdessen einen Erbbauzins entrichten.

3.) Urbane Nachbarschaften, öffentlicher Raum und Recht auf Zentralität

Die städtebauliche Form der zukünftigen Gebäude soll sowohl Privatsphäre für die Bewohner*innen gewährleisten als auch die öffentliche Begegnung fördern. Der an die Planungsflächen angrenzende Appolonia-Pfaus-Park kann in ein offenes Begegnungs- und Nutzungskonzept integriert werden. Eine Stadt für alle darf keine Ausschlüsse oder Verdrängungen produzieren.

Begegnen sich unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse im öffentlichen Raum, können Konflikte entstehen. Eine Stadt für alle muss diese Konflikte aushalten, moderieren und versuchen, auch Widersprüche lebbar zu machen. Unsere Forderung nach dem Erhalt des öffentlichen Raums und dem damit verbundenen innerstädtischen Aufenthaltsrecht Aller, dem Recht auf Zentralität, bezieht sich ebenfalls auf alle anderen Bauvorhaben im Rahmen der Umgestaltung der Innenstadt.

4.) Demokratie

Das Netzwerk »Stadt für Alle« fordert für die Umgestaltung der Innenstadt, und hier insbesondere für die Planungen rund um den Appolonia-Pfaus-Park, einen offenen partizipativen Aushandlungsprozess, der über die üblichen Formate wie Bürgeranhörungen weit hinausgeht. Wir wollen die etablierte Praxis ablösen, der zufolge Stadtentwicklung sowie die damit verbundenen Problemdefinitionen und Lösungsvorschläge nur von Expert*innen, Verwaltungsbeamt*innen und politischen Entscheidungsträger*innen bestimmt werden. Selbst eine Art Beteiligungsprozess, wie ihn zum Beispiel das städtebauliche Förderprogramm »Stadtumbau-West« vorschreibt, ist bisher weder vorgesehen noch wäre er ausreichend. Die Frage, von wem die Bochumer Innenstadt zukünftig genutzt wird und wie sie aussehen soll, betrifft nicht nur die unmittelbaren Anwohner*innen.

Wir wollen, dass die Entwicklung der Bochumer Innenstadt in Form einer gesellschaftlichen Koproduktion organisiert wird. Dazu muss es ein kontinuierliches öffentliches Forum geben, das nicht nur berät, sondern dessen Votum auch ernst genommen wird. Wir wollen nicht weniger als die Spielregeln ändern. Denn eine Stadt für alle kann es nur geben, wenn sich eine Stadt als Gemeinwesen versteht, als öffentliche Ressource oder Commons, und nicht als Unternehmen. Ein Gemeinwesen wird gemeinsam von allen Bewohner*innen für alle Bewohner*innen gestaltet.«


6 Gedanken zu “Neugestaltung der Bochumer Innenstadt

  • Murray Bookchin

    Liebe Emma,

    was wäre denn eine „revolutionäre“ Antwort zum Thema Wohnen und Stadtentwicklung mit einem echten Mehrwert im Hier und Jetzt?

  • Emma Goldmann

    Ach Murray,
    jetzt auch unter die Lampenputzer gegangen?
    Du weisst doch, dass das Lampenputzer-Buch schon lange ein Ladenhüter ist, den niemand mehr kaufen will.
    Schau mal in deiner eigenen Literatur nach, da wirst Du sicherlich genügend Handhabe finden.

    Murray Bookchin
    https://de.wikipedia.org/wiki/Murray_Bookchin

  • Hut

    Och Mönsch Emma/Karl/George/Rumpel/Ralf/Dieter/Leo/Rene usw…

    Wenn du dir für deine immergleiche Ätzerei gegen alle, die irgendwie in Bochum aktiv sind, so voll kreativ neue Namen einfallen lässt, wie wäre es denn, dann auch mal die Platte zu wechseln? Das bekommen Spambots ja sogar besser hin als du…

    Enttäuscht
    der Hut

  • Emma Goldmann

    Immer wieder lustig,

    wenn die Theorie und die Praxis der sich als links oder alternativ ausgebenden Bochumer Blasen und ihres Einsatzes für einen sozialverträglichen Kapitalismus kritisiert werden, dann wird um sich geschlagen.

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