Dienstag 27.02.18, 17:17 Uhr

Natürlich Rassismus, aber auch…


Zu den rassistischen Maßnahmen der Essener Tafel nimmt das Bochumer Forum für Antirassismus und Kultur – BoFo e.V. wie folgt Stellung: »Die aktuelle Debatte um die falsche und selektive Praxis der Essener Tafel beschäftigt viele von uns. Unstrittig ist, dass die Selektion unter den Hilfesuchenden nach ihrer Herkunft oder Staatsangehörigkeit oder noch banaler nach „deutsch“, „nicht-deutsch“ oder Flüchtling nicht nur falsch, sondern auch rassistisch ist. Einmal mehr bestätigt dieser Vorfall aber auch, dass Ausgrenzungsmechanismen Teil der sozialen Frage sind und nicht losgelöst von sozialen und ungleichen Verhältnissen diskutiert werden sollten. So nachvollziehbar und berechtigt die Diskussionen nun um Rassismus sind, bleibt die Frage, ob allein eine Rassismus-Debatte zielführend ist. Wie bereits durch aktuelle Studien belegt und vielfach auch in gewerkschaftlichen Zusammenhängen diskutiert, darf der Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und der Präferenz von rechten Ideologien und Rechtspopulismus nicht ignoriert werden. Diejenigen, die täglich Armut erleben und auf die Tafel angewiesen sind, wollen sich die einzige Möglichkeit, an Nahrung zu kommen, nicht nehmen lassen. Folglich werden Schuldige gesucht, die einem diese letzte Mahlzeit auch noch „wegnehmen“ wollen.

Der Blick richtet sich leider nach unten; denn die irrige Annahme, es seien eben die anderen Armen oder sogar die „fremden“, „nichtdeutschen“ und geflüchteten Armen für diese Missstände verantwortlich, ist weit verbreitet. Diese Irrationalität materialisiert sich schließlich in entsprechenden Wahlergebnissen und zivilgesellschaftlichen Praktiken in Form von Rassismus.
Wir laufen Gefahr, dass unsere Gesellschaft sich in eine Richtung entwickelt, die unumkehrbar ist; eine Gesellschaft, in der rassistische Praktiken und Narrative „normal“ werden, wenn wir nicht zügig und akut die eigentliche und wahre Ursache erkennen und behandeln. Wir müssen unbedingt über ungleiche Verhältnisse, über Armut diskutieren, die soziale Frage in den Vordergrund stellen und uns konsequent für soziale Gerechtigkeit einsetzen.«