Sonntag 10.12.17, 21:54 Uhr

Genial: Stadt senkt Leerstandsquote


Die Bochumer SPD und ihre Stadtverwaltung haben sich geweigert, eine Zweckentfrendungsordnung zu beschließen, mit der die Immobilien-Leerstände reduziert werden könnten. SPD und Verwaltung sahen dabei in ihren Begründungsversuchen ziemlich schlecht aus. Doch dann hatten sie eine Idee, luden zur Pressekonferenz und verfassten auch noch einen Bericht darüber. Die Überschrift lautete: »Wohnungsmarktbarometer: „Wenig Leerstand in Bochum“.« Der Beitrag beginnt mit den Zeilen: »Das neue Wohnungsmarktbarometer der Stadt Bochum zeigt das Bild eines sich kontinuierlich anspannenden Wohnungsmarktes. Bei einem Leerstand in der Stadt von 2,9 Prozent lautet die gute Nachricht, dass das Investitionsklima im Immobilienbereich positiv ist.« Die WAZ übernahm diese Erfolgsmeldung. Die Leerstandsquote war quasi über Nacht von 3,9 auf 2,9 Prozent gesunken. Die Verwaltung hatte dabei ein Erfolgskonzept der Bundesregierung und der Bundesanstalt für Arbeit übernommen. Die hatten nämlich vor einigen Jahren ein ähnliches Problem. Es war absehbar, dass die Massenarbeitslosigkeit auf überschaubare Zeit nicht überwunden werden kann. Die Lösung des Problems war schlicht und einfach: Arbeitslosigkeit wurde einfach statistisch neu definiert. Wer an einer Schulung teilnimmt oder wer einen 1-Euro- oder auch nur einen Mini-Job hat, wird nicht mehr als arbeitslos erfasst.
Nach genau dieser Methode wurde nun die Leerstandsquote erfolgreich gesenkt. Aichard Hoffmann vom Bochumer Mieterverein beschreibt in einem Brief an die WAZ den Vorgang:
»Die Aussage, die Leerstandsquote sei von 3,9 auf 2,9 % gesunken, der sinkende Leerstand ein Signal für einen sich kontinuierlich anspannenden Wohnungsmarkt, ist irreführend. In der Anlage finden Sie die Kopie eines Schreibens der Stadtverwaltung an die Fraktionen im Rat, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Zählung von nunmehr nur noch 5.900 leeren Wohnungen auf eine „Optimierung der Auswertungsmethode“ zurückzuführen ist, die dazu führe, dass nunmehr „fremdversorgte Allgemein-/Flurlichtzähler“ mit einer größeren Genauigkeit ausgefiltert werden können. Wörtlich der Hinweis: “ Der aktuelle Wert ist allerdings zu einem großen Teil der beschriebenen Verfahrensumstellung (und weniger der tatsächlichen Entwicklung) geschuldet.“

Über diesen Umstand wurde auch der Strukturentwicklungsausschuss am 29. 11. 2017 durch Mitteilung der Verwaltung (Vorlage 20172720) unterrichtet. Auch bei der letzten Sitzung des „Runden Tisches der Wohnungsmarktakteure“ am 18. 10. wurde darüber referiert.

Zwar ist es laut Aussage der Verwaltung möglich, das neue Verfahren auch rückwirkend auf frühere Jahre anzuwenden. Dies ist aber offensichtlich noch nicht geschehen. Die Quote von 3,9 % (d. i. 7.600 Leerstände) aus dem Wohnungsmarktbericht 2016 ist noch nach alter Methode ermittelt. Wegen des Methodenwechsels sind die Zahlen von 2016 und 2017 nicht vergleichbar und sagen nichts aus über die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt.

Interessant ist, dass der Methodenwechsel in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ratsbeschluss zur Zweckentfremdungssatzung vom 28. 9. 2017 vorgenommen wurde. Bemerkenswert dazu sind die Ausführungen auf S. 2 des angefügten Schreibens. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Einführung einer Zweckentfremdungssatzung vom Gesetzgeber insbesondere auf angespannten Wohnungsmärkten vorgesehen ist.«