Montag 27.11.17, 07:57 Uhr

Quo vadis Katalonien?


In Zusammenarbeit mit dem Seminar „Soziale Arbeit und Sozialpolitik im internationalen Vergleich“ findet am Mittwoch, den 6. 12. um 19.00 Uhr im Raum 112 der Evangelischen Hochschule, Immanuel-Kant-Straße 18 eine Veranstaltung mit dem Journalisten Ralf Streck mit dem Thema „Quo vadis Katalonien? – Wohin gehst Du Katalonien?“ statt. In der Ankündigung heißt es: »Für viele in Deutschland waren die Entwicklungen in Katalonien/Spanien in den letzten Wochen und Monaten sehr überraschend. Den Meisten waren sicherlich in ihren Ferien an der Costa Brava schon die Zweisprachigkeit im öffentlichen Leben, bei den Behörden und in den Medien aufgefallen. Aber viel mehr als eine regionale Besonderheit und Pflege kultureller Traditionen einer Region dürften die Wenigsten damit verbunden haben.
Historische, soziale und politische Dimensionen dieser Praxis war vielen verborgen und interessierten sie auch nicht. Um so erstaunter waren viele Bundesbürger im Oktober diesen Jahres über das von dem katalanischen Parlament angestrebte Referendum. In diesem sollte darüber abgestimmt werden, ob Katalonien zu „einem unabhängigen Land im europäischen Rahmen“ zu erklären sei oder nicht. Die Reaktion des spanischen Staats, das gewalttätige Vorgehen der Guardia Civil gegen ein friedlich und frei abgehaltenes (aber der spanischen Verfassung nicht gemäßen) Votum, abstimmungswillige Menschen zusammen zu schlagen, sie mit Gummigeschossen zu beschießen und die Wahlurnen zu entwenden, schockierte viele und stieß auf große Ablehnung in der deutschen Bevölkerung. Die Verhaftung führender Befürworter einer katalanischen Eigenstaat­lichkeit und die Androhung Politiker und Repräsentanten der Unabhängigkeitsbewegung für ihre Meinung und die im Rahmen demokratischer Willensbildung stattgefundener Diskurse und Bestrebungen zu verhaften und auf bis zu 30 Jahre Haft zu verurteilen empört viele Bundesbürger. In diesen repressiven Vorgehen sehen sie in der Madrider Regierung die anti-demokratische und totalitäre Vergangenheit des spanischen Franco-Faschismus und fragen sich, ob sich ähnlich wie in der Türkei ein offen reaktionäres Regime etabliert – geduldet und gutgeheißen durch die EU.

Abgesehen von einer realen Positionierung gegen die autoritäre und reaktionäre Politik der Madrider Zentralregierung ergeben sich für viele Menschen ungelöste Fragen bezüglich den Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien.
Einerseits: Was soll man von den Bestrebungen vieler KatalanInnen auf eine staatliche Unabhängigkeit halten? Noch eine Nation? Weitere Grenzen, Abspaltungen und Konkurrenz? Ein neuer Nationalismus? Weitere Glaubenssätze, Zerwürfnisse und Gegeneinander? Wozu? Und ist eine neue Kleinst-Nation nicht kontraproduktiv bei einer wünschenswerten Zusammenarbeit aller Menschen in Europa? Ist das vielleicht ein ökonomischer Hemmschuh? Und das in Zeiten ökonomischer Krisen?
Andererseits: Warum nicht? Spanien weißt ein durch und durch korruptes Wirtschafts-, Verwaltungs- und Parteiensystem auf. Der spanische Staat erscheint nicht reformierbar und eine im spanischen Faschismus verwurzelte Struktur von militärischen, juristischen und wirtschaftlichen Eliten aufzuweisen. Also besser früher als später eine Trennung und ein demokratischer Neuanfang. Besser ein demokratischer Kleinstaat in der EU als ein feudalistisch-reaktionäres Regime okkupiert eine demokratische Region.
Oder: Sollen doch alle ihre Nation und Staat bekommen, den sie sich wünschen. Die Zeiten ändern sich, die Form und die Inhalte der Nationen auch. Nur ein dynamischer Nationalismus ist überlebensfähig.
Pragmatisch gesehen: Der spanische Staat muss reformiert werden. Eine Verfassungsreform und ein Förderalismus ähnlich der BRD wäre förderlich und wünschenswert.
Aber auch: Der Nationalismus an sich findet den Anfang seines Endes in einem Bestreben regionalistischer Strömungen, die es schaffen eine Basisdemokratie zu gewährleisten.

Die Argumente sind so vielfältig, wie kontrovers. Wir selbst haben auf die aufgeworfenen Fragen bisher keine Antworten, wollen uns und andere aber informieren und laden ein zu einer Informationsveranstaltung zu Katalonien mit dem Journalisten Ralf Streck, der im Baskenland lebt und seit langen die verschiedenen Unabhängigkeitsbestrebungen der Regionen in Spanien verfolgt.«

Veranstalter: Heiko K . in Zusammenarbeit mit dem Seminar „Soziale Arbeit und Sozialpolitik im internationalen Vergleich“ (Benz/Sonnenberg)