Freitag 18.11.16, 08:19 Uhr
Treffpunkt Asyl Bochum: Härter als die CSU

Protest gegen integrationsfeindliche Politik der NRW-Landesregierung


Unter dem Motto „Wir wollen hier bleiben“ rufen aktive Geflüchtete zu einer Demonstration am Samstag, den 19. November, durch die Landeshauptstadt Düsseldorf auf. In dem Aufruf heißt es: „Wir sollen ins Ungewisse geschickt werden. Alle anderen Bundesländer haben sich dagegen entschieden, diese Wohnsitzauflage rückwirkend umzusetzen, nur NRW will unsere Freiheit einschränken! Außerdem will das Land zukünftig sogar innerhalb von NRW vorschreiben, wo Menschen für drei Jahre wohnen müssen – eine weitere Verschärfung der Wohnsitzauflage. Das Gesetz soll unsere Integration erleichtern – jetzt gerade verhindert es unsere Integration, weil wir keine sichere Zukunftsperspektive haben!“ Treffpunkt zur gemeinsamen Fahrt nach Düsseldorf ist um 12.45 Uhr am Haupteingang des Hauptbahnhofs. Treffpunkt Asyl Bochum schreibt dazu:
»Als einzige Landesregierung will das rot-grüne Kabinett um NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die umstrittene Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge rückwirkend umsetzen. Tausenden von Menschen droht eine Vertreibung aus Nordrhein-Westfalen, obwohl sie in Übereinstimmung mit allen Gesetzen nach NRW gezogen sind. In einem offenen Brief zeigen sich jetzt mehr als 250 Organisationen, Vereine und Einzelpersonen „schockiert und empört über den Umgang der Landesregierung mit dem Integrationsgesetz und der darin verankerten Wohnsitzauflage“. Sie fordern die Verantwortlichen auf, den „eingeschlagenen integrationsfeindlichen Kurs zu ändern“.
Hintergrund ist die Ankündigung der NRW-Landesregierung, bis zum 1. Dezember eine Verordnung zu erlassen, mit der das umstrittene „Integrationsgesetz“ rigoroser umgesetzt werden soll als in allen anderen Bundesländern: Demnach wollen SPD und Grüne in NRW anerkannte Flüchtlinge auch dann vertreiben, wenn sie vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 6. August nach Nordrhein-Westfalen gezogen sind – es sei denn, sie können bestimmte Härtefälle geltend machen. Wenn nicht, sollen sie zurück in das Bundesland geschickt werden, in dem ihr Asylantrag bearbeitet wurde. Darüber hinaus will die Landesregierung mit der geplanten Verordnung verhindern, dass Geflüchtete innerhalb von Nordrhein-Westfalen umziehen können.
Unterzeichnet ist der Protestbrief unter anderem von lokalen Organisationen der Flüchtlingshilfe, sozialen und kirchlichen Einrichtungen sowie von selbstorganisierten Refugee-Gruppen. Gemeinsam fordern sie von der rot-grünen Landesregierung, dass sich NRW der Absprache aller anderen Bundesländer anschließt und die Wohnsitzauflage nicht rückwirkend anwendet. Außerdem dürfe die Freizügigkeit nicht auch noch innerhalb von Nordrhein-Westfalen weiter eingeschränkt werden.
„Die Schutzsuchenden brauchen endlich einen sicheren Hafen, kein schwankendes Schiff“, sagt Hedwig Alpert von der Initiative Treffpunkt Asyl, eine der vielen Unterzeichner*innen des Offenen Briefs. Sie betreut ehrenamtlich Flüchtlingsfamilien in Bochum. „Die Wohnsitzauflage tritt die Menschenwürde mit Füßen“, so Alpert weiter.
Bereits jetzt habe das Gesetz großen Schaden angerichtet, ergänzt Christian Brandt von der Initiative Refugee Support an der Universität Duisburg-Essen. „Es gibt hier in Duisburg Familien, die monatelang in leeren Wohnungen auf bloßen Matratzen hausen mussten, weil ihnen das Jobcenter rechtswidrig die Zahlungen verwehrt hat.“ Für ihn ist das Ausmaß der behördlichen Empathielosigkeit unvorstellbar. „Ein Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern wurde bereits gezwungen, aus Duisburg nach Bayern zurückkehren. Jetzt müssen die vier wieder in einer Massenunterkunft leben und haben alles verloren, was sie sich hier aufgebaut haben.“«