Donnerstag 25.08.16, 14:12 Uhr

Flüchtlinge sollen bleiben


Die Medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) und die Grüne Ratsfraktion haben in Erklärungen den heutigen Protest der Geflüchteten vor dem Rathaus unterstützt. Die Stellungnahme der MFH: »Unter dem Motto „Wir wollen bleiben!“ haben sich heute mehr als 60 Flüchtlinge vor dem Bochumer Rathaus versammelt, um gegen das neue Integrationsgesetz und die damit verbundene Wohnsitzauflage zu protestieren. Während Flüchtlinge nach Abschluss ihres Asylverfahrens bisher frei wählen konnten, wo sie leben möchten, wird dies nun durch das neue Integrationsgesetz ausgehebelt.
Bereits im März 2016 hatte Innenminister de Maizière die geplante Gesetzesverschärfung erklärt: Anerkannte Flüchtlinge sollen dort leben, „wo wir es für richtig halten, und nicht, wo das der Flüchtling für richtig hält“. Von nun an besteht also die gesetzliche Verpflichtung für Flüchtlinge, in jener Kommune zu verbleiben oder zurückzukehren, in die sie während ihres Asylverfahrens zugewiesen wurden. Viele Flüchtlinge sind jedoch mittlerweile in Kommunen, wo sie Verwandte, FreundInnen, ein gesellschaftliches Leben haben, welches ihnen eine Integration erleichtert, was sie nun nicht einfach aufgeben möchten. Darüber hinaus bedeutet die Wohnsitzpflicht aus Sicht der MFH ein Verstoß gegen Artikel 26 der Genfer Flüchtlingskonvention. Diese verpflichtet Deutschland dazu, Flüchtlingen zu ermöglichen, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen und sich frei zu bewegen.
Vor diesem Hintergrund fand heute, am 25. August 2016, vor dem Bochumer Rathaus ein Protest von Flüchtlingen statt, die sich via Facebook organisiert haben, um deutlich zu machen „Wir wollen bleiben!“. Sie wollen auf ihre Situation aufmerksam machen, denn sie haben eine Anerkennung als Flüchtling bekommen, sie haben mittlerweile eine private Wohnung, ihre Kinder gehen zur Schule, sie besuchen Integrationskurse. Die Wohnsitzpflicht führt nicht nur zu immensen unnötigen Kosten und einer aufwändigen Bürokratie, sondern sie schikaniert Flüchtlinge systematisch und verhindert Integration. Darüber hinaus fordern sie in Bochum bleiben und hier ihr Leben weiter aufbauen zu können.
Die MFH erklärt ihre Solidarität mit den Bochumer Flüchtlingen, die heute vor dem Bochumer Rathaus gegen die Wohnsitzpflicht demonstrieren und fordert von zuständigen Stellen des Landes NRW sowie des Bundes, sich dafür einzusetzen, dass die Flüchtlinge die Möglichkeit erhalten, in Bochum zu bleiben. Darüber hinaus fordert die MFH von der Bundesregierung, die diskriminierenden Gesetzesverschärfungen gegen Flüchtlinge aufzuheben und die Rechte von Flüchtlingen zu wahren. Bis dahin sollte die Landesregierung dem Vorbild Rheinland-Pfalz folgen und die Wohnsitzauflage nicht anwenden.«
Die Stellungnahme der Grünen Ratsfraktion: »Astrid Platzmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rat, hält die Wohnsitzauflage für kontraproduktiv und inhuman: „Mit der Wohnsitzauflage wird das neue Integrationsgesetz zum Integrationshemmnis. Fachleute sind sich seit langem einig, dass Integration leichter gelingt, wenn sich neue MitbürgerInnen dort niederlassen dürfen, wo sie von Freunden und Familienangehörigen Unterstützung finden. Vollends inhuman wirkt es sich auf die Menschen aus, die seit Jahresbeginn aus einer anderen Stadt ganz legal nach Bochum gezogen sind. Viele werden nun gezwungen, Wohnung und Arbeit aufzugeben oder ihre Kinder aus Schule und Kita zu nehmen. Das kann nicht sein! Deshalb unterstützen wir auch die heutigen Proteste der Betroffenen vor dem Rathaus.“
Die Grünen im Rat schätzen, dass von der rückwirkenden Regelung in Bochum mehrere hundert Personen betroffen sind. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass die Menschen, die zwischen Jahresbeginn und dem Stichtag Anfang August zugezogen sind, hier bleiben können und die ihnen zustehenden Sozialleistungen erhalten. «