Montag 28.03.16, 21:06 Uhr
Ostermarsch in Langendreer:

Fluchtursache Krieg 1



Voix de Migrants berichten über die Flucht aus Guinea nach Europa
Den Abschluss des Ostermarsches am Sonntag bildete eine Veranstaltung im Bahnhof Langendreer und dem Motto: „Fluchtursache Krieg – Daten und Fakten zur Flüchtlingsdebatte“. Der Landessprecher der DFG-VK Felix Oekentorp machte deutlich, wie offensichtlich die Kriegsgebiete der NATO-Staaten der letzten Jahre genau die Gegenden markieren, aus denen Menschen nach Deutschland fliehen. Diese Menschen werden häufig mit Waffen vertrieben, die deutsche Firmen in die Kriegsgebiete exportiert haben. Im internationalen Vergleich hat Deutschland eine geringe Quote an Flüchtlingen aufgenommen. Trotzdem wird seit Jahren das Asylrecht ausgehöhlt und den Flüchtlingen werden Rechte vorenthalten, die ihnen die Genfer Flüchtlingskonvention garantiert. Im zweiten Teil der Veranstaltung schilderten Mitglieder der Gruppe Voix des Migrants (Stimme der Migranten), wieso z. B. Menschen aus Guinea nach Europa fliehen: »Wir wollen auf das Massaker am 28.09.2009 im Stadion von Guinea-Conakry (Westafrika) aufmerksam machen.
Im Dezember 2008 starb der diktatorisch regierende und korrupte Präsident Lansana Conté, und der Chef der Militärjunta Moussa Dadis Camara ergriff die Macht. Sein Versprechen, demokratische Präsidentschaftswahlen und damit einen Veränderungsprozess im Jahr 2009 in Guinea durchzuführen, hielt er nicht ein. Während einer Protestkundgebung von verschiedenen Oppositionsbewegungen gegen diese Militärregierung von Moussa Dadis Camara im Stadion in der Hauptstadt Conakry kam es zu einem Massaker. Viele friedliche Demonstranten wurden von den Sicherheitskräften außergerichtlich hingerichtet und schwer verletzt. Nach diesem Blutbad wurden zahlreiche Personen willkürlich festgenommen und inhaftiert. Aus Angst um ihr Leben verließen viele Menschen ihr Heimatland und nahmen beschwerliche Wege auf sich, ohne ihr Ziel zu kennen. Die gefährlichen Reisen gingen zum Beispiel durch die Wüste über Marokko, Algerien, Libyen nach Europa.
Die Fluchtgründe und das Schicksal von Geflüchteten aus Subsahara bzw. die Situation vor den EU-Außengrenzen mit extremen Menschenrechtsverletzungen und traumatisierenden Erfahrungen werden immer noch wenig in den Medien und offiziellen Berichterstattungen thematisiert. Insbesondere die Hintergründe des Massakers vom 28.09.2009 und die politische Situation in Guinea werden nicht thematisiert. Die Wahrheit wird bis heute vertuscht, und ethnische Konflikte werden konstruiert, um Demokratisierungsprozesse in Guinea zu verhindern.«
Insbesondere in  Dortmund und Umgebung sind in den letzten Jahren viele Menschen aus Guinea angekommen. Sie leben mit ungesichertem Aufenthaltsstatus und der Angst vor Abschiebung in ein Land, wo sie politisch verfolgt werden. Deshalb wollen sie Öffentlichkeit über die politische Situation in Guinea aufgrund eigener Erfahrungen herstellen. Es geht ihnen darum, Initiativen zu entwickeln, „die ein Leben für alle Menschen in Frieden und mit Zukunft gewährleisten“.
Im dritten Teil der Veranstaltung berichteten Teilnehmer des Protestcamps vor dem Bochumer Rathaus über ihre Situation. Sie leben seit mehr als einem halben Jahr in einer Turnhalle ohne jegliche Privatsphäre und haben immer noch keine Asylantrag stellen können. Das Bochumer Ausländeramt erklärt ihnen, dass es nicht zuständig sei. Die Außenstelle des BAMF in Dortmund sei zuständig. Die MitarbeiterInnen in Dortmund erklären, dass sie nichts machen können, weil ihnen Unterlagen des Ausländeramtes fehlen. Alles was für eine Teilhabe in der Gesellschaft notwendig ist, werde ihnen vorenthalten. Es gibt zu wenig Sprachkurse und keine Wohnung. Sie dürfen nicht arbeiten oder studieren. „Das einzige, was wir im Moment machen, ist essen, schlafen, warten und verrückt werden. Wir wollen kein Mitleid, sondern Arbeit und endlich ein normales Leben führen.“ Der einzige Lichtblick: In Deutschland dürften sie im Gegensatz zu ihren Heimatländern gegen diese Zustände protestieren. Ihnen sei aber bewusst, dass dieser Protest nur wirksam wird, wenn sie Solidarität von den Bochumer BürgerInnen erfahren.
Viel Beifall erhielt Klaus Amoneit, der Lieder gegen den Krieg anstimmte und musikalisch für eine andere Welt warb. So variierte er die Europahymne zu einem Willkommenssong für Geflüchtete. Seiner Aufforderung, bei älteren Ostermarsch-Liedern mitzusingen, offenbarte große Textschwächen im Publikum. Nächstes Mal werden Liedertexte verteilt.


Ein Gedanke zu “Fluchtursache Krieg

  • Wolfgang Dominik

    Anzumerken zum Chef der Militärjunta Moussa Dadis Camara (s.o.!) ist noch, dass der deutsch spricht, in Deutschland seine Fallschirmjäger- und Offiziersausbildung bekommen hat, dass sein Putsch „Putsch allemand“ genannt wird, weil er mit „deutscher Gründlichkeit“ durchgezogen wurde, dass er angeblich immer das Barettabzeichen der deutschen Fallschirmjägertruppe trug und Christ ist.

Kommentare sind geschlossen.