Mittwoch 24.02.16, 19:12 Uhr

Die Stadt hat eine neuen Vorschlag, in Bochum die Armen ärmer zu machen


Die Stadt Bochum will die Heizkosten für Empfänger*innen von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe zukünftig nicht mehr grundsätzlich in tatsächlicher Höhe übernehmen. Das geht aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung hervor. Demnach soll bei Haushalten, deren Heizkosten über den Werten des Bundesweiten Heizkostenspiegels liegen, eine Einzelfallprüfung erfolgen, an deren Ende eine Leistungskürzung stehen kann. Die Bochumer Linksfraktion lehnt die Pläne ab und hat einen Alternativvorschlag vorgelegt. Am Donnerstag, den 25. Februar berät der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales darüber. Dazu erklärt Gültaze Aksevi, Ratsmitglied und Vertreterin der Linksfraktion im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales: „Der Herausgeber des Bundesweiten Heizkostenspiegels hat sich ausdrücklich davon distanziert, dass Kommunen versuchen den Heizkostenspiegel zu verwenden, um die Ausgaben von ALGII-Empfänger*innen zu beurteilen. Der Spiegel ist dafür da, um Rückschlüsse auf den wärmetechnischen Zustand einer Immobilie und damit auf den Sanierungsbedarf zu ziehen.
Sogar die Verantwortlichen für den Heizkostenspiegel sagen: Er eignet sich nicht zur Bewertung der tatsächlichen Heizkosten einer Wohnung.“
Als Alternative zu Einzelfallprüfungen mit dem Ziel der Leistungskürzung schlägt die Linksfraktion vor, dass die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Mieterverein ein Verfahren zur Überprüfung hoher Heizkostenabrechnungen auf sachliche Richtigkeit und mietrechtliche Zulässigkeit entwickelt. „Wenn Heizkostenabrechnungen sehr hoch sind, sind sie häufig auch falsch“, sagt Gültaze Aksevi. Gibt es Unregelmäßigkeiten, könne der Mieterverein im Namen der Mieterinnen und Mieter gegen die unberechtigten Forderungen vorgehen.
„Die häufigsten Gründe für hohe Heizkosten sind neben falschen Abrechnungen vor allem bauliche Mängel, defekte Fenster und überhöhte Anschluss-, Messdienst- sowie Wartungsleistungen. Auch hier hilft eine Beratung des Mietervereins viel mehr als die Drohung mit Leistungskürzungen“, so Gültaze Aksevi.
Deshalb fordert die Linksfraktion, dass Mitgliedsbeiträge für den Mieterverein im Rahmen der Kosten der Unterkunft übernommen werden. Bisher ist es lediglich möglich, einzelne Beratungsscheine bei der Arbeitslosenberatung des evangelischen Kirchenkreises zu bekommen. Auch Energieberatungen sollen einfacher zugänglich gemacht werden.
Der Vorschlag, den Bundesweiten Heizkostenspiegel zur Festlegung einer Nichtprüfungsgrenze zweckzuentfremden, hat die Verwaltung aus einem Gutachten der umstrittenen Beratungsagentur Rödl & Partner übernommen. Andere Empfehlungen aus dem Gutachten hat sie bereits verworfen, da die angeführten angeblichen Einsparpotentiale illusorisch waren. Die Bochumer Linksfraktion ist der Überzeugung, dass das auch hier der Fall ist. Um die im Gutachten genannten Kürzungen von 450.000 Euro jährlich zu erreichen, müssten die Heizkosten bei jedem der rund 1.800 von der Überprüfung betroffenen Haushalte durchschnittlich um 250 Euro gekürzt werden. Die Folge eines so massiven Sozialkürzungsversuchs wäre eine Klagewelle mit sehr guten Chancen für die Betroffenen gegen die Stadt. Daher hält es die Linksfraktion für ausgeschlossen, dass so eine Sozialkürzung durchsetzbar wäre. „Wir hoffen, dass die Stadt daraus lernt und zukünftig keine teuren und wenig hilfreichen Gutachten mehr bei solch problematischen Consultingagenturen wie Rödl & Partner in Auftrag gibt“, sagt Gültaze Aksevi.