Montag 14.09.15, 13:43 Uhr
Medizinische Flüchtlingshilfe begrüßt die Gesundheitskarte

Gesundheit ist Menschenrecht


Medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) Bochum schreibt: »Endlich ist es soweit – Flüchtlinge in NRW erhalten Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung! Schon seit ihrer Gründung im Jahr 1997 hat die MFH neben der Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes stets gefordert, dass Flüchtlinge den Zugang zu medizinischen Regelversorgung erhalten müssen. Mit den ansteigenden Zahlen an Flüchtlingen und dem großem bürgerschaftlichen Engagement der deutschen Mehrheitsgesellschaft hat nun auch die Landespolitik ein wichtiges Zeichen gesetzt für die Verbesserung der Lebensbedingungen in NRW. Bisher hat das Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt, dass Flüchtlinge nur in akuten Schmerzzuständen medizinische Versorgung erhalten.
Von einer medizinischen Regelversorgung waren sie weitestgehend ausgeschlossen. Seit März 2015 müssen Flüchtlinge im Fall einer Krankheit in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland einen Behandlungsschein von der zuständigen Kommune einholen, schon dies war bereits eine leichte Verbesserung. Für fachärztliche Behandlungen benötigen sie jedoch eine weitere Überweisung. Da dies vielen Flüchtlingen in der Regel jedoch nicht bekannt ist, waren sie auf Strukturen wie die MFH Bochum angewiesen, wo Sozialarbeiter ihnen dabei halfen, beim Sozialamt einen solchen Behandlungsschein zu bekommen. Viel zu hoch waren Sprachbarrieren, Wartezeiten, Unsicherheit, Abhängigkeit und Diskriminierung. Darüber hinaus waren die Mitarbeiter des Sozialamtes jene, die darüber entschieden, ob ein Arztbesuch vonnöten und unaufschiebbar war. Damit hatte dieses System etwas Willkürliches und Entwürdigendes. Sämtliche Organisationen die sich für Flüchtlinge einsetzen haben diese Regelungen stets kritisiert und forderten deren Abschaffung, so auch die MFH Bochum.
Mit der neu einzuführenden elektronischen Gesundheitskarte können Flüchtlinge ab Januar 2016 bei Bedarf einen Arzt aufsuchen, ohne rechtliche und bürokratische Hürden überwinden zu müssen. Insgesamt acht Krankenkassen haben sich bereit erklärt einen Rahmenvertrag mit dem Landesgesundheitsministerium abzuschließen. Zwar gibt es noch immer einige Einschränkungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz, doch in Bezug auf Leistungen, die mit der neuen Gesundheitskarte abgerechnet werden können, sind Flüchtlinge und andere Versicherte erstmals gleichgestellt.  Finanzielle Aspekte können als Argument, dem Rahmenvertrag nicht beizutreten, nicht überzeugen, denn die Erfahrungen in Hamburg und Bremen haben gezeigt, dass es bei den Verwaltungen sogar zu Einsparungen kam. Allerdings entscheidet jede Kommune selbst darüber ob sie der Rahmenvereinbarung mit den Krankenkassen beitritt oder nicht. Auch gilt die Regelung nur für Flüchtlinge, die bereits Gemeinden zugeordnet wurden. All jene, die noch in Erstaufnahmeeinrichtungen oder „Notunterkünften“ leben, sind nicht von dieser Neuregelung betroffen.
Die MFH Bochum fordert, dass alle Flüchtlinge in allen Gemeinden in NRW die neue Gesundheitskarte und somit Zugang zur medizinischen Regelversorgung erhalten. Wir fordern daher auch von der Stadt Bochum, dem Rahmenvertrag mit den Krankenkassen schnellstmöglich beizutreten, damit auch Flüchtlinge in Bochum den Zugang zur medizinischen Regelversorgung erhalten.«