Mittwoch 29.04.15, 11:51 Uhr

NGG: „Keine 8,50-Euro-Tricksereien“


Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat ArbeitgeberInnen in Bochum davor gewarnt, ihren Beschäftigten weniger als den gesetzlichen Mindestlohn zu bezahlen. Jedem Versuch, den untersten Lohnsockel von 8,50 Euro pro Stunde durch die Hintertür auszuhebeln, erteilt die NGG Ruhrgebiet eine klare Absage: „Unternehmer, die ihre ‚Kreativität‘ ins Lohndrücken stecken, werden auf dem Arbeitsmarkt keine Perspektive haben“, sagt Yvonne Sachtje von der NGG.
Immer dann, wenn Chefs keinen Tariflohn zahlen, werde es unschön, so die NGG Ruhrgebiet. Es sei dabei nicht auszuschließen, dass auch ArbeitgeberInnen in Bochum in vielen Branchen zu „Mindestlohn-Killer-Methoden“ greifen könnten. Dazu gehöre etwa das so genannte „Messer-Geld“. Dabei werde Beschäftigten in Küchen oder in der Schlachtindustrie eine Art „Messer-Miete“ berechnet, die dann direkt vom Lohn abgezogen werde. „Mit diesem Winkelzug schaffen es Arbeitgeber dann, den tatsächlich gezahlten Stundenlohn unter die gesetzlich vorgeschriebene Höhe von 8,50 Euro zu drücken. So eine Zwangsabgabe für die Nutzung von gängigem Arbeitsmaterial ist die maximale Unverfrorenheit. Das wäre so, als wenn von Sekretärinnen ein ‚Computer-Euro‘ verlangt würde“, sagt NGG-Geschäftsführerin Sachtje. Weiter heißt es in der Mitteilung der NGG: »Auch die Einführung eines „Reinigungsgeldes für das Waschen von Arbeitskleidung“ gehöre in den „kreativen Trickserei-Katalog“ von Arbeitgebern, mit dem sie den gesetzlichen Mindestlohn zu unterlaufen versuchten. Ebenso wie kostenloses Betriebsessen, das plötzlich berechnet werde. „Es geht dabei immer nur um das Eine: Darum, durch die Hintertür den gesetzlichen Mindestlohn auszuhebeln. Darum, weniger als die ohnehin mageren 8,50 Euro Lohn zu zahlen“, sagt Yvonne Sachtje. Überraschungen könne es auch mit den Lohn-Abrechnungen im Juni und November geben. Dann nämlich, wenn einzelne Arbeitgeber ihren Beschäftigten das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld streichen sollten.
Die Geschäftsführerin der NGG Ruhrgebiet spricht von einer „ausgefuchsten Mindestlohn-List der Arbeitgeber“, mit der Beschäftigte in Bochum, die ohnehin wenig verdienten, konfrontiert werden könnten. Verständnis dafür hat Yvonne Sachtje nicht: Wer beim Mindestlohn ausgetrickst werde, solle sich an seine Gewerkschaft wenden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) habe hierfür auch eine Mindestlohn-Hotline geschaltet:
0391 / 4 088 003 (Montag bis Freitag von 7 bis 20 Uhr, Samstag von 9 bis 16 Uhr zum Festnetztarif).
Pläne, das Mindestlohngesetz aufzuweichen, lehnt die NGG Ruhrgebiet strikt ab. Der Mindestlohn sei auf einem guten Weg. Es komme nun darauf an, ihn mit seinen positiven Effekten sozial und wirtschaftlich wirken zu lassen. „Das zusätzlich verdiente Geld fließt jetzt nahezu eins zu eins in den Konsum. Es sorgt damit für mehr Kaufkraft in Bochum und dadurch für eine Stärkung der Wirtschaft“, so Sachtje. Um zu garantieren, dass auch tatsächlich der Mindestlohn gezahlt werde, sei es notwendig, die Arbeitsstunden festzuhalten. Um eine korrekte Entlohnung zu sichern, müssten die Arbeitszeiten dokumentiert werden. Yvonne Sachtje: „Arbeitgeber, die dazu nicht bereit sind, müssen sich die Frage gefallen lassen, wie sie denn eine korrekte Lohnabrechnung hinbekommen wollen?“
Das Jammern über die Dokumentationspflicht im Arbeitgeberlager sei „zwar ausgesprochen laut, aber völlig grundlos“. Im Gastgewerbe sei das Dokumentieren von Arbeitszeiten längst gängige Praxis – schon deshalb, um Überstunden oder Nachtzuschläge ordentlich zu bezahlen. Die NGG-Geschäftsführerin fordert die heimischen Bundestagsabgeordneten deshalb auf, jetzt „keine Arbeitgeber-Reparaturen am Mindestlohngesetz vorzunehmen“. Ein „Mindestlohn light“, der etwa durch eine fehlende Dokumentation der Arbeitszeiten nicht kontrolliert werden könne, werde „zum Flopp“.«