Freitag 12.12.14, 12:15 Uhr

Bericht von der Ratssitzung


Die Linksfraktion im Rat der Stadt Bochum berichtet in ihrem Newsletter von der gestrigen Ratssitzung am Donnerstag und informiert über die am heutigen Freitag stattfindende Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales (AGS). Themen sind: Gebührenerhöhungen, Perspektiven für Opel-Beschäftigte, Semesterticket, Stromsperren, Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte, Sparmaßnahmen bei der SeniorInnenarbeit, Abschaffung fast der Hälfte aller Schulbusse und Stellenabbau bei der Stadt:

»1.) Linksfraktion gegen unsoziale Gebührenerhöhungen

Es wird immer deutlicher, dass die Bochumer Haushaltskrise auf dem Rücken der Bochumer Bevölkerung ausgetragen wird. Gegen die Stimmen der Linksfraktion hat der Rat eine Reihe von Gebührenerhöhung beschlossen. In der Generaldebatte zu den Erhöhungen hat der Fraktionsvorsitzende Der Linken, Ralf-D. Lange, einige Gründe angeführt, weshalb die Linksfraktion gegen die Erhöhungen stimmt. Die Ausgabenerhöhungen treffen Haushalte mit geringem Einkommen besonders spürbar. Gleichzeitig wies Ralf-D. Lange Vorschläge zurück, zukünftig Kosten durch Vergabe von Aufträgen an nicht-städtische Privatunternehmen zu senken. Viele dieser Unternehmen setzen auf einen Dumping-Wettbewerb mit Niedriglöhnen und schlechten Arbeitsbedingungen. Vor allem gilt aber für die Linksfraktion: Durch Gebührenerhöhungen kann sowieso kein städtischer Haushalt saniert werden. Wir brauchen eine grundsätzlich andere Politik, die sich traut, Einnahmen da zu generieren, wo das Geld ist.

Gegen die Stimmen Der Linken hat der Rat beschlossen:

– Erhöhung der Gebühren für die Straßenreinigung
– Erhöhung der Abwassergebühren
– Erhöhung der Gebühren für die Urnenbestattungen auf Friedhöfen
– Erhöhung der Tarife für Stände auf den Wochenmärkten
– Erhöhung der Hundesteuer


2.) Protest gegen Kita-Gebührenerhöhung

Einen besonderen Einschnitt stellen die Erhöhung der Gebühren für die Kindertagesstätten in Bochum dar: Hier beschloss der Rat gegen die Stimmen der Linksfraktion eine einmalige Erhöhung um fünf Prozent über alle Einkommensstufen hinweg. Dazu führte der Rat per Beschluss einen Automatismus ein, nach dem die Gebühren ab August 2016  Jährlich 1,5% ab August 2016, für alle Beitragsstufen). In einer Rede hat unser Ratsmitglied Gültaze Aksevi auf die unsozialen Folgen der Erhöhung aufmerksam gemacht. Wir treten dafür ein, dass Kindertagesstätten im Rahmen eines sozial gerechten Steuersystems öffentlich finanziert werden, und nicht Eltern durch Gebühren zusätzlich belastet werden. Das muss auch in Bochum so bald wie möglich Realität werden.

Auf Antrag der Linksfraktion hat der Rat über die unsozialen Kita-Gebührenerhöhungen getrennt abgestimmt. Der Änderung, nach der EmpfängerInnen von ALGII, Grundsicherung und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz automatisch von der Zahlung der Kita-Gebühren befreit sind, haben wir zugestimmt. Bisher mussten sie noch umständlich extra ihr geringes Einkommen nachweisen. Diese bürokratische Mehrbelastung für die Betroffenen abzuschaffen war längst überfällig.


3.) Perspektiven für Opel-Beschäftigte schaffen!

Am Montag, den 8. Dezember, am Tag der letzten Opel-Belegschaftsversammlung, hat die Fraktion Der Linken im Rat der einen solidarischen Besuch am Werkstor 4 in Bochum-Laer abgestattet. Damit haben wir nicht nur unserer Solidarität mit den Beschäftigten Ausdruck verliehen, sondern auch unsere Forderungen betont: Opel und die Stadt müssen mehr Verantwortung für die Beschäftigten übernehmen, Massenentlassungen müssen gesetzlich verboten werden. Unmittelbares Handeln ist auch vor Ort dringend notwendig – aber dabei muss die Stadt den Opel-Konzern für seine Altlasten in die Pflicht nehmen. Es darf nicht dazu kommen, dass die Stadt die Schließung des Werks mit all ihren zerstörerischen Folgen im Nachhinein auch noch subventioniert. Vor diesem Hintergrund konnte die Linksfraktion auf der Ratssitzung dem vorliegenden Wirtschaftsplan 2015 der Bochum 2022 GmbH nicht zustimmen.

Die Probleme, die sich aus dem unverantwortlichen Verhalten des Opel-Konzerns in Bochum ergeben, sind nach wie vor ungelöst. Erste Ersatzarbeitsplätze auf dem Opel-Gelände sollen frühestens 2017 zur Verfügung stehen. Für die Beschäftigten, die jetzt in die Transfergesellschaft wechseln, ist das viel zu spät. Die Ansiedlung eines verkehrsintensiven Logistikunternehmens mit hauptsächlich gering qualifizierten Jobs löst die Probleme nicht. Deswegen sollte der Bebauungsplan für das Opel-Werk I reine Logistik- oder Lagernutzungen eigentlich auch ausschließen. Als LINKE sind wir der Meinung: Wir brauchen industrielle Ersatzarbeitsplätze, dabei ist neben der Stadt auch Opel in der Pflicht. Der Konzern muss schnellstmöglich seine Altlasten auf eigene Kosten entsorgen und das Gelände zügig sanieren lassen. Zum Weiterlesen empfehlen wir unsere gemeinsame Pressemitteilung mit dem Kreisverband Der Linken und MdB Sevim Dağdelen.


4.) Anfrage zum Semesterticket

DIE LINKE. im Rat unterstützt die Proteste der Studierenden gegen die einseitige Aufkündigung der Semesterticket-Verträge durch den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Im Rahmen eines neuen Vertrags will der VRR Preiserhöhungen von bis zu 50 Prozent bis 2019 durchsetzen. Im Rat haben wir eine Anfrage gestellt, welche Auswirkungen für die Stadt der schlimmstenfalls drohende Wegfall des Semestertickets für mehr als 50.000 Studierende in Bochum hätte. Neben den sozialen Folgen für die Studierenden befürchten wir eine deutliche Zunahme des Autoverkehrs in der Stadt, Parkplatzchaos im Umfeld der Hochschulen und die Hinfälligkeit von bisherigen Verkehrsgutachten  – und dadurch auch zusätzliche Kosten für die Stadt. Zum Weiterlesen: Unsere Presseerklärung „Nahverkehr solidarisch finanzieren – Semsterticket erhalten!“

5.) Anfrage Stromsperren

Im Februar vergangenen Jahres ist durch eine Anfrage der Ratsfraktion der LINKEN bekannt geworden, dass sich Zahl der Stromsperren wegen Zahlungsversäumnis bei den Stadtwerken Bochum von 2007 bis 2012 um mehr als 81 Prozent erhöht
hat. Diese Entwicklung dokumentiert in unseren Augen die Zuspitzung der sozialen Lage in Bochum. Mit einer Anfrage zu dieser Ratssitzung haben wir um eine Fortschreibung der Statistik gebeten, um zu klären, wie viele Stromsperrungen wegen Zahlungsversäumnis es im Jahr 2013 gegeben hat.


6.) Mindeststandards für Flüchtlingsunterkünfte einhalten!

Die Verwaltung hat auf unsere Anfrage zu den Mindeststandards für eine menschenwürdige Unterbringung für Geflüchtete geantwortet. Daraus wird deutlich, dass sich die Verantwortlichen in Bochum nicht an die vom Flüchtlingsrat NRW definierten konkreten Mindeststandards gebunden fühlen. So heißt es in der Antwort zur Unterbringung von Geflüchteten in Containern: „Die Nutzung von mobilen Wohneinheiten steht einer menschenwürdigen Unterbringung nicht entgegen, da die elementaren Grundbedürfnisse der Personen gesichert sind.“ Auf die Frage, wie die BewohnerInnen von Flüchtlingsunterkünften Mindeststandards zum baulichen Zustand (Reperaturen, kein Schimmelbefall) durchsetzen können, antwortet die Stadt lediglich: „Einen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Standard gibt es nicht“. Die Linksfraktion ist der Meinung: Eine Sozialpolitik, die sich nur um die „elementaren Grundbedürfnisse der Personen“ kümmert, ist gescheitert. Und die Antworten der Stadt zeigen, wie dringend notwendig rechtlich verbindliche Mindeststandards für eine menschenwürdige Unterkunft sind.

Auf der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales am Freitag bittet die Verwaltung um ein positives Votum für eine finanzielle Aufstockung für den Bereich Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen. Diese Aufstockung unterstützen wir, allerdings wird sie angesichts der Situation nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Die Linksfraktion wird weiter dafür kämpfen, dass die Stadt die vom Flüchtlingsrat NRW definierten Mindeststandards endlich anerkennt und keine Maßnahmen mehr ergreift, die dagegen verstoßen.

7.) Sparmaßnahmen bei der SeniorInnenarbeit

Auf seiner Sitzung am Freitag soll der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine weitere Kürzungsmaßnahme auf den Weg bringen: Eine Beschlussvorlage der Verwaltung sieht vor, dass ab 2015 keine Aufwandsentschädigungen mehr für die  ehrenamtlichen NachbarschaftshelferInnen in den Bezirken und für die Kontaktpersonen in den einzelnen Seniorenwohnanlagen gezahlt werden sollen. Statt Aufwandsentschädigungen zu zahlen, sollen die aktuell etwa etwa 210 Freiwilligen lediglich die „Ehrenamtskarte“ als Dank für die geleistete Arbeit geben. Dabei handelt es sich um eine Art Rabattkarte für öffentliche Freizeit- und Kultureinrichtungen. Die Linksfraktion lehnt diese Kürzungsmaßnahme im Sozialbereich ab und wird im Ausschuss dagegen stimmen.

8.) Bogestra schafft fast die Hälfte aller Schulbusse ab

Vor der Ratssitzung hat uns die Ankündigung erreicht, dass die Bogestra kurzfristig fast die Hälfte aller Schulbus-Fahrten
abschaffen will. Bereits zum Fahrplanwechsel in vier Wochen sollen 45 Prozent aller Fahrten wegfallen. Die Linke im Rat kritisiert die Entscheidung scharf. Von der kurzfristig verkündeten Sparmaßnahme werden viele Eltern und SchülerInnen völlig überrascht. Aber nicht nur SchülerInnen sind von der Kürzung betroffen. Die Schulbus-Linien, die jetzt abgeschafft werden sollen, können auch von allen anderen Fahrgästen mit einem normalen Bogestra-Ticket genutzt werden. Wir sind der Meinung: Der Öffentliche Nahverkehr muss gestärkt, und nicht weiter ausgedünnt werden. Wenn bei der Bogestra irgendwo gespart werden muss, dann auf der Führungsebene. Nach der Kündigung der Semesterticket-Verträge mit den Studierendenschaften durch den VRR sind die Schulbus-Kürzungen ein zweiter Angriff auf den Ausbildungsverkehr in Bochum. Als Linke fordern wir stattdessen einen Ausbau der öffentlichen und solidarischen Finanzierung des Nahverkehrs und ein öffentlich finanziertes Sozialticket ohne Zusatzkosten für EmpfängerInnen von ALGII und Grundsicherung.

9.) DIE LINKE. im Rat gegen Stellenabbau bei der Stadt

Bereits am 17. November haben wir die Pläne der Stadt scharf kritisiert, auf die prekäre Haushaltssituation mit weiterem Stellenabbau zu reagieren. Ab Januar soll jede zweite frei gewordene Stelle nicht mehr neu besetzt werden, hieß es. (Siehe Presseinformation: DIE LINKE. im Rat gegen Stellenabbau.) Wie der Personalrat inzwischen mitgeteilt hat, hat die Stadt schon jetzt erste Arbeitsverträge nicht weiter verlängert. Der Personalrat kritisiert, dass er erst durch einen Zeitungsartikel von der dramatischen Situation erfahren hat. Die Stadt habe ihre Informationspflicht als Arbeitgeberin verletzt. DIE LINKE. im Rat schließt sich den gemeinsamen Forderungen von  Personalrat Jugend- und Auszubildendenvertretung an und fordert: Die unbefristete Übernahme aller Nachwuchskräfte, die Umwandlung der Zeitverträge in unbefristete Arbeitsverhältnisse, Aufgabenkritik, nicht um Personal abzubauen, sondern um KollegInnen in stark belasteten Bereichen zu unterstützen, die kontinuierliche Ausnutzung sämtlicher Ausbildungskapazitäten und Schaffung zusätzlicher und neuer Ausbildungsbereiche, die Verhinderung bzw. Vermeidung von Arbeitsverdichtung und Überlastung sowie die Ausgestaltung der Ämter mit einem realistischen Personalaufwandsbudget. Insgesamt sollte die Personalaufwandsbudgetierung abgeschafft werden, in deren Rahmen die Stadt den massiven Stellenabbau durchsetzen will.«