Freitag 26.09.14, 13:57 Uhr

Rat beendet Hängepartie 1


Die Soziale Liste berichtet von der gestrigen Ratssitzung: »Wahlen, das Thema Musikzentrum und die Haushaltsentwicklung der Stadt waren aus Sicht der Sozialen Liste die wichtigsten Punkte der 3. Ratssitzung am 25. September. 18 Wochen (!) nach der Kommunalwahl wurden jetzt die Ausschüsse sowie Beiräte des Rates und die Mitglieder der Verwaltungs- und Aufsichtsräte der städtischen Gesellschaften gewählt und die von der Sozialen Liste kritisierte lange Handlungsunfähigkeit des Rates beendet. „Angesichts der großen Herausforderungen an die Arbeit von Rat und Ausschüssen durch die finanziellen Entwicklungen, die hohen Anforderungen im Bereich Soziales, der Schaffung von Arbeitsplätzen und des Strukturwandels durch die Schließung der Opel-Werke, war dies auch mehr als überfällig“, kommentiert Günter Gleising, Ratsmitglied der Sozialen Liste.
Gemeinsame Listen zu den Wahlen hatten SPD, Grüne, Linke, FDP/UWG, Piraten, Freie Bürger, Soziale Liste und Stadtgestalter eingereicht. Zu zahlreichen Wahlen hatte auch die rechtspopulistische AfD-Fraktion Kandidaten aufgestellt, die von NPD und Pro NRW unterstützt wurden. Dadurch ist die AFD in den Ausschüssen, aber in keinem Beirat und Unternehmen der Stadt vertreten.
Gegen das Votum der kleineren Oppositionsparteien, mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen hat der Rat die zusätzlichen Kosten für den Verwaltungsbau des Musikzentrums genehmigt. Für rund 1,1 Millionen Euro wird nun ein Verwaltungstrakt am Gebäude an der Viktoriastraße mitgebaut. Mit mindestens 700.000 € wird dafür der Haushalt der Stadt Bochum (trotz Haushaltssperre!) belastet, für 600.000 € hat eine Bochumer Bank eine Bürgschaft für die Stiftung Bochumer Symphonie übernommen. Schon im Vorfeld der Ratssitzung hatte die Soziale Liste erklärt: „Wir haben immer gesagt, dass der gesteckte Kostenrahmen für das Musikhaus nicht gehalten werden kann. Neben dieser Erhöhung um mindestens 1,1 Mio. € sind weitere Verteuerungen durch Baukostensteigerung, die Nichterfassung aller Kosten und Kostenüberschreitungen im Innenausbau mehr als wahrscheinlich. Für eine deutliche Kostensteigerung sprechen auch die Erfahrungen ähnlicher Projekte der letzten Jahre. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die enormen Kostensteigerungen und Nachbesserungen für den RuhrCongress.“ Der Vorgang ist ein weiterer Beleg dafür, wie mit Tricks und Finanzaktionen ein weiteres Prestigeprojekt geschaffen werden soll. Unter dem erkennbaren Unwillen der Oberbürgermeisterin wies Bochums Kämmerer, Dr. Manfred Busch, zum Ende des öffentlichen Teils der Ratssitzung auf die verschlechterte Haushaltslage der Stadt hin.
Allein im Jahr 2015 müssten zusätzlich 15 Mio. € und bis 2022 über 30 Mio. € im Haushalt kompensiert werden. Um die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes von der Bezirksregierung Arnsberg zu bekommen, so Dr. Busch, müssen diese „Verschlechterungen“ und die bisher nicht „umgesetzten HSK-Maßnahmen an anderer Stelle, in erster Linie bei den ordentlichen Aufwendungen kompensiert werden.“ Im Klartext heißt das, die Haushaltssperre bleibt, die Mittelkürzungen und Rotstiftmaßnahmen vor allem im sozialen und kulturellen Bereich werden verschärft und an der Gebühren- und Entgeltschraube wird kräftig gedreht.
Das Ratsmitglied der Sozialen Liste, Günter Gleising, ist – Mitglied im Ausschuss für Strukturentwicklung – Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss (ohne Stimmrecht) – Mitglied des Aufsichtsrates der Wirtschaftsförderung Bochum Holding GmbH und des Aufsichtsrates der Wirtschaftsförderung Bochum GmbH.
Zu Beginn der Ratssitzung hatte die Oberbürgermeisterin und der Rat der Stadt Bochum eine Solidaritätsadresse an die Partnerstadt Donezk gerichtet. Dort heißt es: „Voller Sorge müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich unsere Partnerstadt seit Wochen unter Beschuss befindet, zivile Opfer zu beklagen sind und Häuser und Fabriken zerstört werden. Familien mit ihren Kindern befinden sich auf der Flucht. Besonders arme, alte und kranke Menschen haben Hilfe bitter nötig. Die Verluste an Menschen sowie die Zerstörungen in der Stadt und ihrer Umgebung haben tiefe Wunden geschlagen. ….. Wir hoffen, dass bald wieder Frieden in der Ost-Ukraine und in Donezk einkehrt.“
Bochum hofft, dass, sobald es die Lage wieder erlaubt, Hilfslieferungen in Form von Geld oder Sachspenden wie bisher üblich über die Gesellschaft Bochum-Donezk e.V. in unsere Partnerstadt gebracht werden können.«


Ein Gedanke zu “Rat beendet Hängepartie

  • Ralf Feldmann

    Linksfraktion verschenkt Aufsichtsratsmandate und Basisdemokratie

    Wirtschaftsförderung – in einer Stadt mit immer weniger Arbeitsplätzen enorm wichtig – ist in Bochum vom unmittelbaren politischen Einfluss in Rat, Ausschüssen und Verwaltung weg verlagert in ein privatrechtliches Konstrukt von Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die Linksfraktion im vorigen Rat sah darin eine Einschränkung kommunaler Demokratie. Wer gute neue Arbeit durch Wirtschaftsförderung für wichtig hält, wird unter diesen Bedingungen auf die Chance eines Mandats in den Aufsichtsräten der Wirtschaftsförderungsgesellschaften nicht leichthin verzichten. Anders die Linksfraktion im neuen Rat. Sie verschenkte diese Aufsichtsratsmandate an Günther Gleising, den nach herber Wahlniederlage verbliebenen Einzelkämpfer der linken Konkurrenz Soziale Liste.

    Warum? Fühlen sich die Mitglieder der Linken im Rat in Sachen Wirtschaftsförderung überfordert? Worin wäre dann aber die überragende Kompetenz von Günther Gleising in diesem Bereich begründet?

    Wahrscheinlich will die neue Linksfraktion mit diesem Geschenk eine Verbindung festigen, die sich bereits vor der Wahl abzeichnete. Für die jetzigen Ratsvertreter der Linken war es nie parteischädigendes Verhalten, dass ein Mitglied der Linken gleichzeitig nicht nur Kandidat, sondern Vorsitzender der Sozialen Liste war und dort – kommunistisch beseelt – DKP-Dominanz mit folkloristischer DDR-Begeisterung und Offenheit zur MLPD unter einen Hut zu bringen bemüht war. Zusammen mit Menschen, denen es soeben eine besondere Pflicht war, beim „DDR-Kabinett“ in Wattenscheid mit peinlichstem Lobpreis den 65. Geburtstag der DDR zu feiern.

    Auf der Strecke bleibt schon ganz am Anfang das Versprechen der neuen Linksfraktion, Kommunalpolitik in enger Zusammenarbeit mit der Parteibasis im Bochumer Kreisverband machen zu wollen. Offenbar sind das Wegschenken von Aufsichtsratsmandaten an die linke Konkurrenz und die Zusammenarbeit mit der Sozialen Liste derart untergeordnete Angelegenheiten des politischen Tagesgeschäfts, dass Abgeordnete mit freiem Mandat sich darüber vorher nicht groß mit ihrer Mitgliederversammlung austauschen müssen.

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