Archiv für den Monat: Februar 2014


Samstag 01.02.14, 21:41 Uhr

Che Sudaka mit dem Album 1111 Lives

CHE SUDAKA 1111 Lives SPOT 1

Am Dienstag, den 4. 2. gastiert um 20 Uhr  Che Sudaka aus Barcelona im Bahnhof Langendreer. Das Konzert wird präsentiert von Radio El Zapote: »Nach zweijähriger Abwesenheit, jedoch vielen Konzerten über die Jahre in Bochum, kehren die südamerikanischen Musiker von Che Sudaka, mit Basis im katalanischen Barca,  zurück an alte Wirkungsstätte. mehr…

Samstag 01.02.14, 18:15 Uhr

Solidarität mit den Geflüchteten 7

Mehr als 300 Menschen waren heute dem Aufruf zu einer Demonstration vor dem Flüchtlingsheim in der Wohlfahrtstraße gefolgt. (Zur Fotogalerie.) Das Motto der Kundgebung „Flüchtlinge Willkommen!“ Auf Begeisterung stieß die riesige Botschaft der Knappschaft an ihrem Hochhaus. Einige Flüchtlinge beteiligten sich an der Demonstration, trauten sich aber nicht öffentlich aufzutreten. Birgit Naujoks, (Foto rechts) Geschäftsführerin des Flüchtlingsrates NRW schilderte in ihrer Rede die Situation der Flüchtlinge: »In dieser Flüchtlingsunterkunft hier an der Wohlfahrtsstraße leben Menschen, die vor politischer Verfolgung, (Bürger-)Kriegen, massiven Menschenrechtsverletzungen und akuten Lebensbedrohungen geflohen sind. Sie haben gefährliche Wege und alle Widrigkeiten in Kauf genommen, um hier in Sicherheit und mit einer Perspektive leben zu können. Doch angekommen in Deutschland, können sie von der viel gepriesenen „Willkommenskultur“, die die Politik gegenüber sogenannten „erwünschten“ Zuwanderern propagiert, nicht profitieren. mehr…


Kundgebung "Flüchtlinge Willkommen" am 1. 2. 2014 an der Wohlfahrtstraße
Samstag 01.02.14, 18:12 Uhr

Rede von Wolfgang Dominik, VVN-BdA

Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Wolfgang Dominik. Ich bin Mitglied der ältesten und bis heute größten antifaschistischen Organisation Deutschlands, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. (VVN-BdA).
Die Mütter und Väter der VVN-BdA waren sehr häufig ehemalige KZ-Häftlinge oder sonst wie Verfolgte des Naziregimes. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Flüchtlinge, die es geschafft hatten, das faschistische Deutschland oft unter Lebensgefahr und in der Regel unter Zurücklassung von Hab und Gut zu verlassen.
Flüchtlinge sind nie Menschen, die ohne Not, oft  unter größten Strapazen und lebenslänglichen Traumatisierungen,  ihre  Heimat verlassen. Darauf gehen die anderen RednerInnen noch genauer ein!

Es ist eigentlich eine politische und historische Perversität, die sich heute hier abspielt. Flüchtlinge werden angegriffen von einer Neonazi-Bande, die sich Kameradschaft Volkssturm Deutschland nennt.
Da ich am Montag in der Bochumer Synagoge etwas zur aktuellen faschistischen Gefahr in Bochum  sagen sollte, bin ich noch einmal mit den allein 6 Millionen ermordeten jüdischen MitbürergerInnen in Europa konfrontiert worden. Auf die Verursacher und Väter dieses Völkermords bezieht sich der Volkssturm.

Ich weiß nicht, ob diesem Volkssturm klar ist, dass der Volkssturm im Faschismus das letzte kümmerliche und elende Aufgebot von alten Männern und Jugendlichen bzw. Kindern war,  die von einer verbrecherischen deutschen Führung  gegen Ende des faschistischen Terrorkrieges und gegen Ende der industrieller Vernichtung von Millionen Menschen auch noch ihr Leben lassen sollten zur Verteidigung der faschistischen Herrschaft.  Wenn sich heute Neofaschisten nach diesem maroden Haufen von staatlich angeordneten Selbstmordkommandos nennt, lässt das auf eine ausgeprägte Geschichtsblindheit schließen.

Die neofaschistischen Kameradschaften beziehen sich auf die faschistischen Kameradschaften, die es ab 1933 in Deutschland gab. Kameradschaft war die kleinste Einheit der Hitler-Jugend mit ca. 15 Mitgliedern. Viel stärker sind die Kameradschaften heute auch nicht. Vielleicht sollten sich die Kameradschaften gleich Hitler-Jugend nennen? Oft genug verstehen sich die Mitglieder der Kameradschaften als politische Soldaten, als  Kriegsgemeinschaft, d.h. als Träger von direkt auf den Faschismus bezogenen Ideologien, Methoden und Zielen. So ließe sich dann auch die „Kameradschaft Volkssturm Deutschland“ erklären.

Wir können feststellen, dass in ganz Europa faschistoides und faschistisches Denken und Handeln explosionsartig um sich greift. Von Finnland bis Griechenland treibt die kapitalistische Krise  immer mehr Menschen faschistischen Demagogen in die Arme, die angeblich leichte Lösungen für ihre Probleme parat halten. Die flüchtenden Opfer der imperialistischen Wirtschaftspolitik und der neuen kolonialen Kriege werden durch eine massive Aufrüstung der Außengrenzen Europas (ich nenne nur Frontex und Eurosur) zurück in den Hunger-, Kriegs-  oder Foltertod getrieben. Wenn sie aber Europa erreichen oder sogar als europäische BürgerInnen nach Deutschland kommen, werden sie  von höchsten Repräsentanten des Staates mit rassistischen Diffamierungen bedacht, und es wird versucht, sie so schnell wie möglich in noch größeres Elend oder den Tod zurückzutreiben.

Ein bekannter christlicher Politiker konnte ohne jede Kritik unter jubelnden Beifall schon 2011 erklären, dass er sich „bis zur letzten Patrone“ gegen ZuwanderInnen in unser Sozialsystem wehren wird, falls sie nicht entsprechend der kapitalistischen Profitlogik verwertbar sind. Diese  kriegerische Redeweise könnte tatsächlich eine Parallelität zum Volkssturm aufweisen. Die hatten zwar damals kaum noch Patronen, sollten sich aber auch bis zur letzten Patrone oder mit bloßen Händen wehren.

Der staatlich verordnete Rassismus in Medien und durch PolitkerInnen hat massiv zugenommen. Klar, auch Kardinal Meissner muss da noch schnell seinen Senf dazu tun, um in guter Sarrazin-Tradition  Menschen gegeneinander zu polarisieren statt , wie der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Aiman Mazyek sagt, Brücken zu bauen. Sarrazin ist immerhin ein prominentes SPD-Mitglied,
Es wird mit Macht rassistisch aufgerüstet. Materiell an den Grenzen, ideologisch tagtäglich in diesem Land.

Als studierter evangelischer Theologe kann ich mir die sarkastische Bemerkung nicht ersparen: Wenn Jesus von Nazareth heute nach Europa oder nach Deutschland fliehen wollte, würde er wahrscheinlich von Frontex, auch eine Erfindung christlicher PolitikerInnen,  gezwungen, im Mittelmeer zu ertrinken wie 20.000 andere in den letzten Jahren.
Würde er es irgendwie nach Deutschland schaffen und würde einen Asylantrag stellen können, wäre er sofort abgelehnt: Bärtiger Palästinenser,  religiöser Fundamentalist, keine Qualifikationen, die im Sinne kapitalistischer Verwertbarkeit der Arbeitskraft nachgefragt werden, beruft sich möglicherweise auf einen gewissen Christus, der in Europa oft  sogar im Namen von  Parteien auftaucht Diese christlichen Parteien in Deutschland sitzen mit einer anderen Partei in der Regierung Deutschlands. Alle MinisterInnen beider Parteien haben auf den christlichen Gott ihren Amtseid abgelegt Dieser Eid  beinhaltet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar!“ und „Die Menschenrechte sind unveräußerlich!“. Da steht nicht im Grundgesetz, dass diese Grundrechte nur für  ganz spezielle Deutsche gelten.

Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und die  Überlebenden  haben 1945 geschworen, die Ursachen, die zum Faschismus führten, zu beseitigen.
Heute müsste es hier vor dem Flüchtlingsheim auch heißen, die Ursachen, die Menschen zur Flucht treiben, müssen beseitigt werden. Solange diese Ursachen nicht nur nicht beseitigt, sondern durch  geplante (familienfreundliche) neue Kriege (Gauck nennt diese imperialistischen Kriege mehr Verantwortung für die Welt übernehmen) zementiert werden, müssen wir Flüchtlingen sagen: Wir heißen euch willkommen, auch – aber nicht nur – weil wir einsehen, dass wir die Mitschuld an eurem Elend tragen.

Für AntifaschistInnen gilt: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Die Bildung eines Volkssturms war auch schon 1944  ein zusätzliches faschistisches Verbrechen und heute erst recht.


Samstag 01.02.14, 18:05 Uhr

Rede von Birgit Naujoks,
Flüchtlingsrat NRW

Wir haben uns hier heute zusammengefunden, um unsere Solidarität mit den in der Wohlfahrtstraße lebenden Flüchtlingen zu demonstrieren und ihnen noch einmal deutlich zu zeigen, dass  es Menschen gibt, die sie willkommen heißen!
Wir heißen sie deshalb willkommen, weil es Menschen sind, Menschen, die hier in Deutschland leben möchten. Für uns EU-Bürger ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir uns prinzipiell frei entscheiden können, an welchem Ort der Erde wir leben möchten. Dieses Recht gestehen unsere Gesetze, viele Politiker und weite Teile der Gesellschaft jedoch Menschen aus anderen Ländern, die in Europa leben möchten, nicht zu. Im Gegenteil, Europa schottet sich ab und nimmt dabei billigend den Tod von Flüchtlingen in Kauf.
In dieser Flüchtlingsunterkunft hier an der Wohlfahrtsstraße leben Menschen, die vor politischer Verfolgung, (Bürger-)Kriegen,  massiven Menschenrechtsverletzungen und akuten Lebensbedrohungen geflohen sind.  Sie haben gefährliche Wege und alle Widrigkeiten in Kauf genommen, um hier in Sicherheit und mit einer Perspektive leben zu können. Doch angekommen in Deutschland, können sie von der vielgepriesenen „Willkommenskultur“, die die Politik gegenüber sogenannten „erwünschten“ Zuwanderern propagiert, nicht profitieren.
Menschen, die hier einen Asylantrag stellen, müssen mit sehr vielen rechtlichen Einschränkungen leben. So haben sie keinen Anspruch auf einen Sprach- oder Integrationskurs. Auch unterliegen sie in der ersten Zeit einem vollständigen Arbeitsverbot und können danach nur eine Erlaubnis für einen Job erhalten, den kein Deutscher, EU-Bürger oder sonstiger Drittstaatler ausüben kann. Dies bedeutet über mehrere Jahre einen faktischen Ausschluss vom Arbeitsmarkt. Diese Menschen ruhen sich nicht „auf der sozialen Hängematte“ aus, wie es derzeit oft geäußert wird, sie sind zur Untätigkeit gezwungen und müssen Sozialleistungen in Anspruch nehmen, um ihr Überleben zu sichern. Die Sozialleistungen, die ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden, werden in NRW mittlerweile weitgehend in Barleistungen ausgezahlt. Manche Gemeinden nutzen aber immer noch die rechtlich vorgesehene Möglichkeit, Gutscheine an Flüchtlinge auszugeben oder einen eigenen Shop in einer Unterkunft zu betreiben. Diese Formen der Leistungsgewährung sind diskriminierend und schränken die freie Entscheidung über die Lebensführung erheblich ein. Medizinische Versorgung ist im Regelfall nur für akute Erkrankungen und Schmerzzustände vorgesehen – was akut ist, darüber entscheidet der Mitarbeiter beim Sozialamt, der dem Flüchtling einen Behandlungsschein ausstellen muss, bevor dieser einen Arzt aufsuchen darf.
Auch gibt es für die Art und Weise der Unterbringung von Flüchtlingen keine Mindeststandards . Für die Tierhaltung ist normiert, wieviel Platz einem Schäferhund oder eine Legehenne zusteht. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen existieren solche Vorgaben nicht, so dass sich momentan des Öfteren vier Personen, die sich nicht kennen, womöglicher unterschiedlicher Herkunft und Religion sind, einen Raum von 10 qm Größe teilen müssen. Gemeinschaftsküchen und -bäder werden nicht selten von bis zu 20 Personen genutzt. Auch hier in der Wohlfahrtsstraße sind die Verhältnisse durch das Aufstellen der vielen Container äußerst beengt. Den Kindern fehlt Platz zum Spielen und es mangelt an Rückzugsmöglichkeiten für die Menschen. Das alles sind Maßnahmen, um Flüchtlinge abzuschrecken, sie dazu zu bewegen „freiwillig“ wieder zurück zu gehen und sie von jeder Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe fernzuhalten.
Warum geht unsere Gesellschaft so mit Menschen um, die hierhin kommen, um Schutz zu suchen? Diese Frage können wir nicht abschließend beantworten, aber wir können uns dafür einsetzen, dass sich das ändert. Dafür stehen wir, die wir hier heute an der Gegendemonstration teilnehmen. Wir möchten eine menschenfreundliche und menschenwürdige Gesellschaft, die jedem hier lebenden Menschen den gleichen Wert beimisst. Deshalb noch einmal an alle Bewohner dieser Unterkunft: „Herzlich willkommen!“