Donnerstag 14.02.13, 18:56 Uhr

„Arbeitszeitverkürzung ist viel zu wichtig“


Die Arbeitgeber der Region bezeichnen in einer Pressemitteilung die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzungen für einen missglückten Karnevalsscherz. Für den DGB-Regionsgeschäftsführer Jochen Marquardt kein Grund ihrerseits das Brauchtum der Aprilscherze vorzuverlegen. „Es ist nicht besonders überraschend, dass die Arbeitgeber das Thema nicht aufnehmen wollen. Unabhängig davon gehört es sehr wohl auf die Tagesordnung.“ Die Logik hinter der Ablehnung des offenen Briefes der Professoren Heinz Josef Bontrup und Mohssen Massarath macht ein weiteres Mal deutlich, dass die Arbeitgeber sich das Recht herausnehmen, allein die zu diskutierenden Themen entscheiden zu wollen und dabei ausschließlich ihre eigenen Interessen zu formulieren. Nicht durchdachte Argumente, sondern instinktive Ablehnung prägt ihre Verlautbarung.
In der Pressemitteilung des DGB heißt es: »Die zentralen Aussagen des Arbeitszeitpapiers, das sich an alle gesellschaftlichen Gruppen wendet ist, dass es dringend geboten ist, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Teilhabe der Menschen am gesellschaftlichen Reichtum und an der gesellschaftlichen Arbeitszeit gerechter zu verteilen. Im Brief wird die Entwicklung der vergangenen Jahre aufgezeigt und die verweist mit aller Deutlichkeit darauf, dass Deutschland weit von Vollbeschäftigung entfernt ist. Zwar sind insgesamt mehr Menschen in Arbeit gekommen – die Arbeitszeiten allerdings werden immer ungleicher verteilt. Immer mehr müssen mit Teilzeitbeschäftigungen klar kommen, obwohl sie länger arbeiten wollen. Auf der anderen Seite werden Beschäftigte gezwungen, ihre Arbeitszeit unentgeltlich zu erhöhen.
Diese Entwicklung mag für einzelne Unternehmen unabwendbar zu scheinen – für eine Volkswirtschaft ist sie verheerend. Ungleiche Verteilung von Arbeitszeit und immense Kosten bei den Transferleistungen, zum Beispiel bei weit über 1 Mio. Menschen, die trotz Vollzeitbeschäftigung aufstockende Leistungen der Agenturen für Arbeit in Anspruch nehmen müssen. Selbst die offiziellen Arbeitsmarktzahlen gehen immer noch von rund 3 Millionen aus, die keine Arbeit haben. In einer solchen Situation von Vollbeschäftigung zu fabulieren, hält Marquardt für unverantwortlich. Der offene Brief, den der Geschäftsführer der DGB-Ruhr Mark mit unterzeichnet hat, ruft dazu auf, die Diskussion neu zu starten und neue Lösungen zu finden. „Anstatt den Ball aufzunehmen, lassen die Arbeitgeber eine wichtige Chance verstreichen. Ihr Beitrag sollte es sein, die Arbeitszeit gerechter zu verteilen und damit mehr Menschen in faire Beschäftigung zu bringen.“
Anstatt gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen argumentieren sie wie vor hundert Jahren und denunzieren die Idee in die Mottenkiste der Geschichte. Fraglich für Marquardt wer denn hier stehengeblieben ist. „Wäre es nach den Arbeitgebern gegangen würden wir noch heute eine 60-Stunden-Woche haben. Würde es nach deren Vorstellungen gehen, hätten die Diskussionen um Mindestlohn und faire Arbeit nie stattgefunden.“«