Donnerstag 24.01.13, 13:59 Uhr

Protest gegen neun Shopping-Sonntage


Die Bochumer Stadtverwaltung hat eine Beschlussvorlage erstellt, die vorsieht, dass es 2013 neun Sonntage geben soll, an denen Geschäfte in Bochum geöffnet sind. Die „Allianz für den freien Sonntag“, ein Bündnis aus den Bereichen Gewerkschaften und Kirchen ist über Inhalt und Zustandekommen dieses Vorschlages empört und schreibt in einer Erklärung: »Mit großem Bedauern und enttäuscht nehmen wir die aktuelle Beschlussvorlage für den Rat der Stadt Bochum zur  diesjährigen Ausrichtung der Sonntagsarbeit im Einzelhandel in unserer Stadt zur Kenntnis. Wir können weder der praktizierten Erarbeitungsform noch der vorgeschlagenen Ausgestaltung der Ladenöffnungen an Sonntagen in Bochum unsere Zustimmung geben. Für uns bleibt es dabei, dass der Sonntag kein Tag wie jeder andere ist und sich seine Bedeutung in seiner Beständigkeit für die individuelle Lebensgestaltung der Menschen ausdrückt. Die Sonntagsgestaltung darf nach unserer Auffassung nicht immer stärker wirtschaftlichen Interessen untergeordnet werden.
Dies entspricht nicht unseren Vorstellungen der erforderlichen Ruhe- und Erholungsphasen und reduziert weitere wichtige Zeitphasen für familiäres Leben und gemeinsame kulturelle Gestaltung. Die mit den Sonntagsöffnungen verbundenen weiteren zeitlichen Belastungen für die im Einzelhandel Beschäftigten zeigen für uns weiterhin einen falschen Entwicklungspfad in der Arbeitszeitpolitik auf.
Wir betonen besonders, dass  die vorliegende Beschlussvorlage nicht den gemeinsamen Verabredungen entspricht, die zwischen den politisch Verantwortlichen, den Verantwortlichen der beteiligten Wirtschaftssektoren und der „Allianz für den freien Sonntag“ getroffen wurden. Auf der Basis des Beschlusses des Rates der Stadt Bochum vom 2. Februar 2012, die Sonntagsarbeit in unserer Stadt komplett einzustellen, wurde aufgrund der fortgeschrittenen Planungen im Jahr 2012 ein gemeinsamer Kompromiss vereinbart, der die Durchführung auf 9 Sonntage einschränkte und für die folgenden Jahre eine weitere Reduzierung  festlegte. In einer Erklärung vom 22. Februar 2012 wurde festgestellt: „Aus Sicht der Kirchen, Gewerkschaften, Einzelhandelsverband und IHK ist dies der Einstieg in einen dauerhaften Dialog. Dieser sollte – auch mit Blick auf die nächsten Jahre – sowohl die Reduzierung als auch die Qualität der verkaufsoffenen Sonntage umfassen.“
Der nunmehr vorliegende Beschlussvorschlag bleibt bei 9 Sonntagen und verlässt somit die gemeinsame Diskussionsgrundlage. Dem können und wollen wir uns als Kirchen und Gewerkschaften nicht anschließen.
Wir anerkennen die Bemühungen aus Politik und Einzelhandelsverband einen Vorschlag vorzulegen.
Wir begrüßen die Reduzierung der Adventssonntage auf einen verkaufsoffenen Tag, obwohl wir uns gewünscht haben, diese besonderen Tage im Jahr komplett auszunehmen.
Wir sind enttäuscht darüber, dass dieser Vorschlag nicht wie vereinbart gemeinsam mit der „Allianz für den freien Sonntag“ entwickelt worden ist, obwohl dies in den Abstimmungen im Jahr 2012 festgelegt war.
Uns ist bewusst, dass die Gespräche des Einzelhandelsverbandes mit seinen Mitgliedsunternehmen schwierig waren und seitens der Verantwortlichen mit Engagement geführt wurden. Wir nehmen dies gern zur Kenntnis.
Festzuhalten ist und bleibt aber, dass der jetzige Beschlussvorschlag dem Vorhaben, einen gemeinsamen, tragfähigen Kompromiss zu finden, nicht entspricht. Die Verabredung, die Anzahl unterhalb der 9 Sonntage des Jahres 2012 zu bringen, wurde nicht berücksichtigt und kann damit auch an keiner Stelle als Kompromiss angesehen werden.
Wir bitten die Fraktionen im Rat der Stadt und die Bezirksvertretungen dieser Beschlussvorlage nicht zuzustimmen.
Die aktuell vorliegende Beschlussvorlage entspricht weder den gemeinsam verabredeten Vorgehensweisen noch den vereinbarten Festlegungen zur zahlenmäßigen Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage in unserer Stadt.
Wir sind gern bereit, andere und neue Wege im gemeinsamen Gespräch zu suchen und miteinander an guten Lösungen zu arbeiten.
Dazu sollten auch Initiativen und Möglichkeiten angegangen und eröffnet werden, die die Attraktivität der Stadt und der Stadtteile auch außerhalb kommerzieller Angebote erhöht, beziehungsweise weiter entwickelt.

Unterzeichner_innen der Stellungnahme:
Lothar Gräfingholt, Katholikenratsvorsitzender
Jochen Marquardt, Geschäftsführer DGB Region Ruhr-Mark
Gudrun Müller, Bezirksgeschäftsführerin ver.di Bezirk Bochum-Herne
Rose Richter, Wirtschaft, Arbeit und Soziales, Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW
Berthold Rose, Wirtschafts- und Sozialreferent in der Zentralabteilung Politik, Wirtschaft und Soziales im Generalvikariat des Bistums Essen
Peter Scheffler, Superintendent, Evangelischer Kirchenkreis Bochum
Dietmar Schmidt, Stadtdechant, Katholische Kirche Bochum und Wattenscheid