Montag 18.06.12, 18:36 Uhr
Zum „Internationalen Tags des Flüchtlings“ am 20. Juni:

Sammelunterkünfte abschaffen


Anlässlich des „Internationalen Tags des  Flüchtlings“ am 20. Juni weist die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V. (MFH) auf die schlechte Wohnsituation von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften hin und schreibt in einer Pressemitteilung: »AsylbewerberInnen, „geduldete Flüchtlinge“ und Flüchtlinge mit humanitärer Aufenthaltserlaubnis, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen, sind nach § 2 AsylbLG verpflichtet die ersten vier Jahre in Flüchtlingsheimen bzw. Gemeinschaftsunterkünften zu leben. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind § 53 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) und § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Diese Unterkünfte sind meist alte Kasernen, Container, heruntergekommene Häuser oder Gewerbebauten. So gilt es als erwiesen, dass Lebensbedingungen in Unterkünften, in denen es aufgrund schadhafter Bausubstanz zu Feuchtigkeitseintritt und Schimmelbefall gekommen ist, Asthma und andere Atemwegserkrankungen, sowie Allergien herbeiführen können.
Die Lebenssituation in den meisten Gemeinschaftsunterkünften ist sehr schlecht bis unmenschlich. Die Bedingungen haben für die Flüchtlinge und ihre Familienangehörigen in Deutschland ein dermaßen repressives Umfeld geschaffen, das sehr leicht verschiedene psychische bzw. psychosoziale Erkrankungen auslöst. Die Unterbringung der Flüchtlinge in Massenunterkünften erhöht die einhergehende Störung von Intimität und Rückzugsmöglichkeiten. Die sozialen Spannungen zwischen Familienmitgliedern und Nachbarn schüren Aggressionen und Konflikte und lösen statistisch signifikant häufiger seelische Erkrankungen, v.a. Depressionen und Ängste aus.
Beispiel: Frau S. (Name geändert) und ihre Kinder sind kürzlich in Deutschland angekommen. Frau S. leidet unter anderem an folgenden Krankheiten: Urämisches Syndrom bei chronischer Dialysepflichtigen Niereninsuffizienz, Anamnestische Lymphome, Asthma, Depressionen.
Frau S. und ihre Kinder wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft; in einem ca. 15 m² großem Schlafzimmer mit drei verfügbaren Betten, dessen Fenster auf den Müllplatz der Gemeinschaftsunterkunft hinaus führt. Darüber hinaus steht der Familie ein ca. 16 m² großes Zimmer zur Verfügung, welches als Küche genutzt wird. Eine Spüle und ein funktionstüchtiger Kühlschrank sind vorhanden. Die Familienmitglieder müssen sich ein ca. 4 m² großes Badezimmer, ausgestattet mit Waschbecken, Toilette und Badewanne, mit einer fünfköpfigen Familie einer anderen Nationalität teilen, deren Sprache sie nicht verstehen und mit denen sie aus diesem Grund kaum Kontakt haben. Wie im Schlafzimmer sind die Wände an einigen Stellen schadhaft: Besonders im Bereich der Spüle findet sich über den Fußleisten, trotz regelmäßiger Stoßlüftung, großflächiger Schimmel. Wie auch im Schlafzimmer blättert die Farbe von den Wänden ab, besonders um die Fenster herum“.
Seit ihrem Bestehen (1997) beklagt die MFH die Unterbringung von Flüchtlingen und AsylbewerberInnen in Sammelunterkünften, wie z.B. den Übergangswohnheimen. Die MFH bezog und bezieht sich dabei in ihrer Besorgnis und Kritik nicht nur auf grundsätzliche humanitäre Anforderungen an den Umgang mit Flüchtlingen in der Bundesrepublik Deutschland. Im konkreten Fall steht die mit der Unterbringung zwangsweise verbundene Art des Lebens von Flüchtlingen in unmittelbarem Verdacht, gesundheitsschädigende Wirkungen für die Betroffenen zu fördern. Die MFH sieht die Abschaffung von Sammelunterkünften, so auch der Übergangswohnheime, für grundsätzlich erforderlich.
Die Evidenz der geschilderten Zusammenhänge wurde zuletzt auf der Konferenz der Umwelt- und Gesundheitsminister der europäischen Mitgliedsstaaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 23.-25.Juni 2004 in Budapest bekräftigt. In der Abschlusserklärung der Konferenz verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten gesundheitsschädigende Wohnsituationen vorrangig zu beheben. «