Mittwoch 23.05.12, 13:54 Uhr
Uni-Initiativen ohne Nachwuchs

Bochumer Videofestival fällt aus


Die heute erschienene Ausgabe der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung ist sicherlich eine der informativsten Produktionen der letzten Jahren. Es lohnt sich in der Printausgabe zu blättern oder online zu browsen. Im Leitartikel beschreibt Chantal Stauder die Absage des diesjährigen Videofestivals und forscht nach den Ursachen: »Für das jährlich in Bochum stattfindende Internationale Videofestival wäre es die 22. Ausgabe gewesen. Doch in diesem Jahr muss das renommierte dreitägige Festival ausfallen – aus Organisationsgründen und Nachwuchsmangel. Letzteres Problem teilt das Videofestival derzeit mit vielen Initiativen rund um die RUB. Eine Ursache dafür, dass so wenig Studierende bereit sind, sich außeruniversitär zu engagieren, sieht die kommissarische Leiterin des Videofestivals Helena Patané in den engen Vorgaben der Bachelor- und Masterstrukturen während des Studiums. Um Engagement neben dem Studium wieder möglich zu machen, hat die studentische Senatsfraktion nun einen Entwurf zur Neuregelung der Anwesenheitspflicht auf den Weg gebracht.
Seit über zwanzig Jahren hieß es jedes Jahr an der Ruhr-Uni: drei Tage und drei Nächte Internationales Videofestival. Im Wintersemester 1990/91 von der Fachschaft für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften gegründet, avancierte das Videofestival zu einer international bekannten Instanz für Videokunst. In diesem Jahr bleiben die Bildschirme dunkel. Nachdem das Leitungsteam seine Arbeit nicht fortführen konnte und wechselte, wurde die Organisation zu spät übergeben. Antragsfristen verstrichen, die Zukunft des Videofestivals war bis Januar dieses Jahres ungewiss. Frühestens im Mai oder Juni 2013 kann das nächste Festival stattfinden.
Videoslams statt Festival
Für das kommende Wintersemester sind lediglich kleinere Aktionen wie Videoslams und ein Waffelstand geplant. „Wir schaffen es zeitlich einfach nicht mehr. Dass diejenigen, die sonst die Leitung übernommen haben, irgendwann mit ihrem Studium fertig werden wollen, ist nur verständlich. Zudem fehlt uns auch einfach der Nachwuchs“, sagt Helena Patané. Derzeit besteht das Organisationsteam einzig aus ihr. „Wir suchen händeringend nach Leuten, die bereit sind, sich im Rahmen des Videofestivals zu engagieren“, sagt sie und fügt hinzu: „Vielleicht schaffen wir es im nächsten Jahr nur noch, zwei der üblichen drei Tage zu stemmen. Das kommt auf die Anzahl der Leute an, die bereit wären, sich beim Videofestival zu engagieren.“
Keine Zeit für Engagement
Bisher war es Studierenden möglich, dass sie sich das Engagement als Praktikum mit zehn Credit Points im Optionbereich anrechnen lassen konnten. Doch die Arbeit selbst blieb ehrenamtlich. „Wir überlegen derzeit, ob es möglich ist, dass zumindest für das Leitungsteam eine feststehende Aufwandsentschädigung gezahlt wird, mit der die Betroffenen rechnen können. Denn diese können in dem entsprechenden Jahr parallel zu den Organisationsaufgaben nur wenig studieren“, so Patané. Sie sieht das Nachwuchsproblem auch durch die engen Zeitvorgaben des Bachelor- und Mastersystems sowie durch die Anwesenheitspflicht bedingt. Wer studiert und nebenher arbeitet, dem bleibt kaum noch Zeit, sich außeruniversitär oder bei Campusinitiativen zu engagieren. Noch schwieriger wird es für diejenigen, die ihre Zeit nicht nur in Studium und Berufstätigkeit investieren müssen, sondern zusätzlich noch mit Kind studieren oder pflegebedürftige Angehörige haben, um die sie sich kümmern müssen. „Wir wollen, dass auch diese Menschen Chancengleichheit mit denjenigen bekommen, die keine Sonderverpflichtungen haben“, sagt Patané.
Anwesenheitspflicht soll abgeschafft werden
Deswegen strebt die studentische Senatsfraktion derzeit eine campusweite und fächerübergreifende Änderung der Anwesenheitspflicht an. Sie setzt sich dafür ein, dass der Senat dem Rektorat eine Änderung der Regelung empfiehlt. Für Studierende der Sozialwissenschaft wurde die Studienordnung bereits geändert. Ein entsprechender uniweiter Antrag wird auf der nächsten Sitzung der FachschaftsvertreterInnen-Konferenz diskutiert. Dieser sieht vor, die allgemeine Anwesenheitspflicht auch für Seminare abzuschaffen. Bisher war es so, dass es nur in Vorlesungen keine Anwesenheitspflicht mehr geben darf. In Seminaren konnten die einzelnen Fakultäten und die entsprechenden Dozierenden fakultätsintern entscheiden, wie sie die Anwesenheitspflicht handhaben wollten. Von der geplanten Reform ausgenommen wären künftig nur Exkursionen und Laborpraktika, da dies auch dem Wunsch der betroffenen Studierenden entspricht.
Für das Videofestival bleibt der Nachwuchsmangel bis dahin ein reales Problem. Patané sagt: „Wir hoffen, dass sich alle Studierenden, die Lust darauf haben, Erfahrungen in den Bereichen Presse, Technik, Sponsorensuche, Organisation, Werbung oder Lizenzbeschaffung zu machen, trotz straffer Zeitvorgaben den Mut haben, uns beim Videofestival zu unterstützen.“
Interessierte Studierende, die dabei helfen wollen, das Internationale Videofestival auch für die kommenden Jahre zu retten, sind herzlich eingeladen, eine kurze Mail an Helena.Patane@rub.de zu schreiben.