Sonntag 22.04.12, 13:23 Uhr

Kettly Mars, Haiti: Wilde Zeiten


Am Mittwoch, den  25. April findet um 19:30 Uhr im Bahnhof Langendreer eine Lesung mit Kettly Mars aus Haiti statt: Wilde Zeiten. In der Ankündigung heißt es: »„Ich bin die Frau von Daniel Leroy und die Mätresse eines macoute-Staatssekretärs. Hätte man mir vor kurzer Zeit gesagt, dass eine mir bekannte Frau in meiner Lage einen Kompromiss wie ich eingegangen wäre, ich hätte sie sicherlich feige, käuflich und noch schlimmer genannt. Ich bin ja wirklich feige, hätte mich wehren, mich verweigern können (…). Dann wäre ich aber allein, vollkommen allein gewesen. Ich hätte verschwinden, gefoltert und vergewaltigt werden können. (…) Die Angst schläft jetzt mit in meinem Bett. Indem ich mich dem Staatssekretär unterwerfe, erhalte ich Daniel am Leben.“
Kettly Mars erzählt auf mitunter verstörende Weise wie die junge Nirvah und ihre Kinder im Haiti der Duvalier-Diktatur der 60iger Jahre gewaltsam von einem mächtigen Staatsmann in Besitz genommen werden. Für Nirvah ist er die einzige Verbindung zu ihrem Mann, der als widerständiger Journalist in ein berüchtigtes Foltergefängnis geworfen wurde. Von der bürgerlichen Existenz in die Mittellosigkeit geworfen gerät sie zunehmend in materielle Abhängigkeit von ihm. Ihr Umfeld begegnet ihr bald mit Misstrauen. Der Roman seziert beklemmend und nicht ohne Widersprüche genauestens die Mechanismen der Diktatur.
Kettly Mars (*1958 Port-au-Prince) ist eine der wichtigsten Stimmen der haitianischen Gegenwartsliteratur. 2006 wurde sie mit dem Prix Senghor ausgezeichnet. „Wilde Zeiten“ ist der zweite Roman, der im litradukt-Verlag erschienen ist, außerdem in deutscher Übersetzung veröffentlicht wurde 2010 „Fado“. In Deutschland bekannt wurde die Autorin auch durch ihren Augenzeugenbericht „Ich habe überlebt“ über das katastrophale Erdbeben in Haiti, der 2010 in der ZEIT veröffentlicht wurde.«
Moderation: Peter Trier (Verlag litradukt)