Montag 12.12.11, 07:00 Uhr

80. Geburtstag von Klaus Kunold †


Heute wäre Klaus Kunold 80 Jahre alt geworden. Es sollte nicht sein. Am Samstag nahmen  Verwandte, WeggefährtInnen und FreundInnen Abschied von ihm. Es waren mehr als 300 Menschen gekommen, die großen Respekt vor seiner Lebensleistung haben. Unter den Trauergästen war neben viel anderer politischer Prominenz auch die Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz. In einer eindrucksvollen Ansprache erinnerte Reinhard Junge vor allem an etliche persönliche, menschliche Begegnungen mit Klaus Kunold,  die für viele unvergesslich bleiben werden. An zwei Stellen blickte Reinhard Junge auf das politische Leben von Klaus Kunold zurück: »Klaus wurde 1931 in einer kommunistischen Bochumer Arbeiterfamilie geboren. Sein Vater wurde von den Nazis verhaftet und ins KZ Esterwegen ins Emsland verschleppt. Klaus selbst hat mit sieben Jahren fassungslos vor der brennenden Bochumer Synagoge gestanden. Er hat gesehen, wie die Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter zur Arbeit getrieben wurden – einige Hundert von ihnen sind auf diesem Friedhof begraben. Er hat aber auch miterlebt, wie sich nach der Befreiung Bochums durch die Amerikaner die überlebenden Antifaschisten voller Optimismus daran machten, die zerstörte Stadt wieder aufzubauen, den Menschen Arbeit und Hoffnung zu geben. Und während Vater Karl Kunold einer der ersten KPD-Ratsherren in Bochum wurde, trat Sohn Klaus der Freien Deutschen Jugend und der Kommunistischen Partei Deutschlands bei – seine Konsequenz aus dem, was er als Kind und Jugendlicher miterleben musste.
Doch auch im Staate Konrads Adenauers waren Kommunisten unerwünscht. Die FDJ wurde verboten, der Demokratische Frauenbund Deutschlands ebenfalls, die KPD. Dieselben Richter, die schon unter den Nazis Antifaschisten, Juden, Zigeuner und Homosexuelle in Gefängnisse und KZ’s geschickt hatten, steckten erneut Kommunisten hinter Gitter. Beweise waren meist nicht gefragt, oft reichte schon „das Haben einer Überzeugung“ oder die Tatsache, dass man vor dem Verbot Mitglied der FDJ oder KPD war, um wegen Staatsgefährdung oder Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt zu werden.
Diese Form der Hexenjagd beendete erst Gustav Heinemann, als er in den späten 1960er Jahren als Bundesjustizminister eine gründliche Strafrechtsreform einleitete. Für Klaus Kunold – wie für viele andere – kam das zu spät. Er war bereits 1951 wegen seiner Mitgliedschaft in der FDJ und 1962 wegen „Staatsgefährdung“ verurteilt worden und musste insgesamt zehn Monate absitzen.«
Später ging Reinhard Junge dann auf das letzte Vierteljahrhundert ein: »Dieses Richtige war in den letzten 26 Jahren vor allem seine Tätigkeit als Vorsitzender der VVN/BdA in Bochum. Er trieb insbesondere zwei Dinge voran: Die Gewinnung junger Menschen für die Aktionen gegen die NPD und andere neonazistische Kräfte – und die Erforschung von Verfolgung und Widerstand in Bochum. Die erste Aufgabe war nötig, weil die Zahl der noch lebenden Verfolgten, die als Zeitzeugen noch Auskunft geben konnten, immer kleiner wurde. Klaus organisierte die ersten antifaschistischen Stadtrundgänge und hat sie bis zuletzt oft selbst durchgeführt. Ich habe es erlebt, wie beeindruckt meine Schüler/innen waren, wenn er ihnen die Bedeutung von Orten erklärte, an denen sie sonst achtlos vorüber gegangen wären. Und auch die Hinweistafel am Eingang dieses Friedhofs, die das Auffinden der Gräber der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter ermöglicht, ging auf eine Aktion der VVN/BdA zurück, die Klaus mit entwickelt hatte.
Die zweite Aufgabe war die Dokumentation jenes Teils der Bochumer Geschichte, um die sich die politisch Verantwortlichen in Rathaus und Stadtarchiv lange Jahre herumgedrückt hatten: Broschüren über den Kapp-Putsch von 1920, über die Verfolgung und Ermordung Bochumer Juden und Zigeuner, über die rund 100 Zwangsarbeiterlager wurden auf Klaus Kunolds Anregung und zum Teil unter seiner Mitarbeit erstellt. Er setzte sich dafür ein, dass vertriebenen Bochumer Juden nach vielen Jahren ein Besuch in ihrer Heimatstadt ermöglicht wurde, und er hat von Anfang an den Bau einer neuen Synagoge unterstützt. Erst die jetzige Oberbürgermeisterin hat diese Leistung gewürdigt, der VVN/BdA dafür gedankt und Klaus vor drei Jahren die Ehrenplakette der Stadt Bochum überreicht.«