Mittwoch 26.10.11, 21:41 Uhr
Film und Diskussion zu Kontinuitäten und Brüchen sozialer Ausgrenzung

arbeitsscheu-abnormal-asozial 2


Am kommenden Sonntag, den 30.10 um 19.30 Uhr werden die Buchautorin Anne Allex und die Filmemacherin Andrea Behrendt im Bahnhof Langendreer über Kontinuitäten und Brüche sozialer Ausgrenzung diskutieren. Die Veranstaltung befasst sich mit der weitgehend „vergessenen“ Gruppe der so genannten Asozialen. Als Opfer des deutschen Faschismus wurden sie zu keiner Zeit anerkannt, sondern weiter verfolgt und diskriminiert. Gezeigt wird der Film „arbeitsscheu-abnormal-asozial“, der die Geschichte des damals größten Arbeitshauses in Berlin und die der so genannten Asozialen thematisiert. Anne Allex vom Arbeitskreis Marginalisierte – gestern und heute! veröffentlichte u.a. 2009 das Buch „ausgesteuert – ausgegrenzt … angeblich asozial“. Andrea Behrendt ist Filmemacherin bei Globale Medienwerkstatt e. V.


2 Gedanken zu “arbeitsscheu-abnormal-asozial

  • Norbert Hermann

    Bis zum Ende der 1960er Jahre gab es in Deutschland noch „Arbeitshäuser“. Auch die berüchtigte „Fürsorgeerziehung“ Jugendlicher diente u.a. dem Zweck der Arbeitserziehung.

    In Bochum tauchten Ende der sechziger Jahre ausgerissene Fürsorgezöglinge („Trebegänger“) auf dem Campus auf (damals noch Baustelle; ASTA , Studierendengemeinden ESG und KSG usw. waren in Baracken gegenüber der heutigen FH untergebracht). Die nahmen wir mit in unsere WGs, was aber immer Chaos brachte. Anfang der siebziger Jahre wurde aus dem Umfeld der ESG der „Verein für Soziale Jugendarbeit“ gegründet. In einem zum Abbruch anstehenden Gebäude an der (alten) Wittener Str. gegenüber OPEL Tor 4 „betreute“ in den Folgejahren eine Studi-WG eine Treber-WG, anfangs auch mit hohen „Resozialisierungserfolgen“.

    http://heimkinder-forum.de/v2/board3-heim-talk/board7-offener-talk-heime/8372-h%C3%A4ttet-ihr-das-gewu%C3%9Ft/?l=4#axzz1bW8ECbBd

    In der DDR begann nach dem Mauerbau ein repressiver Kurs gegen so genannte „Asoziale“, wohl unter grosser Zustimmung der Bevölkerung (Anne Seek).

    http://www.freiheitpur.i-networx.de/untersch.html

    Mit dem neuen Hartz IV-Instrument der „Bürgerarbeit“ (900 Euro brutto mtl. bei einer 30-Std.-Woche) soll wohl v.a. Disziplinierung und Kontrolle erreicht werden. Österreich macht es nach, Ungarn nennt es offen Zwangsarbeit. Nach einem Modell aus den Niederlanden werden Langzeitarbeitslose als „sozial Behinderte“ definiert und entsprechend behandelt.

    http://www.bag-plesa.de/ord/_themen/workfare/aktuell-workfare.html

  • Norbert Hermann

    Neu erschienen: „ausgesteuert – ausgegrenzt … angeblich asozial“

    [von Anne Allex, Dietrich Kalkan (Hg.)]

    Im Buch werden Kontinuitäten und Brüche dieser Entwicklung bis hin zu aktuellen Erscheinungen unter den Fragestellungen „Wer ist nützlich?“ und „Wer ist minderwertig?“ diskutiert. Kulminationspunkt der Beiträge ist die Auseinandersetzung mit dem Wesen des Stigmas „Asozial“, das im Prinzip auf diskriminierenden Zuschreibungen fußt.

    Im jeweils spezifisch historischen Spannungsfeld der Sozialpolitiken und des (sozialadministrativen) Arbeitszwangs, den dazu benutzten Argumentationen und dem spezifischen Verwaltungshandeln werden unter anderem die geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen und Mädchen, die Unterdrückung von Heimkindern, die Repression gegen Strafgefangene und die Verfolgung von Bettlern, „Widerständigen“ und „Gemeinschaftsfremden“ thematisiert.

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    Inhaltsverzeichnis
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    Dirk Stegemann: Wider einer Gesellschaft der sozialen Ausgrenzung! /

    Rolf Schwendter Vorwort (bekannt durch die „AG SPAK“)

    NS- Verfolgte so genannte Asoziale

    Wolfgang Ayaß: Bettler und soziale Außenseiter im Nationalsozialismus /

    Frank-Uwe Betz: NS-Verfolgung widerständiger „kleiner Leute“ und „Gemeinschaftsfremder“ /

    Christa Schikorra: „Herumtreiberei“ und „liederlicher Lebenswandel“ /

    Hans-Peter Klausch: „Vernichtung durch Arbeit“ – Strafgefangene der Emslandlager im KZ Neuengamme

    Andrea Behrendt u.a.: Das Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen Uckermark /

    Elvira Manthey: „Ihr kommt alle weg“ /

    Hans Coppi: Aktion „Arbeitsscheu“

    NS-Ideologien und Institutionen

    Wolfgang Ratzel: Rolle der Verwaltung bei der Vernichtung „asozialen“ Lebens /

    Dieter Glietsch: Ausgrenzung und Verfolgung und die Verstrickung der Polizei /

    Dieter Maier: Die Aktion „Arbeitsscheu Reich“ als Arbeitseinsatzpolitik /

    Dietrich Kalkan: „Schwachsinn jeder Ursache“ /

    Robert Sommer : „Asoziale“ Frauen in Lagerbordellen /

    Günter Saathoff, Ulla Jelpke, Elvira Manthey, Christa Schikorra, Karl Stenzel:

    Zur Rehabilitierung und Entschädigung von „Asozialen“

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    Retro – Per – Spektive
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    Sven Korzilius: Arbeitsethik, Sozialdisziplinierung und Strafrecht in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR – Kontinuität oder Diskontinuität? /

    Ralf Axel Simon : Ich wollte Sand im Getriebe der Macht sein /

    Anne Allex / Dido: Portrait: Karlheinz Weigand (1955-2003) /

    Dirk Stegemann : „Ravensbrücker Ballade“ von Hedda Zinner – Positionen zu einer Auseinandersetzung /

    Harald Rein : Wer Vollbeschäftigung ruft, wird Arbeitsdienst ernten! /

    Lothar Eberhardt: Portrait: Bruno Schleinstein

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    Rück-Blick vor 1933
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    Claudia v. Gélieu: Arbeitshaus, Bettelvoigt und Tretmühle /

    Klaus Trappmann: Weh, dass es die gibt, die darben… – zur Geschichte des Berliner Asylvereins /

    Thomas Irme : Vom Ochsenkopf nach Rummelsburg

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    Blickwinkel – Wechsel ab 2008
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    Anne Allex: Kein Mensch ist asozial /

    André Schmitz : Grabe wo Du stehst /

    Volker Eick: Hartz IV kommt jetzt in „Uniform“: Randgruppen-Management in der neoliberalen Stadt

    Lothar Eberhardt: Enthistorisierung öffentlicher Gebäude – Entsorgung des Erinnerns an die NS-Zeit?

    Katrin Framke: Arbeitshaus Rummelsburg /

    Anne Allex: „Sozialer Krieg“ /

    Gedicht „Die Gedanken sind frei…

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    Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute!“

    http://marginalisierte.de/

    Aufruf zur Schaffung eines Ortes zum Erinnern und Nachdenken „Kein Mensch ist asozial“

    Autorinnen und Autoren / Bildnachweis

    Zum Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute“

    Seit 2007 beschäftigt sich der Arbeitskreis „Marginalisierte – gestern und heute“ mit den Ursachen, Erscheinungsformen und Auswirkungen der Ausgrenzung und Verfolgung von Menschen, die vom gesellschaftlichen Reichtum an Waren und Gütern, Kultur sowie sozialen Beziehungen ausgeschlossen sind bzw. werden und/oder nicht den herrschenden Normen und Gesetzen entsprechen.

    Wir sind Expert_innen der Sozialpolitik, der Erinnerungs- und Gedenkpolitik sowie der Rehabilitationswissenschaften und sehen unser Engagement als Bestandteil einer breiten politischen Arbeit für die Teilhabe aller am Gesellschaftlichen Reichtum. In der Tradition antifaschistischer Politik setzten wir die Grenzen bewusst an anderer Stelle und wenden uns gegen tragende Kategorien und Konstrukte wie Geschlecht, Nation und soziale Herkunft. Dem Antisemitismus, der Fremdenfeindlichkeit, dem Sexismus und dem Ableism (1) der Mehrheitsgesellschaft trotzen wir in Anlehnung an Karl Marx mit einem:

    „jede_r soll nach seinen_ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen leben können“.

    In unseren Aktivitäten werden wir unterstützt von Erwerbsloseninitiativen und antifaschistischen Gruppen sowie verschiedenen Stiftungen und interessierten Einzelpersonen. Mittelpunkt unserer Arbeit bildet dabei die Aufarbeitung der Verfolgung sogenannter Asozialer in der Nazidiktatur und ihrer Verschleppung und Ermordung in Konzentrationslagern…. (Auszüge aus dem Vorwort)

    ISBN 978-3-930-830-56-5 / 1. Auflage 2009 / 351 Seiten

    Preise inkl. MwSt., zzgl. Versand: 28,00 EUR

    (1) http://arranca.org/43/was-heisst-ableism

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