Dienstag 14.06.11, 19:33 Uhr

Stärkung der Linken in der Türkei


„Die Linke in der Türkei hat ihre Chance wahrgenommen und bei den Parlamentswahlen einen großen Erfolg errungen: Der wahre Sieger der Wahl ist das Wahlbündnis ‚Block für Arbeit, Demokratie und Freiheit‘ aus linken Parteien und der Kurdenpartei BDP mit 36 direkt gewählten Abgeordneten, deren Kandidaten zur Umgehung der undemokratischen Zehnprozenthürde direkt kandidiert haben“, kommentiert Sevim Dagdelen, Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag für internationale Beziehungen, die Wahlergebnisse in der Türkei. Die stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe des Bundestages weiter: „Ein von der EU geforderte echte Demokratisierung muss vor allem mit der Verbesserung der Gewerkschafts-, Arbeitnehmer- und Minderheitenrechte einhergehen. Die Türkei erfüllt hier nach wie vor nicht die für eine Aufnahme in die EU nötigen Kriterien. Nach den sogenannten Kopenhagener Kriterien müssen ‚die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und der Schutz von Minderheiten‘ als eine zentrale Voraussetzung bereits vor der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen erfüllt sein. Dass diese Voraussetzung zu Beginn der Beitrittsverhandlungen nicht gegeben war, ist bis heute eine schwere Hypothek für die Beziehungen und Verhandlungen. Der immer noch anhaltende allgemeine Rechtskonservatismus in der Türkei ist auch eine Konsequenz des europäischen Irrglaubens, dass sich durch intensive Liberalisierung im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen demokratische Strukturen in der türkischen Gesellschaft festigen ließen. Die Folgen der sozialen Verwerfungen, die mit der Öffnung der Märkte einhergehen, führen vielmehr zu einer Verfestigung traditioneller Wertvorstellungen.
Die offiziell als Wahlsiegerin hervorgegangene AKP hat ihr Wahlziel einer Zweidrittelmehrheit im Parlament nicht erreicht. Erschreckend sind die zahlreichen Berichte über Repressionen und Einschüchterung in den Wahllokalen durch Polizei und Militär, denen die EU nachgehen muss. Auch die Vorfälle in der osttürkischen Grenzstadt Sirnak, bei welchen der Bundestagsabgeordnete Harald Weinberg während einer Wahlfeier nur knapp einem Anschlag entgangen ist, müssen aufgeklärt werden.“