Donnerstag 10.03.11, 12:06 Uhr

Bericht von der Ratssitzung


Gestern hat der Rat der Stadt Bochum getagt. Die Linksfraktion hat einen sehr umfangreichen Bericht darüber veröffentlicht. Dabei werden folgende Punkte angesprochen: Resolution zur Aufnahme von Flüchtlingen, Resolution zu Kommunalfinanzen, Verkaufsoffene Sonntage, Musikzentrum, Grundschulplanung, Sozialtarife statt VfL-Sponsoring. Der Bericht der Linksfraktion:
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Resolution zur Aufnahme von Flüchtlingen
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»Im September hatte unsere Fraktion im Ausschuss für Migration und Integration beantragt, die Kampagne Save-me: Ja zur Aufnahme von Flüchtlingen zu unterstützen. Damit waren wir erfolgreich. Nun hat auch der Rat als höchstes Beschlussgremium sich mit einer gemeinsamen Resolution angeschlossen. Allerdings hat die CDU im Rat eine unsägliche Debatte losgetreten, obwohl sie im Ausschuss dafür gestimmt hatte. Selbst ihr potenzieller Koalitionspartner FDP ging auf Distanz. Angesichts der Kritik aller anderen Fraktionen an ihren Einlassungen, beklagte sich ein CDU-Vertreter, dass die CDU sich nicht in die rechte Ecke stellen lasse. Richtig: Da hat sich die CDU in der Debatte nämlich selbst hingestellt und folgerichtig Beifall von der NPD geerntet. Nach ausführlicher Diskussion stimmten nur CDU und NPD gegen die Resolution.
Die Linksfraktion betont noch einmal: Gerade angesichts der aktuellen Situation in Nordafrika / Arabien sind aus unserer Sicht insbesondere die reichen Länder verpflichtet, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. In der Resolution heißt es u.a.: „Der Rat der Stadt Bochum fordert die Bundesregierung auf, ein kontinuierliches Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen (Resettlement) einzurichten, und erklärt seine Bereitschaft, im Rahmen eines Resettlementprogramms der Bundesregierung ein Kontingent von Flüchtlingen dauerhaft aufzunehmen und bestmöglich zu integrieren.“

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Resolution zu Kommunalfinanzen
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Eine weitere Resolution zur katastrophalen Finanzlage der Kommunen wurde von SPD, Grünen, Linksfraktion, UWG und Sozialer Liste eingebracht. Es handelt sich dabei um eine Stellungnahme des Deutschen Städtetages, in der noch einmal auf die Wichtigkeit des Erhalts der Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Kommunen und die Einhaltung des Konnexitätsprinzips hingewiesen wird. Konnexitätsprinzip heißt, dass wer eine Leistung beschließt, auch für die Kosten aufkommen muss. Wenn zum Beispiel die Bundesregierung mehr Kindergartenplätze einführen will, müsste sie auch die Kosten tragen. Dieses Prinzip wird allerdings weder vom Bund noch vom Land eingehalten. Die Folge: Die Kommunen bluten finanziell aus.

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Verkaufsoffene Sonntage
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An dreizehn Sonntagen sollen Geschäfte in verschiedenen Stadtteilen von Bochum 2011 auch sonntags öffnen dürfen. Die Linksfraktion teilt die Kritik der Bochumer Kirchen und Gewerkschaften an den verkaufsoffenen Sonntagen. Wir meinen, dass die Menschen in der Innenstadt und den Stadtteilzentren das Recht auf einen ruhigen Sonntag haben. Und für die Angestellten im Einzelhandel, die sowieso familienfeindliche Arbeitszeiten haben, ist eine Ausweitung ihrer Arbeitszeit unseres Erachtens nicht zumutbar. DIE LINKE steht verkaufsoffenen Sonntagen generell skeptisch gegenüber. Doch wenn schon Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntage erteilt werden, dann doch wenigstens auf rechtlich gesicherter Basis. Der Pflicht ein besonderes öffentliches Interesse im Einzelnen nachzuweisen, kam die Stadt Bochum allerdings nicht nach. Die Rechtsdezernentin erklärte bereits in der letzten Ratssitzung, möglichen KlägerInnen kein unnötiges Material an die Hand geben zu wollen! Schließlich folgte die Mehrheit des Rates den Wünschen des Einzelhandels und stimmte für die vorgeschlagenen Sonntagsöffnungszeiten. Immerhin stimmten doch 42 % der Ratsmitglieder gegen die Sonntagsöffnungszeiten.
Es ist an der Zeit, dass die Ausweitung der Laden- und Sonntagsöffnungszeiten ihre Grenzen findet und die unter der schwarz-gelben Landesregierung vorgenommenen Liberalisierungen zurück genommen werden. Dafür setzt sich die Linksfraktion Bochum und dafür setzt sich auch unsere Landtagsfraktion ein.

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Musikzentrum
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DIE LINKE im Rat steht einem Musikzentrum an der Viktoriastraße offen gegenüber. Die fast uneingeschränkte Begeisterung können wir jedoch nicht nachvollziehen. Weder gibt es ein konkretes Konzept, noch ist die Finanzierung gesichert. Von uns immer wieder gestellte Fragen in der Bezirksvertretung und in den Ausschüssen wurden erst 2 Stunden vor der Ratssitzung – und dabei auch nur zum Teil und auch nicht wirklich nachvollziehbar – beantwortet. Das Musikzentrum wird der Stadt Bochum scheinbar fast geschenkt, denn der Eigenanteil soll nur bei 2,4 Millionen Euro liegen. Hinzukommen 2 Millionen Euro von den Stadtwerken und der Sparkasse und das städtische Grundstück im Wert von 2,2 Millionen Euro. Uns bereiten allerdings vor allem die Folgekosten große Sorgen.
So wird mit Betriebskosten von 600.000 € kalkuliert, obwohl noch kein Raumprogramm vorliegt. Was passiert, wenn sich in der Realität herausstellt, dass die Betriebskosten weit über 600.000 Euro liegen? Wird dann das Musikzentrum geschlossen oder wird dann die Stadt finanziell einspringen? Wir glauben letzteres.
Die Landesmittel sind noch nicht beantragt und dementsprechend noch nicht bewilligt. Unklar ist weiterhin auch, wie die Verhandlungen zur Übernahme der Jahrhunderthalle stehen, ob die Stadt schon einige Jahre eher die laufenden Kosten übernehmen soll. Auch der von SPD und Grünen eingebracht Änderungsantrag brachte dazu keine wirkliche Sicherheit. Er ist aus unserer Sicht nur eine Beruhigungspille für die grüne Basis, die dem Projekt kritisch gegenüber steht. Bei dem derzeitigen Kenntnisstand sah sich die Linksfraktion deshalb gezwungen, gegen die Vorlage zum Musikzentrum zu stimmen.

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Grundschulplanung
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Die Linksfraktion hat im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft dem Änderungsantrag zu den schulorganisatorischen Maßnahmen ebenso wie den Planungsmaximen der Grundschulplanung zugestimmt. Viele Grundschulen, die aus Sicht der Verwaltung hätten geschlossen werden sollen, bleiben nun entweder selbstständig erhalten oder werden ein Teilstandort einer anderen Grundschule, so dass die Kinder weiterhin ihre Schule besuchen können.
Nicht zustimmungsfähig war für uns lediglich ein Punkt in Bezug auf den Stadtbezirk Süd: Die Formulierung „Der Schulentwicklungsplan wird abgelehnt“ schien uns auf einem Missverständnis in der Bezirksvertretung zu beruhen.
Zwar hat der Stadtbezirk Süd den allgemeinen Teil des Grundschulplans abgelehnt, dies jedoch aus dem einzigen Grund, weil dort ein Schulverbund der Borgholzschule mit der Brenscheder-Schule vorgeschlagen wird. Daraus sollte der Rat, wenn er auch für den Stadtbezirk Süd dem Votum der Bezirksvertretung folgen wollte, nicht den Schluss einer fundamentalen Ablehnung der Planungsmaximen ziehen und in diesem Punkt einen möglicherweise angreifbaren Beschluss fassen. Wir haben beantragt, die Formulierung dahingehend zu ändern, dass sie wie folgt gelautet hätte: „Die Grundschule Borgholzschule wird als organisatorisch selbständige Grundschule weitergeführt.“ Kurz vor Sitzungsbeginn bekamen wir für diesen Antrag Unterstützung durch einen fast gleichlautenden Beschluss der Bezirksvertretung Süd, die ihren ursprünglichen Beschluss korrigiert hatte. Dementsprechend fiel das Votum im Rat aus, nur die FDP stimmte dagegen.

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Sozialtarife statt VfL-Sponsoring
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Der Sponsoringvertrag zwischen den Stadtwerken Bochum und dem VfL Bochum soll um weitere fünf Jahre verlängert werden. Pro Jahr soll der VfL 1,5 Millionen Euro von den Stadtwerken erhalten. Unser Mitglied im Stadtwerkeaufsichtsrat, Uwe Vorberg, hat davon erst durch Pressevertreter erfahren.
Erneut wird für ein Großprojekt eine erkleckliche Summe Geldes zur Verfügung gestellt, doch wenn DIE LINKE allein die Prüfung einer Einführung von Sozialtarifen für Strom für finanziell schlecht gestellte Haushalte fordert, wurde das mehrfach weggebügelt, weil kein Geld da sei. Es zeigt sich erneut: Das Geld ist da, aber es wird lieber in den VfL als in Sozialtarife gesteckt.
Aus diesem Anlass hat die Linksfraktion eine Anfrage gestellt, was im Vergleich ein Sozialtarif bei den Stadtwerken kosten würde und mit wie viel Geld Amateurvereine von den Stadtwerken unterstützt werden. Die Antwort müssten wir spätestens zur Ratssitzung am 19. Mai erhalten. Inzwischen wird Uwe Vorberg im Aufsichtsrat gegen diesen Sponsoringvertrag stimmen.«

Save-me Resolution „Bochum sagt Ja zur Aufnahme von Flüchtlingen!“ als PDF
Resolution zu Kommunalfinanzen als PDF
Änderungsantrag zur Grundschulplanung als PDF
Anfrage zum VfL-Sponsoring als PDF