Mittwoch 29.12.10, 14:42 Uhr

Neue Einblicke der Linksfraktion 1


Die Linke im Rat hat eine neue Ausgabe ihrer Zeitung „Einblicke“ herausgebracht. Im Leitartikel kommentiert Uwe Vorberg den Einstieg der Stadtwerke beim Energiekonzern STEAG. Weitere Themen sind u.a. der Bochumer Haushalt, die Uni-Erweiterung West und der geplante Stellenabbau bei der Stadt Bochum. Amtsrichter und Ratsmitglied Dr. Ralf Feldmann beschreibt außerdem, wie die Bochumer Justiz nach rechts die Augen zudrückt. Schließlich lädt die Linksfraktion zu ihrem Neujahrsempfang am 21. Januar um 17.00 Uhr ins Ottilie-Schoenewald-Weiterbildungskolleg ein. Die „Einblicke“ gibt es gedruckt im Fraktionsbüro der Linken (Willy-Brandt-Platz 1-3) und als PDF-Datei im Internet.


Ein Gedanke zu “Neue Einblicke der Linksfraktion

  • Dr. Ulrich Schröder

    Liebe Bo-alternativ-Redaktion,

    es ist unfassbar, in den aktuellen „Einblicken“ der Linksfraktion Bochum (Nr. 30, Jan./Feb. 2011) die Behauptung des Fraktionssprechers Uwe Vorberg zur Evonik-Steag-Übernahme zu lesen, „DIE LINKE hat sich nach langen Diskussionen dazu entschlossen, diesem Geschäft zuzustimmen“. Die Wahrheit ist: Jegliche Diskussion mit der Parteibasis hat auf keiner der beiden Kreismitgliederversammlungen (KMVen), die terminlich der Entscheidung über den Übernahme-Deal im Stadtrat vorgelagert waren, stattgefunden. Eine Diskussion mit der Parteibasis auf einer KMV wurde vielmehr erst nachlaufend geführt. Dies ist mit einem basisdemokratischen Politikverständnis gänzlich unvereinbar und hat meinen nachstehend begründeten unverzüglichen Parteiaustritt zur Folge.

    Date: 2010/12/30
    Subject: AUSTRITT
    To: Info@dielinke-bochum.de

    Genossinnen und Genossen,

    hiermit gebe ich meinen Austritt aus der Kaderpartei „Die Linke“ zum 31.12.2010 bekannt. […]

    Anlass für meine Entscheidung ist die Aushebelung grundlegender Mechanismen zur demokratischen Entscheidungsfindung in einer so zentralen politischen Frage wie der regionalen Energiepolitik. So zeugt die im Kreisverband Bochum auf keiner einzigen Kreismitgliederversammlung im Vorfeld der Beschlussfassung im Stadtrat diskutierte Übernahme des Evonik-Steag-Konzerns von einem unentschuldbaren Mangel an innerparteilicher Demokratie. Es kann nicht sein, dass der Ankauf von einem Unternehmensanteil von 51 Prozent an einem maroden Energieunternehmen mit einem völlig veralteten Kraftwerkspark samt Atomstromsparte sowie höchst fragwürdigen Auslandsgeschäften unter Arbeitsbedingungen, die mit hiesigen Standards gänzlich unvereinbar wären, von einer Handvoll Ratsmandatsträger_innen an der Mitgliedschaft vorbei durchgestimmt wird.

    Es ist mit jeglichem emanzipatorischem Anspruch einer sich als linker politischer Alternative verstehenden Partei völlig unvereinbar, wenn eine solche Entscheidung auf der Ebene der Mandatsträger_innen getroffen wird und nicht das Gespräch mit der Basis gesucht wird, sondern vielmehr mit einigen Abgeordneten der Landtagsfraktion, um dann direkt an die Öffentlichkeit heranzutreten statt an eine Kreismitgliederversammlung. Dies ist insbesondere ein Schlag ins Gesicht jener Genoss_innen, deren Politikverständnis basisdemokratisch geprägt ist. So führten beispielsweise Bündnis 90 / Die Grünen 1998 über das ökologisch unverantwortbare Braunkohletagebau-Projekt „Garzweiler II“ eine breite Debatte in jedem einzelnen NRW-Kreisverband – wenn auch mit dem knappen bedauerlichen Resultat
    einer Entscheidung für einen Ausbau des Braunkohletagebaus und damit für eine Weiterführung der damaligen rot-grünen Koalition. Zudem scheinen die meisten an der Entscheidungsfindung in Sachen Evonik-Steag-Übernahme beteiligten linken Landes- und Kommunalpolitiker_innen weder die relevanten Passagen der Landesverfassung NRW, noch die eigenen programmatischen Grundlagen zu kennen oder diese bewusst zu ignorieren: „Großbetriebe der
    Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden“, heißt es in Artikel 27 (1) der NRW-Verfassung, auf die sich die Linke wiederholt in ihrem Landtagswahlprogramm bezogen hat. Somit ist es nicht hinnehmbar, dass ein solcher Konzern wie Evonik-Steag für einen horrenden Betrag von 649 Millionen Euro aufgekauft wird – angeblich, um bedeutende Teile des Unternehmens wie die ökologisch unverträglichsten Kraftwerke sowie die (relativ lukrative) Atomsparte abzuwickeln. Wer für einen solchen Konzern mehr als einen Euro
    bezahlt, hat weder den Kapitalismus durchschaut noch die ideologischen Grundlagen einer Partei wie „Die Linke“ auch nur annähernd begriffen.

    In einer Partei, in der sich die politische Ignoranz der eigenen Ideale in derart rasanter Weise durchsetzt, wie die Evonik-Steag-Übernahme zeigt, ist für Menschen, die den Glauben an die
    eigenen ideologischen Grundwerte noch nicht verloren haben, kein Platz mehr. Daher kehre ich der Kaderpartei „Die Linke“, die sich von
    Grundsätzen innerparteilicher Demokratie sowie ihren eigenen ideologischen Grundlagen innerhalb kürzester Zeit in erschreckendem Umfang verabschiedet hat, hiermit unwiderruflich den Rücken.

    Dr. Ulrich Schröder

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