Freitag 10.09.10, 15:00 Uhr
Offener Brief der Linken Liste an die Soziale Liste Bochum

„von jedem linken Grundkonsens entfernt“ 7


Liebe Mitglieder und AktivistInnen der Soziale Liste,
da wir zufällig auf den Auftritt der Band „Die Bandbreite“ im Rahmen eures Kulturfests am kommenden Samstag, den 11.09. aufmerksam geworden sind, möchten wir euch in diesem offenen Brief eindringlich bitten, diesem Hiphop-Duo keinen Raum für ihre verschwörungstheoretische Ideologie zu bieten. Die Band hat sich in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht von jedem linken Grundkonsens entfernt und bringt ihre extrem problematischen Ansichten in ihren Songtexten zum Ausdruck: Frauen wird in den Texten nur eine einzige Rolle zugestanden – als fleischgewordene Objekte des Verlangens heterosexueller Männer. Der Song „Eingelocht“(1) ist eine kaum verhüllte Vergewaltigungsphantasie, in der sich die zwei Sänger über eine Frau hermachen, die das so nicht will, aber für ihren Ungehorsam brutal „bestraft“ wird.(2) In einem anderen Song wird Schwulsein als defizitär dargestellt.(3)
Eine kleine Kostprobe aus „Eingelocht“: „Ne, ne, es tut dir weh, doch wir warten nich / wo ich doch so selten ma n harten krich / du bis nich artig und jetzt kommt deine Strafe / du kanns nicht erwarten, datt ich zärtlich mit dir schlafe.“
Besonders problematisch ist eine Einladung der „Bandbreite“ jedoch am 11. September: In ihrem Song „Selbst gemacht“(4), der nach eigener Aussage im Mittelpunkt des Schaffens der Band steht, wird versucht vermeintliche Widersprüche des Untersuchungsberichtes über die Anschläge von 9/11 aneinanderzureihen. Aus diesen wird der Schluss gezogen, dass die terroristischen Angriffe von der US-Regierung inszeniert wurden, um als Vorwand für einen imperialistischen Krieg herzuhalten. Nach dem gleichen Schema verbreitet das Duo wirre Verschwörungsmutmaßungen über den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg: Der japanische Angriff auf Pearl Harbor 1941 sei von den Vereinigten Staaten selbstständig in Szene gesetzt worden, um einen Vorwand für den Einstieg in die militärischen Auseinandersetzungen zu schaffen.
Angesichts dieses Weltbilds verwundert es nicht, dass „Die Bandbreite“ immer öfter auf Nazi-Websites vorgestellt und wohlwollend kommentiert wird. Die Band kokettiert zwar immer wieder mit antifaschistischer Symbolik und entsprechenden Statements – wie wenig authentisch dies jedoch ist, zeigt sich u.a. daran, dass sie 2007 der Rechtsaußen-Zeitschrift Junge Freiheit, die auch die gesamte erste Strophe von „Selbst gemacht“ in einem Artikel zitierte(5), ein Interview(6) gegeben hat. Nach der Veröffentlichung des Videos zu „Selbst gemacht“ freuten sich die Betreiber zahlreicher neonazistischer Internet-Seiten über die Propaganda und trugen sie bereitwillig herum.(7)
Aufgrund der sexistischen und verschwörungstheoretischen Songtexte und der Anschlussfähigkeit der „Bandbreite“ nach Rechtsaußen finden wir es unmöglich, dass eine sich selbst als „links“ verstehende Gruppe wie die Soziale Liste einer solchen Band eine Plattform bietet. Dass ausgerechnet am Jahrestag von 9/11 ein Auftritt mit einer Band stattfinden soll, die diese Ereignisse als „selbst gemacht“ betrachtet, stößt besonders bitter auf. Das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen wird verhöhnt und als Kollateralschaden im Zuge der amerikanischen Weltverschwörung dargestellt.
Wir möchten die Soziale Liste mit Hinblick auf die in diesem Brief vorgebrachten Argumente darum bitten, den Auftritt der „Bandbreite“ am kommenden Samstag abzusagen.

Mit solidarischen Grüßen,
Die Linke Liste an der Ruhr-Universität Bochum

1 http://www.musicload.de/search.ml?s…

2 http://vollebandbreite.blogsport.de/

3 http://diebandbreite.de/index.html?…

4 http://www.youtube.com/watch?v=fJXf…

5 http://www.diebandbreite.de/presse/…

6 http://www.esowatch.com/ge/index.ph…

7 http://www.derwesten.de/staedte/dui…


7 Gedanken zu “„von jedem linken Grundkonsens entfernt“

  • Theo W.

    Antideutsches Denk- und Sexverbot

    Das bösartige Dissen der linken und antifaschistischen Band „Die Bandbreite“ scheint ein nationales Hobby der so genannten „Antideutschen“ zu werden., hier in Gestalt eines lautstarken und moralinsauren Teils der „Linken Liste“ an der RUB (hat eigentlich eine VV der LiLi diesen offenen Brief authorisiert?). Und wenn es dann noch die ihnen verhasste „Soziale Liste“ trifft – umso besser!
    Der gesamte Sermon von political, gender und sexual correctness erscheint mir nur vorgeschoben. Im Grunde genommen geht es diesen „Antideutschen“ in der LiLi hier nur darum, eine andere als ihre pro-amerikanische Meinung mit allen Mitteln mundtot zu machen.
    Die Bandbreite mögen vielleicht wirren Verschwörungstheorien anhängen – aber das ist gerade in vielen linken Subkulturen leider weit verbreitet und bisher nicht verboten. Die SchreiberInnen des offenen Briefes stören in Wirklichkeit Äußerungen der Duisburger Band wie z.B. auf einer Demo am 4.6.2010: „Wir demonstrieren gegen das Unrecht, was den Menschen im Gazastreifen angetan wird.“
    Die Bandbreite sind eine antifaschistische Band, die nachweislich auf vielen linken und antiimperialistischen Veranstaltungen auftritt, wie auch auf dem bundesweiten Kulturfest der Linkspartei in Berlin, beim Sommerfest der Linken in Duisburg oder beim Duisburger Bündnis gegen rechts (welches den Antideutschen ebenfalls ein Dorn im Auge ist)
    Der Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der Jungen Freiheit ist da schwerwiegender. Aber: gegen einen Artikel über einen Song oder über die Band kann man sich nicht wehren (selbst Che kann sich nicht gegen die Vereinnahmung von rechts verwahren). Einen Hinweis auf ein Interview der Band mit dem Fascho-Blatt gibt lediglich ein tendenziöser Artikel bei wikipedia – das angebliche Interview ist jedoch nirgends auffindbar. Vielleicht hatten die stark alkoholisierten Musiker der „Bandbreite“ damals ja auch noch nicht die „Trennschärfe“ zwischen Jungle World, Junge Welt und Junge Freiheit. Sonst müsste man ja auch Wolfgang Wendland von den „Kassierern“, der jetzt für die Linken in der Wattenscheider Bezirksvertretung sitzt, seine Vergangenheit als KanzlerInnenkandidat der APPD vorwerfen.

    Aber nun zu den plumpen Textexegesen der WächterInnen der allumfassenden correctness und der ScharfrichterInnen der künstlerischen Zensur im Einzelnen:
    Eine gewisse „Homophobie“ aus dem Song „Kein Sex mit Nazis“ zu konstruieren, grenzt schon an entlarvende Realsatire. Nazis sind eben zum überwiegenden Teil männlich. Und statt aus dem Text von „Eingelocht“ eine reale Vergewaltigung zu konstruieren, lassen die gebrochen-ironischen Zeilen „wo ich doch so selten ma n harten krich (…) datt ich zärtlich mit dir schlafe“. einen ganz anderen Schluss zu, nämlich den einer lustvoll-einvernehmlichen BDSM Phantasie. Aber das kann sich unser Schreiberling im lebensfernen Elfenbeinturm des Grand Hotels RUB wohl kaum vorstellen.
    Ich reagiere deshalb so wütend, weil mir diese miese und hinterhältige Art des Mundtot-Machens abweichender Meinungen – wie sie leider von vielen und in zunehmendem Maße von antideutscher Seite ausgeübt wird – zuwider ist. Hier werden deutlich die Grenzen solidarischer Kritik verlassen, diese Art von Dissen ist ..“weit von jedem linken Grundkonsens entfernt“.

  • Kaugummimaus

    Gähn – dieser Rechtfertigungsversuche entlarvt sich ja selbst. Theo W. schreibt: „Die Bandbreite mögen vielleicht wirren Verschwörungstheorien anhängen – aber das ist gerade in vielen linken Subkulturen leider weit verbreitet und bisher nicht verboten.“ Das bedeutet, Linke sollen nichts kritisieren, was nicht vom Gesetzgeber illegalisiert wurde? Großartige staatstragende Logik! Es bleibt dabei, dass diese Verschwörungstheorien genau das Gegenteil von emanzipatorischer linker Politik sind. Wer Kritik am Irakkrieg oder an sozialen Problemen mit so einem gefährlichen Quatsch vermischt, delegitimiert sie. Ich empfehle wirklich, mal den Links unter der Erklärung zu folgen, da bekommt man schon das Gruseln. Um all das zu rechtfertigen, hilft auch die Behauptung nicht weiter, die Wikipedia sei tendenziös, oder die ziemlich sachliche Kritik sei von bösen „Antideutschen“ vorgetragen worden. Ich jedenfalls war ziemlich entsetzt, als ich gehört habe, dass „Die Bandbreite“ am 11. September in Bochum spielt – und dann auch noch auf Einladung einer Gruppe, die ich bisher für halbwegs politisch zurechnungsfähig gehalten habe. Dieses Urteil musste ich jetzt leider revidieren. Meine Stimme bekommen die garantiert nicht mehr :(

  • thilo

    Ist diese Band denn jetzt eigentlich aufgetreten? Gibt es irgendeine Stellungnahme der Sozialen Liste, oder ist die auf Tauchstation gegangen und probiert die Sache unter den Tisch zu kehren?

  • ...genervt....

    Das angesprochene Interview mit der jungen Freiheit ist (anders als von Theo W. behauptet) doch im Internet auffindbar. Der Link findet sich direkt im offenen Brief der Linken Liste und führt auf die Bandwebsite der „Bandbreite“. Es ist somit davon auszugehen, dass sich die besagte Band keinesfalls von diesem Artikel distanziert. Siehe (nocheinmal) hier: http://www.diebandbreite.de/presse/bild_anzeigen.html?PHPSESSID=38a41736f5008832d1a8cfd47f330f0d&pfad=images%2Fpresse%2FArtikel_JungeFreiheit.jpg&zeitung=Junge%20Freiheit&ueberschrift=Mit%20gef%C3%A4lschten%20Beweisen

    Ansonsten – fangt an einander zuzuhören und ignoriert Kritik nicht einfach, nur weil sie aus einer bestimmten politischen Ecke kommt. Gegen linke Grabenkämpfe!

  • Leser

    @genervt
    Ich lese hier immer Interview. Wo soll das sein?Ich finde höchstens einen Artikel und das ist wohl ein großer Unterschied. Aber was nicht in das Weltbild passt wird passend gemacht und das Sternenbanner weht auch immer noch auf dem Mond,
    oder?!

  • Leserin

    @“Leser“:

    Macht euch doch bitte die Mühe diesen Artikel aus der JF tatsächlich zu lesen. In der vierten Spalte von links taucht ein wörtliches Zitat von Wojnaworics, dem Sänger der „Bandbreite“ auf, das von den Worten „erklärte Wojnaworics der JF“ begleitet wird. Nennt man es denn nicht ein Interview, wenn man einem Journalisten einer Zeitung auf Fragen Antworten gibt?

    Lange Rede kurzer Sinn: der Typ hat mit Vertretern einer ziemlich rechten Zeitung geredet und ist auchnoch so stolz darauf, dass er den Zeitungsausschnitt auf die Homepage seiner Band stellt…

Kommentare sind geschlossen.