Donnerstag 17.06.10, 13:00 Uhr
Medizinische Flüchtlingshilfe erinnert an „Weltflüchtlingstag”

Psychische Probleme durch Ungewissheit


Für den 20. Juni haben die Vereinten Nationen den „Weltflüchtlingstag“ ausgerufen, um auf die Notlage von Flüchtlingen in aller Welt hinzuweisen; das Motto des diesjährigen Weltflüchtlingstags lautet „Zuhause“. Anlässlich dieses Tages weist der Flüchtlingssozialdienst der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum e.V. (MFH) auf die Notlage von Flüchtlingen in Deutschland hin. Der besonderem Blick richtet sich auf die unwürdige Unterbringung in Flüchtlingsheimen und die psychosozialen Probleme, die sich aus der Praxis deutscher Flüchtlingspolitik ergeben: »Im Jahr 2009 haben 238 KlientInnen aus 30 verschiedenen Ländern die Beratung des Flüchtlingssozialdienstes der MFH aufgesucht, davon leben 99 Personen mit dem besonders unsicheren Aufenthaltsstatus der Duldung; insgesamt sprachen etwa ein Drittel der meist schon länger begleiteten KlientInnen psychosoziale Problematiken an, im Verhältnis zu anderen Beratungsthemen ein Anteil von über 40 %.
Ein konkretes Beispiel unserer Arbeit ist der Fall einer 18-jährigen Frau, die in Deutschland geboren wurde, hier aufgewachsen ist und dennoch nur den Aufenthaltsstatus einer Duldung hat. Da mit einer Duldung nur ein sehr eingeschränkter Zugang zum Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt möglich ist, führte dies mangels einer Zukunftsperspektive zu einer hohen psychosozialen Belastung der Klientin.
Weitere Flüchtlinge, die minderjährig in Deutschland eingereist oder hier geboren sind, haben keinen sicheren Aufenthaltsstatus, sie stellen die 2. Generation von Flüchtlingen dar, die mit der Praxis deutscher Flüchtlingspolitik leben müssen. Zudem hat ein großer Teil unserer Flüchtlinge, die schon länger als 6 Jahre in Deutschland leben, immer noch keinen sicheren Aufenthaltsstatus.
So kann kaum davon gesprochen werden, den Flüchtlingen in Deutschland ein „Zuhause“ zu geben, speziell auch wenn man näher auf die Zustände in deutschen Flüchtlingsheimen blickt. Die dortigen schwierigen hygienischen Bedingungen und die engen Räumlichkeiten führen in Zusammenhang mit der Tatsache, dass dort Flüchtlinge aus unterschiedlichen Kulturen und Herkunftsländern oftmals über Jahre hinweg zusammenleben müssen, zu vielfältigsten psychosozialen Belastungen, was besonders problematisch für die dort untergebrachten Kinder ist.
Diese Aufenthaltsbedingungen verursachen psychische Probleme; fallen diese zusätzlich mit einem un-sicheren Aufenthaltsstatus zusammen, so verstärkt sich die Perspektivlosigkeit der Flüchtlinge. Dadurch wiederum vertiefen sich psychosomatische Erkrankungen und psychische Probleme, ein Teufelskreis, der von einer Generation auf die nächste Generation übergreift.
Daher fordern wir, die MFH Bochum, als Teil einer humanen Asylpolitik dezentralisierte Wohnmöglichkeiten für Flüchtlinge und ein dauerhaftes Bleiberecht für alle, die mit einer Duldung leben oder aus Angst vor einer Abschiebung den Kontakt mit den Behörden abbrechen und in die Illegalität abtauchen müssen.«