Donnerstag 06.05.10, 22:00 Uhr
Die Kriminalisierung der westdeutschen Friedensbewegung

Justizunrecht im Kalten Krieg


Am Dienstag, den 11. Mai, erinnert das Bochumer Friedensplenum an einen der größten Justizskandale der Adenauer-Ära. Dr. Friedrich-Martin Balzer berichtet um 19,30 Uhr im Bahnhof Langendreer über den Düsseldorfer Prozess 1959/60. Angeklagt war das Friedenskomitee der Bundesrepublik. Dies war eine der Organisationen, die sich aufgrund der Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und der Spannungen des Kalten Krieges gegen die durch die Adenauer-Regierung vorangetriebene Wiederbewaffnung und die Gründung der Bundeswehr formierten. Das Westdeutsche Friedenskomitee war Teil einer weltweiten Bewegung. Im Rahmen dieser weltweiten Bewegung wurden z.B. 1950 im Rahmen des „Stockholmer Appells“ weltweit 500 Millionen Stimmen für ein Atomwaffenverbot gesammelt. Vom 10. November 1959 bis zum 8. April 1960 wurden die Mitglieder des westdeutschen Friedenskomitee wegen ihres Engagement der Rädelsführerschaft in einer verfassungsfeindlichen Organisation angeklagt. „Staatsgefährdung“ lautete die Anklage. Die Rechtsanwälte – u.a. Diether Posser und Heinrich Hannover – konnten sich mit ihrem Versuch, die von der Anklage kritisierten Aussagen über die „Remilitarisierung der Bundesrepublik“ durch offizielle Dokumente der Politik zu belegen, nicht durchsetzen. Die Beweisanträge wurden fast vollständig abgelehnt. Auch renommierte Entlastungszeugen, zu denen u.a. Gustav Heinemann und Martin Niemöller gehörten, konnten das Urteil nicht verhindern. Dieser Prozess steht exemplarisch für das Justizunrecht während des Kalten Krieges in den fünfziger Jahren.
Der Prozess erregte auch im Ausland großes Aufsehen, war doch die Bundesrepublik neben Spanien unter Franco das einzige Land, das die Arbeit der Sektionen des Friedenskomitee behinderte.
Der vor drei Jahren verstorbene Bochumer Werner Blumenthal wirkte im Stab der Verteidiger mit, seine Frau Hanne unterstützte als Schreibkraft die Stenographen des Prozesses. Werner Blumenthal hatte die Aufgabe die Dokumente zum Prozess zusammenzutragen. Sein Buch erschien unter einem fremden Namen 1961 im Küster-Verlag in Hannover unter dem Titel „Staatsgefährdung ? Ein dokumentarischer Prozessbericht“. Nur wenige Tage nach dem Erscheinen wurde das Buch beschlagnahmt und verboten.
Dr. Friedrich-Martin Balzer aus Marburg ist Historiker und hat zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte der Weimarer Republik, des „Dritten Reichs“, der Bundesrepublik und der DDR veröffentlicht.