Mittwoch 23.04.08, 20:00 Uhr
"Internationaler Rehabilitationsrat für Folteropfer" erkennt Medizinische Flüchtlingshilfe als Mitglied an

Therapiezentrum für Folterüberlebende in Bochum


Der „Internationale Rehabilitationsrat für Folteropfer“ (IRCT) hat die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum (MFH) als Therapiezentrum für Überlebende von Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen anerkannt. Weltweit gehören 136 Therapiezentren dem IRCT an, vier davon liegen in Deutschland: in Berlin, Kiel, Lindau und jetzt auch in Bochum. Seit 1998 bietet die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum Psychotherapie für traumatisierte Flüchtlinge an. Was seinerzeit mit einer ABM Stelle begann, hat zehn Jahre später den Status eines Therapiezentrums erreicht. Derzeit versorgen vier TraumatherapeutInnen und ein Sozialarbeiter täglich Flüchtlinge, die unter den Nachwirkungen von Folter, Krieg und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen leiden. Zusätzlich wird eine Kunsttherapie angeboten Das angeschlossene ehrenamtliche Netzwerk niedergelassener ÄrztInnen und Ärzte ergänzt das Therapieangebot um notwendige medizinische Leistungen. Die Leistungen der Medizinischen Flüchtlingshilfe ist für die Betroffenen kostenfrei und werden aus Spenden sowie durch Stiftungsgelder finanziert.
„Für uns ist es eine große Freude, als neues Mitglied des weltweiten Dachverbandes: ‚Internationaler Rehabilitierungsrat für Folteropfer‘ (IRCT) angenommen worden zu sein“, erklärt Knut Rauchfuss für den Vorstand der MFH, „für unsere Arbeit ist dies sicherlich eine umfassende Anerkennung und ein großer Schritt nach vorne. Wir werden die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben nun noch stärker als bisher für diejenigen nutzen, die bei uns Unterstützung suchen.“ Im vergangenen Jahr haben mehr als 350 Menschen die Leistungen der Medizinischen Flüchtlingshilfe in Anspruch genommen, davon erhielten 69 Psychotherapeutische Versorgung.
IRCT ist ein internationaler Dachverband von Therapiezentren für Folterüberlebende und geht auf das weltweit erste Zentrum, das 1982 in Kopenhagen eröffnet wurde zurück. Die Mitgliedszentren dokumentieren Folterfolgen und deren Tragweite, bieten qualifizierte therapeutische Maßnahmen zur Rehabilitation von Folterüberlebenden an, engagieren sich weltweit für die Prävention von Folter, arbeiten an internationalen Richtlinien und Abkommen mit und wenden sich gegen die Straflosigkeit von Folter. Die Medizinische Flüchtlingshilfe betreibt neben der Therapieeinrichtung zu diesem Zweck auch die internationale menschenrechtspolitische Kampagne „Gerechtigkeit heilt„.
„Wer Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen überlebt hat“, so Rauchfuss, „wird lebenslang durch diese schrecklichen Erlebnisse begleitet. Nicht jeder benötigt, um damit zurecht zu kommen, auch unbedingt eine individuelle Psychotherapie. Oft reicht schon die soziale Anerkennung und Wertschätzung als Überlebender aus, um die erlittene Gewalt verarbeiten zu können. Aber eine gesellschaftliche Anerkennung oder Wertschätzung wird Folterüberlebenden hierzulande nicht gewährt. Manchmal erkranken Überlebende erst Jahre oder Jahrzehnte nach den traumatischen Erlebnissen. Und für viele spielen die Lebensbedingungen als Flüchtlinge hier eine zusätzliche krankheitsfördernde Rolle.“