Freitag 07.03.08, 08:30 Uhr
Mahnwache und Kundgebung am Dienstag, 11. März vor dem Amtsgericht

In Bochum ist ein Richter standhaft geblieben


Das Bochumer Bündnis gegen rechts und die Bochumer SPD erinnern am kommenden Dienstag, dem 11. März ab 10.30 Uhr mit einer Mahnwache und einer abschließenden Kundgebung (12.00 Uhr) vor dem Amtsgericht an den von den Nazis umgebrachten Sozialdemokraten Heinrich König und an den Richter Eberhard Greiff, der im Faschismus Zivilcorage bewiesen hat. In der Einladung heißt es: »In der ersten Märzhälfte vor 75 Jahren brach auch über unsere Stadt der blutige Terror der Nationalsozialisten herein. Kommunisten traf nach dem Reichstagsbrand die erste Welle der Gewalt. In der Nacht zum 11. März schlugen die Nazibarbaren, angestachelt durch den preußischen Innenminister Göring, in Bochum auch gegen Sozialdemokraten und Gewerkschafter zu. Zusammen mit mehreren Dutzend Genossen wurden ihre prominenten Führer Fritz Husemann und Heinrich König verhaftet, König und seine beiden Söhne nach einem heftigen Schusswechsel mit einem SA-Trupp, der in sein Haus eingedrungen war; dabei wurde ein Angreifer schwer verletzt. Überall in Deutschland wurden in jenen Tagen Menschen ergriffen, misshandelt und in die ersten wilden Konzentrationslager verschleppt, ohne dass die Justiz dem Einhalt geboten hätte. In der Gauhauptstadt Bochum geschah Außergewöhnliches: Amtsgerichtsrat Eberhard Greiff lehnte den von der SA vehement verlangten Haftbefehl gegen Heinrich König und seine Söhne wegen Mordversuchs ab, weil er die Notwehr in ihrem Widerstand sah. Diese rechtstreue Entscheidung hat er wenig später bitter bezahlen müssen. Die Chronik des Amtsgerichts (siehe Anhang) beschreibt dies als einzigen Widerstand der Bochumer Justiz.
Das Bochumer Bündnis gegen rechts und die Bochumer SPD rufen gemeinsam auf zur Erinnerung an Heinrich König, die Opfer des Märzterrors und an den mutigen Bochumer Amtsrichter Eberhard Greiff. Die Bezirksgruppe Bochum des Deutschen Richterbundes und die verdi-Fachgruppe Justiz schließen sich diesem Aufruf an.
Wir laden ein zu einer
Mahnwache – am Dienstag, dem 11.März 08, 10.30-12.30 Uhr,
vor dem Amtsgericht Bochum, Husemannplatz,
Abschlusskundgebung um 12 Uhr.
Auf der Kundgebung sprechen:
Prof. Bernd Faulenbach, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Bochum
Dr. Ralf Feldmann, Bochum gegen rechts, Richter am Amtsgericht Bochum«

Aus der Chronik des Amtsgerichts Bochum:
“Nach einer kurzen Phase der Konsolidierung begann im Jahre 1933 auch in Bochum eines der dunkelsten Kapitel der Justizgeschichte. Dabei hatte es im hiesigen Amtsgericht nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten zumindest ein Zeichen des Widerstandes im Zusammenhang mit der Verhaftung des Bochumer SPD-Vorsitzenden Heinrich König gegeben. SA-Leute hatten ihn in der Nacht vom 10. zum 11.03.1933 in seiner Wohnung überfallen, um ihn in eines der wilden Konzentrationslager der SA zu verschleppen. König und seine beiden Söhne leisteten bewaffneten Widerstand. Ein SA-Mann wurde dabei schwer verletzt. Der nunmehr alarmierten Schutzpolizei ergab sich König sofort. Gleichwohl wurde er sodann der SA übergeben, die ihn schwer misshandelte. Entsprechend der legalistischen Taktik der Nationalsozialisten wurde gegen König ein Haftbefehl beantragt.
Amtsgerichtsrat Greiff lehnte den Erlass des Haftbefehls ab. Für ihn war die Aktion der SA nicht durch die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ gedeckt. Er hielt die bewaffnete Gegenwehr der König’s für „einen schwer zu widerlegenden Akt von Notwehr“. König und seine Söhne wurden auf freien Fuß gesetzt und konnten unter abenteuerlichen Umständen fliehen. Bereits am 16.03.1933 wurde Greiff in der Parteizeitung „Rote Erde“ als Saboteur der nationalen Revolution bezeichnet. Kurz darauf wurde Greiff eines nachts von der SA schwer misshandelt und bis zur Bewusstlosigkeit zusammengeschlagen. Mit Wirkung vom 01.12.1933 wurde er in das oberschlesische Oppeln versetzt. Er weigerte sich jedoch, dort den Dienst anzutreten und ließ sich im Alter von 49 Jahren in den Ruhestand versetzen. Nach diesen Vorfällen sind weitere Widerstandsaktionen am hiesigen Amtsgericht nicht mehr bekannt geworden.“

zur Sonderseite über Eberhard Greiff